Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
aber zu den billigen Preisen, die ich den Geschwistern ansetze, könne man auch nichts Gutes liefern. Sie sollen die Geschichte meinetwegen behalten. Schreibt das recht versöhnlich, denn die Geschwister sind brave Leute und bieten Sie ihnen eine neue Quantität recht niedrig an. Grüßt die Geschwister auch recht freundschaftlich, dann werden sie sich schon zufriedengeben. Und nun?“
Wendt griff zu einem Brief, der in Französisch und in besonders schön geschwungenen Linien verfasst worden war.
„François père et fils in Avignon bitten um Abrechnung über die seinerzeit in Kommission gegebenen 7 Fässer Hochprozentigen. Wenn die Ware noch nicht verkauft ist, so sollen wir sie zum bestmöglichen Preise losschlagen.“
Borgwarts Miene wurde lebhafter.
„Diese Franzosen wollen wir schneiden. Nichts ist vorteilhafter als ein Kommissionsgeschäft. Es ist eigens vom Schicksal dazu gemacht, dass ein ehrlicher Mann etwas daran verdient. Die Fässer Schnaps sind längst verkauft. Schreibt daher den Leuten, dass ich sie bis zur Stunde auf dem Lager gehabt hätte. Es sei unmöglich gewesen, so schlechtes Zeug loszuwerden. Nach ihrem Wunsche hätte ich sie aber jetzt mit Gewalt fortgeschafft, leider sei deswegen aber auch der Preis ziemlich niedrig. Macht dann eine Verkaufsrechnung 30 bis 50 Prozent zu unsern Gunsten. Ermuntert die Herren zu weiterer Kommission und versichert dieselben meiner ganzen Sorgfalt für ihr Interesse und Wohlergehen. Sie können auch noch bemerken, dass ich ihnen aus reiner Gutmütigkeit keine Lagerspesen berechnen wolle, denn ich bedauere selbst, dass dieser erste Versuch nicht besser ausgefallen sei. Führt den Brief recht hübsch aus und schreibt Französisch, damit uns die Leute besser verstehen. Was gibt es sonst?“
„Ein Brief des Herrn Erich Haberkorn. Er gibt einen Auftrag auf 10 Kisten Indigo, will aber auf die frühere Sendung etwas vergütet haben.“
„Das ist gar nicht dumm von ihm. Antwortet diesem Manne, dass er die 10 Kisten Indigo haben soll, mit Vergnügen. Die Vergütung brauchen Sie aber gar nicht zu erwähnen. Wir müssen so tun, als hätten wir das gar nicht gelesen. Wenn er noch einmal darauf zurückkommt, so wollen wir sie bewilligen und ihn auf eine andere Weise dafür zu packen suchen. Mir fällt dazu bestimmt etwas ein.“
Eifrig notierte sich der Korrespondent Stichpunkte und nahm sich das nächste Schriftstück vor. „Jetzt kommt ein Schreiben der Herren Redlich & Wundersam. Sie wollen eine Offerte in Zucker haben und können eine bedeutende Partie gebrauchen.“
„Nun, das ist mir lieb. Schreibt diesen Redlichen einen höchst poetischen Liebesbrief, notiert ihnen die jetzigen Preise und grüßt dieselben freundschaftlich und mit achtungsvoller Ergebenheit. Wenn Sie damit fertig sind, so erkundigen Sie sich aber noch einmal bei unserem Korrespondenzbankier, ob die Kerle auch solide sind. Es gibt in dieser insolventen Jahreszeit so viel schlechtes Volk, dass man wahrhaftig etwas vorsichtig sein muss.“
„Der Advokat Schwarz in Berlin erwidert auf unsere neuerliche Anfrage, dass unser Prozess gegen den Kaufmann Weiß noch immer nicht zu Ende sei. Bei der großen Sorgfalt, mit der er unser Interesse vertrete, hoffe er indes, über Jahr und Tag damit fertigzuwerden. Leider seien die dortigen Gerichtsverhältnisse äußerst verwickelt.“
Borgwarts Ausdruck veränderte sich, man konnte meinen, er laboriere plötzlich an einer ernsten Erkrankung.
„Seht, so geht es einem ehrlichen Kaufmann, wenn er unter die Wölfe gerät! Die Advokaten sind die prächtigsten Leute von der Welt beim Kartenspiel oder bei einer vorzüglichen Flasche Wein. Aber wehe, wenn sie losgelassen, das Interesse ihrer Freunde vor Gericht zu vertreten! Die Haare fangen eher auf einem alten Koffer an zu wachsen, die Mücken verwandeln sich eher in Dromedare, als dass man durch einen Advokaten zu seinem rechtlichen Eigentum kommt. Legt den Brief dieses Schwarz’ beiseite, damit ich ihn nie wieder zu Gesicht bekomme, damit ich nicht an dem Adel der menschlichen Seele zu zweifeln beginne und damit sich die Sanftmut in meiner Brust nicht in Wut verwandele.
Das Advokatenhandwerk muss ein einträgliches Geschäft sein. Ich will doch einen meiner Söhne Advokat werden lassen.“
Joachim Wendt schmunzelte, das Pensum erlaubte jedoch keine Pause. „Ein Herr Dilettant teilt uns mit, er habe eine Erfindung gemacht, das Farböl ergiebiger zu machen, er lädt uns ein, einige Fonds
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