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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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zu lassen.
    „Bleib stehen, ich tue euch doch nichts“, rief er der Davoneilenden nach. Jedoch das Mädchen auf der Treppe beendete seine Flucht erst auf dem unteren Flur. Aus sicherer Entfernung spähte es hinauf und hielt nach seiner Begleiterin Ausschau. Die Sorge um das Mädchen, das oben zurückgeblieben war, stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Franz hätte einiges darum gegeben, seinen furchteinflößenden Auftritt vergessen zu machen.
    „Ich hab euch doch nicht erschrecken wollen. Nur – mit zwei kleinen Mädchen hab ich schlicht nicht gerechnet.“ Er unterbrach sich, weil er meinte, ein Hinweis auf irgendwelche zwielichtigen Gestalten verunsichere die Kinder noch mehr. „Komm wieder rauf“, bat er. „Ich hab da ein paar Kekse für euch, sozusagen als Entschädigung für die Angst, die ich euch eingejagt habe.“ Dabei lächelte er abwechselnd die Mädchen an, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, was die beiden bewogen habe, an seine Tür zu klopfen.
    „Ich, ich weiß nicht recht“, stammelte die Kleine, der die Flucht so gründlich misslungen war. Sie wagte einen vorsichtigen Blick nach unten. Vielleicht schätzte sie ab, ob es gelänge, sich blitzschnell vorbeizuschummeln und die Treppe hinunterzuflitzen. Das andere Mädchen schaute unablässig nach oben. Es focht augenscheinlich einen inneren Kampf aus, es widerstrebte ihm, ohne seine Begleiterin davonzulaufen.
    Franz hörte, wie sich Mudder Schultzens Tür öffnete. Er presste den Zeigefinger auf die Lippen. Unwillkürlich gehorchten die Mädchen und blieben still. Er machte nicht viel Federlesens, schob das Mädchen von der Galerie in seine Stube, dann kehrte er an das Brüstungsgeländer zurück und winkte dem anderen, es seiner Begleiterin gleichzutun.
    Vor die Wahl gestellt der freundlichen Einladung des lächelnden jungen Mannes zu folgen, oder an die alte Dame zu geraten, die mit dem handfesten Stock in ihren verknöcherten Fingern an eine Hexe aus irgendeinem tiefen Wald erinnerte, fiel seine Entscheidung zugunsten von Franz aus. Es beeilte sich, die Stufen zu erklimmen und ebenfalls in Johanns Studierzimmer zu verschwinden.
    „Was ist denn hier los?“, wollte die aufmerksame Wirtin wissen.
    „Das Mädchen hat mir meine Wäsche gebracht. Es hat sein Bündeltuch vergessen.“ Franz machte eine Pause und kam Mudder Schultzen ein paar Treppenstufen entgegen. „Könnten Sie mir einen Taler einwechseln? Ich hab zu wenige Schillinge und Groschen, wollte nicht mit dem Trinkgeld knausern. Aber ein Taler muss es ja nun nicht sein. Man darf Dienstleute keinesfalls verwöhnen, nicht wahr?“ Er warf seiner verdutzten Wirtin die große, schwere Münze hinunter, die sie geistesgegenwärtig mit ihrer ausgebreiteten Schürze auffing.
    „Ich bin doch keine Wechselstube“, brummte sie abwehrend. Auf dem Rückweg in ihre Küche lenkte sie ein und murmelte vor sich hin: „Ich schau mal nach, was ich im Hause habe.“ Damit verschwand sie zunächst aus seinem Blickfeld.
    Franz benutzte die Gelegenheit, kurz in das Zimmer hineinzuschauen. Er bedeutete den Mädchen, sich zu setzen. Doch wegen der vielen Zettel war das nicht so einfach.
    Im Hausflur rumorte die Wirtin schon wieder. Franz sprang schnell die Treppe hinunter.
    „Sie haben Pech, mein Guter! Ich muss Ihnen einige Schillinge schuldig bleiben.“ Sie zuckte bedauernd die Schultern und streckte ihm ihre hohle Hand mit ein paar Münzen entgegen. Franz nahm das Geld an sich.
    „Das macht nichts“, sagte er unbekümmert, „ich lade mich einfach am Sonntag zu einem Morgenkaffee ein. Oder haben Sie Ihre Frühstücksgesellschaft schon anderweitig verplant?“
    Die Alte lachte gutmütig und schlug geziert mit ihrem Stock nach seinem Stiefel. „Sie sind mir vielleicht ein Schwerenöter. Wer sollte mir altem Weib denn schon zum Frühstück Gesellschaft leisten?“ Dann verflüchtigte sich die Heiterkeit aus ihrem faltenzerfurchten Gesicht. Würdevoll fügte sie hinzu: „Ich hoffe, Sie haben sich das gut überlegt. Bei mir gibt es auch am Sonntag pünktlich zur siebten Stunde den Kaffee.“ Die Alte forschte im Gesicht ihres Untermieters nach einem bedauernden Ausdruck.
    Da hab ich mir ja was Schönes eingebrockt, dachte Franz, behielt aber die Kontenance und machte einen gekünstelten Kratzfuß.
    „Ich betrachte uns als verabredet, Gnädigste?“ Er lächelte der Wirtin zu und begleitete sie noch bis an ihre Küchentür.
    Kaum war die ins Schloss gefallen, atmete er auf und eilte

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