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Weiss

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Titel: Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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liebsten wäre sie schon zum Flughafen gefahren. Der Magen tat ihr weh, wie so oft in der letzten Zeit, das machte ihr Sorgen. Sie trat ins Schlafzimmer, brachte den an der Decke hängenden Sandsack für ihr Krav-Maga-Training zum Pendeln und ließ dann ein Feuerwerk von Tritten und Schlägen auf das Kunstleder los, bis sie mit weit aufgerissenem Mund nach Luft schnappte.
    Als sich ihr Puls wieder beruhigt hatte, öffnete sie nach kurzem Zögern die Tür zu Vilmas Zimmer. Sie hatte alles so gelassen, wie es war, unverändert, alles wartete. Das Kinderbett, die Plüschtiere, der Lego-Baukasten, der Puppenwagen, die Tapete mit den Bildern von Pu dem Bären, die Puppe Saara … Auf den Fotos an der Wand lächelte das liebenswerteste kleine Mädchen der Welt.Das Warten war nun nach drei langen Jahren bald vorbei, endlich gab es einen Hinweis, dem sie nachgehen konnte.
    Und dieses Mal würde sie nicht allein heimkehren.
    ***
    Sabrina Pianini ging auf dem mittelalterlichen Pflaster durch ihre Geburtsstadt Barga und grüßte die Leute, denen sie begegnete. Für die einen war sie eine ehemalige Klassenkameradin oder Schülerin, für andere eine Nachbarin oder jenes ausgelassene Mädchen, das einst genau in jenem Frühjahr, als der Rio Fontana Maggio nach einem schneereichen Winter vom Schmelzwasser angeschwollen mit urwüchsiger Kraft durch den Ort toste, von der Alten Brücke eine ganze Packung Waschmittel in die Strömung geschüttet hatte. Hier war sie einfach ein Mädchen aus dem Ort und nicht Frau Dr. Pianini wie in Philadelphia, wo sie wegen ihrer derzeitigen Arbeit den größten Teil des Jahres verbrachte.
    In den verschlungenen, schattigen Gassen der Altstadt wirkte die Hitze von über dreißig Grad nicht so drückend, zumal Sabrina Pianini nur ein Leinenkleid und leichte Sommerschuhe trug. Sie ging bis ans Ende der Via di Mezzo und dann durch die Porta Reale, das Haupttor der Stadtmauer, auf den Piazzale del Fosso. Ein von der DARPA bezahlter Bodyguard folgte ihr auf Schritt und Tritt überallhin. Sie wusste nicht recht, ob sie darüber lachen oder weinen sollte. In dem kleinen Gebirgsort mit kaum zehntausend Einwohnern würde der Mann in ihrem Schlepptau, der wie ein Beamter aussah, binnen kurzem ganz sicher auffallen, und wenn sie dann noch erzählte, warum er sie beschützte, wäre sie im Ort für einige Zeit das Gesprächsthema Nummer eins und könnte sich nirgendwo mehr bewegen, ohne von allen beachtet zu werden. Doch darüber wollte sie sich erst am nächsten Tag Gedanken machen, im Moment fühlte sie sich einfach nur todmüde.
    Sabrina Pianini blieb vor dem Haus in der Via Sasso 18 stehen, öffnete die schmiedeeiserne Pforte der massiven Villa Elena, ihresElternhauses, wartete, bis der Leibwächter mit raschen Schritten den Hof hinter der Mauer betreten hatte, und überlegte dabei, wie viel der Mann die DARPA wohl kostete. Zu viel dürfte es kaum sein: Die Defense Advanced Research Projects Agency war eine Einrichtung, die dem Pentagon unterstand, und die jährlichen Verteidigungsausgaben der USA lagen nach ihrer Kenntnis bei etwa sechshundertfünfzig Milliarden Dollar.
    »Ich will den Abend ganz geruhsam verbringen und vielleicht auch den morgigen Tag noch, am Mittwoch muss ich ja schon zurück zu meinem Bruder nach Florenz. Ich gebe dann Bescheid …«, sagte sie zu dem Bodyguard. Ohne weitere Erklärungen ging sie zur Haustür, wich dabei den Weinranken aus und stieg die Treppe hinauf zu ihrer Wohnung im ersten Stock. Es war ihr unangenehm, den Mann so unfreundlich zu behandeln, aber sie wollte ihre außerplanmäßigen Urlaubstage allein genießen und nicht mit einem wildfremden Amerikaner. Und der Bodyguard hatte es doch gut, wenn er sein Geld ohne viel Mühe und in dieser Gegend verdienen konnte, in der nordwestlichen Toskana, in der Landschaft des Apennin und der Apua-Alpen, im Schatten der Weinstöcke.
    Sabrina Pianini streifte die Schuhe von den Füßen und ließ ihr Leinenkleid auf den Boden gleiten. Sie holte sich ein Handtuch, ging kurz in die Küche und trat dann splitternackt hinaus auf die Terrasse, die sich über die ganze Südwestseite der Villa erstreckte. Es tat gut, über die kühlen Marmorplatten zu laufen. Am Freitag war sie von Philadelphia nach Florenz geflogen und hatte zwei Tage bei ihrem Bruder Guido im Universitätskrankenhaus Careggi verbracht, wo sie peinlich genau untersucht worden war, um ihren Gesundheitszustand zu ermitteln. Sogar die Fragen eines Psychiaters hatte sie

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