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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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lösten dann auf dem Mühlendach hektische Betriebsamkeit aus.
    Die Hitze am Brandherd wurde unerträglich, aber keiner der Dorfbewohner achtete auf das eigene Befinden. Alle einte die Aufgabe, das Gut vor einer Brandkatastrophe zu bewahren.
    Größer und größer wurden die brennenden Brocken, die sich aus der Eindeckung des Backhauses lösten. Sie wurden von heißer Luft und unvermindert wütendem Sturm emporgerissen und schufen immer neue Glutnester auf der Mühle.
    Keiner der Helfer konnte in den zerstörerischen Flammen jene faszinierende Schönheit entdecken, die dem neutralen Betrachter gewiss aufgefallen wäre. Auf der zerwühlten Wasseroberfläche des Mühlteiches spiegelte sich ein Zerrbild des infernalischen Schauspiels. Das rot glühende und gelb flammende Spiegelbild wirkte wie ein riesiger Höllenschlund.
    Stein musste bald einsehen, die Eimerketten am Backhaus seien wenig sinnvoll. Er beschloss, diese zugunsten der Rettung der Mühle aufzugeben. Er schrie den Männern und Frauen zu, die Löscharbeiten am Brandherd einzustellen. Die meisten starrten ihn ungläubig an, wenn sie denn überhaupt begriffen, was er eigentlich von ihnen gewollt hatte. Stein brüllte gegen den Lärm von Sturm, Donner und dem unheimlichen Rauschen des Feuers an.
    Erst der Anblick des Mühlendaches, das mit glühenden Punkten gespickt an einen mit Flecken übersäten Fliegenpilzhut erinnerte, brachte den Helfern nahe, was den Verwalter umtrieb.
    Stein hoffte, dem Feuer ginge bald die Nahrung aus. Das eher kleine Rohrdach mit seinem Gebälk konnte ja nicht ewig brennen.
    Plötzlich geriet das gesamte Dach in Bewegung.
    „O Gott, weg da, Leute! Macht, dass ihr fortkommt. Das Dach kommt runter!“, schrie Stein wild gestikulierend den Unentwegten zu. Aber seine Rufe und Schreie gingen in Gepolter unter, das auch den letzten Helfer auf die Gefahr aufmerksam machte.
    Man konnte den Eindruck gewinnen, das Dach habe beschlossen lange genug zur Zierde und Bedeckung des alten Backhauses ausgehalten zu haben. Es glitt seitwärts und unglücklicherweise in Richtung Mühle herunter. Sein Aufprall katapultierte einen Funkenschwarm in den Nachthimmel und herumwirbelnde Böen rissen die tausendfache Brut des Feuers fort.
    Der Sturz des Gebälks war zwar nachteilig, weil das Feuer der Mühle näher gerückt war, aber Stein gewann der Sache auch etwas Positives ab: Die Flammen konnten nun aus einer viel günstigeren Position, nämlich zu ebener Erde, bekämpft werden.
    „Schnappt euch die Haken und versucht die Balken auseinanderzureißen!“
    Ohne darauf zu achten, ob sein Befehl gehört, geschweige denn befolgt wurde, schlug Stein einen Misthaken in einen brennenden Balken und versuchte ihn mit verzweifelter Anstrengung aus dem Feuer zu zerren. Aber es gelang ihm nicht. Die Hölzer hatten nicht nur ein beachtliches Eigengewicht, sie waren auch ineinander verkeilt. Stein bemerkte, wie jemand am langen Stiel seines Werkzeuges mit anpackte. Mit ruckartigen Bewegungen und vereinten Kräften gelang es den Männern, das Gebälk etwas zu entwirren. Ketten mit Haken wurden beständig in der Hoffnung ins Feuer geworfen, sie klemmten sich irgendwo fest. Jeweils zu viert wurde gezogen, sobald ein Widerstand zu spüren war.
    Unermüdlich wurde Wasser geschöpft, um es am Ende der Eimerkette als den berühmten Tropfen auf den heißen Stein ins Feuer zu gießen. Die Flammen hatten immer noch genügend Macht, um mit gierigen Zungen nach neuer Nahrung zu lecken. Schon brannte ein Stück Traufe des Mühlendaches. Vorsichtig, noch blaugelb züngelnd, tasteten sich kleine Flämmchen am Dachrand empor. Doch bevor sich die Abkömmlinge der tobenden Flammen zu mehr Kraft vereinigen konnten, wurde ihnen mit einem wohlgezielten Wasserguss der Garaus gemacht.
    „Wasser, ich brauch Wasser, sonst gehen wir hier hoch!“, schrie Adam aufgebracht, als er merkte, der Nachschub blieb aus. Sein Bruder hetzte mit einem Eimer über das Dach, immer zwischen Leichtsinn und Wagemut schwankend: Ein Fehltritt hätte den Tod bedeutet.
    Alle kämpften verbissen mit nicht nachlassender Anstrengung und hofften doch insgeheim auf den Erfolg der Gebete. Auch Stein teilte die Hoffnung auf erlösenden Regen und darauf, Gott möge ihm den Vorwurf verzeihen, keine Ahnung von der Landwirtschaft zu haben.
    Mit seinem Eimer in der Hand sah er flehend himmelwärts und wie zur Belohnung seiner stillen Abbitte fiel ihm ein großer Regentropfen ins Gesicht. Mit dem nächsten Donnerschlag

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