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Weiss

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Titel: Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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das war Kara schon länger bekannt gewesen. Jetzt hatte er im Internet herausgefunden, dass anscheinend auch der Begriff »Piloto Mayor« mit Vespucci zusammenhing. Die spanische Königin Johanna die Wahnsinnige hatte den Forschungsreisenden 1508 zum Piloto Mayor, zum spanischen Chefnavigator oder Flottenkommandeur ernannt. Was machte Vespucci in den Augen von Mundus Novus zu etwas Besonderem? Dass Amerika nach ihm benannt war? Oder dass manche Vespucci für den wahren Entdecker Amerikas hielten, weil er wusste, dass er einen neuen Kontinent gefunden hatte, während Christoph Kolumbus, der als erster Entdeckungsreisender nach Amerika gesegelt war, glaubte, Indien erreicht zu haben?
    Karas Handy klingelte und unterbrach seine Reflexionen. Überrascht sah er Nadines Namen, wenn er auf Dienstreisen war, telefonierten sie äußerst selten.
    »Morgen.«
    »Wie geht es in Finnland?«, fragte Nadine.
    Kara hörte schon am Tonfall seiner Freundin, dass etwas nicht in Ordnung war. »Ich bin in London. Oder genau genommen fahre ich gerade in Richtung Norden nach Northumberland. Ist etwas passiert?«
    Es dauerte eine Weile, ehe Nadine antwortete. »Die Polizei hat Bruno zum Verhör geholt.«
    »Ich habe es geahnt«, dachte Kara, sagte aber: »Weshalb?«
    »Ich weiß nicht. Warum kümmern sich die meisten achtzehnjährigen Jungs um ihre Ausbildung und ihre Zukunft und warum versauen sich andere ihr Leben mit Drogen?«
    Es entstand eine unangenehme Pause, weil Kara nichts einfiel, was er hätte sagen können.
    »Jetzt steckt Bruno so schlimm in der Klemme, dass auch ich ihm nicht mehr helfen kann«, fuhr Nadine mit schwacher Stimme fort. »Ich habe den einzigen Polizisten angerufen, den ich kenne, einen alten Klassenkameraden, der beim Bundeskriminalamt arbeitet. Nach langem Bitten hat er mir erzählt, dass Brunos Sache mit einer größeren Polizeioperation zusammenhängt, die gestern überall auf dem Balkan durchgeführt wurde. Mein Bekannter hat von Menschenhändlern und sonst was gesprochen. Wo ist Bruno da bloß reingeraten, verdammt! Jetzt muss er sicher ins Gefängnis.«
    »Alle Anzeichen dürften erkennbar sein: eine neue Clique, Kumpels mit Migrationshintergrund und schlagartig jede Menge Geld.« Kara bemühte sich, seine Worte sorgfältig zu wählen. »Es tut mir leid für dich und noch mehr für Bruno.«
    »Was soll ich jetzt tun?« Nadine klang verzweifelt.
    »Bruno braucht einen guten Anwalt, jemanden, der versteht, wie schwierig es ist, der Drogenhölle zu entkommen.« In der Leitung herrschte für einen Augenblick Schweigen, weil Kara nachdachte. »Nimm Verbindung zu Clemens Lansky auf. Ich bin im UNODC auf seinen Namen gestoßen. Er ist an verschiedenen Projekten und sozialen Programmen beteiligt, mit denen jungen Drogenabhängigen geholfen werden soll. Seine Nummer erhältst du sicher bei der Auskunft. Die Kanzlei liegt, soweit ich mich erinnere, innerhalb der alten Stadtmauer, ich glaub, in der Singerstraße.«
    »Danke, Leo. Wann kommst du nach Wien zurück?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Kara. Er wusste wirklich nicht, ob er jemals nach Wien zurückkehren würde.«
    »Deine Hilfe würde mir viel bedeuten. Und deine Unterstützung.«
    »Ich melde mich sofort, wenn ich meine Pläne kenne. Vorherkann ich Lansky ja mal anrufen, vielleicht bin ich in der Lage, ihm irgendwie zu helfen«, sagte Kara und verabschiedete sich von Nadine. Im selben Moment zeigte sein Telefon den Eingang einer
    SMS an.
    »Die einzigen großen Gebäude in der Nähe deines Ziels: Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Arzneimittelfabrik Sanofar Alnwick und George D. Brown, Verkauf und Verleih von Landmaschinen. Du fährst umsonst dahin. Gruß Betha.«
    Kara warf das Telefon auf den Beifahrersitz, über sein Gesicht huschte ein leichtes Lächeln. Derzeit stieß er offenbar an allen Ecken und Enden auf Landmaschinen.
    ***
    »Sie sind einverstanden. Das ist das erste Mal in meiner Laufbahn, dass sich die Russen diplomatischem Druck beugen. Sie wollen jemanden auf ihr U-Boot lassen, der sich vergewissern soll, dass die in Sellafield gestohlenen Elemente nicht an Bord sind …«
    Das Stimmengewirr im Beratungsraum des COBR-Komitees wurde gedämpft, als der britische Verteidigungsminister mit bestürzter Miene ein Blatt Papier schwenkte wie einen Fächer bei großer Hitze.
    »Es gibt aber eine ganze Latte von Bedingungen: Der Inspekteur darf kein Militär sein … er muss von der UNO ernannt werden … und Bürger irgendeines neutralen

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