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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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von Fringe.
Gute, tiefe Brust – hat sie natürlich von ihrer Mutter.«
    Ich dachte zurück. »Ich muß sie in Jacks Hof
gesehen haben«, sagte ich. An vier Abenden hintereinander, um genau zu sein.
    »Tatsächlich?« Orkney zeigte Interesse.
»Dunkelfuchs mit Blesse, freundliche Augen.«
    »Ich erinnere mich daran«, sagte ich. »Guter Bau.
Schöne starke Sprunggelenke. Und sie hat ein paar glatt verheilte Narben an der
linken Schulter. Sah nach Stacheldraht aus.«
    Orkney schien zugleich befriedigt und ärgerlich.
»Als Zweijährige ist sie mal durchgegangen. Das einzige Stück Stacheldraht in
Berkshire, und sie muß dagegendonnern. Pferde haben keinen Verstand.«
    »Sie geraten leicht in Panik«, stimmte ich zu.
    Orkneys Benehmen mir gegenüber wurde an diesem
Punkt merklich sanfter, was auch Flora auffiel, die errötete.
    »Ihre Stute ist für Larry Trent gut gelaufen«,
sagte ich.
    »Nicht übel. Sie gewann ein hübsches Handicap in
Newbury und noch eins in Kempton. Larry und ich haben beide einen Gewinn
verbucht, aber ich hatte natürlich auf Fettdruck gehofft.«
    Ich merkte, wie Flora es mit der Angst bekam. »Natürlich«,
sagte ich gelassen, und sie beruhigte sich. »Fettdruck« war mir als Echo aus
der Kindheit genau rechtzeitig wieder eingefallen. Bekannte Rennen und
hochdotierte Preise werden in Auktionskatalogen dick und schwarz hervorgehoben:
Fettgedrucktes bei einer Zuchtstute hebt den Verkaufspreis ihrer Jungen um
Tausende.
    »Schicken Sie sie auch nächstes Jahr auf die Bahn?«
    »Wenn ich einen anderen Pächter finde.« Er zögerte
kurz. »Ich selbst lasse lieber Zweijährige laufen. Dieses Jahr hatte ich vier
bei Jack im Training. Ich verkaufe sie weiter, wenn sie was taugen, oder
verpachte sie, besonders die Stuten, wenn sie gut gezogen sind, damit ich
entweder später selbst mit ihnen züchten oder sie als Zuchtstuten verkaufen
kann. Larry hat öfters Stuten von mir als Drei- oder Vierjährige übernommen.
Hatte ein gutes Auge für Pferde, der arme Hund.«
    »Ja, davon habe ich gehört.«
    »Kannten Sie ihn?«
    »Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich sah ihn auf
der Party … aber das war alles.« Vor meinem geistigen Auge sah ich ihn
sowohl lebend als auch leblos, den Mann, dessen Tod soviel Staub aufgewirbelt
hatte.
    »Ich bin nicht auf die Party gegangen«, sagte
Orkney ruhig.
    »Pech, daß er ums Leben gekommen ist.«
    »Sie kannten ihn gut?« fragte ich.
    »Ziemlich gut. Eng befreundet waren wir zwar nicht.
Wir hatten nur das Interesse an Pferden gemeinsam.«
    Orkneys Tonfall bekundete deutlich, was seine
Lippen nicht aussprachen: Larry Trent war nach Orkneys Einschätzung kein sozial
Gleichgestellter gewesen.
    »Dann, ehm …«, sagte ich, »haben Sie nicht
sein Lokal besucht … das Silver Moondance? «
    Ein leises Zucken huschte über Orkneys
verschlossenes Gesicht. »Doch, einmal trafen wir uns da in seinem Büro, um
Geschäfte zu besprechen. Hinterher aßen wir zu Abend. Ein Tanzabend, meinte
Larry. Sehr laute Musik …« Er ließ den Satz in der Schwebe, Kritik
impliziert, aber nicht geäußert.
    »Wie fanden Sie den Wein?« fragte ich.
    »Den Wein?« Er staunte.
    »Ich bin Weinhändler«, sagte ich.
    »Ach ja?« Weinhändler, so schien es, waren in
Orkneys Welt einstweilen in Ordnung. »Interessant. Nun, soweit ich mich
entsinne, war er durchaus angemessen. Für einen Tanzabend eben.«
    Durchaus angemessen für einen Tanzabend, das war die
treffende Bezeichnung für das schillernde Gesöff in all diesen zweifelhaften
Flaschen. Es hatte keinen Zweck, dachte ich, Orkney nach dem Scotch zu fragen;
er war Gintrinker.
    Die Pferde für das dritte Rennen kamen auf die Bahn
und kanterten an der Tribüne vorbei. Orkney hob ein gewichtiges Fernglas und
studierte seinen Liebling, einen auffälligen Braunen mit dem ungeduldigen
federnden Gang einer Antilope und bereits schweißbedecktem Nacken.
    »Legt sich mit dem Jockey an«, meckerte Orkney. »Verliert
das Rennen schon vor dem Antritt.« Er ließ sein Fernglas sinken und blickte
finster.
    »Larry Trent hat manchmal Pferde bei den Auktionen
gekauft«, sagte ich beiläufig, das Feld beobachtend. »Nicht für Sie?«
    »Nein, nein. Für seinen Bruder.« Orkneys Augen und
Aufmerksamkeit waren überall, nur nicht bei mir. »Ausgebildete Pferde.
Dreijährige, auch vier oder fünf. Wurden ins Ausland gebracht, irgend sowas.
Nein, nein, ich kaufe Jährlinge … auf Rat von Turfagenten natürlich.«
    Flora, die zuhörte, zeigte einen

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