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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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Hauptbuch, der Kaufmann schnäuzte sich ausgiebig und Andree benutzte die Gelegenheit, auf einen günstigeren Platz zu wechseln.
    „Sie sehen, ich übertrage Ihnen eine herrliche Arbeit. Betrachten Sie das Kopierbuch als das Evangelium des Kontors und nun schreibt auch recht hübsch, damit ich Freude mit Ihnen erlebe.“
    Schon glaubte der Lehrling, seine Aufgaben wären erschöpfend umrissen, und wollte sich entspannen, als der Alte zum nächsten Redeschwall tief Atem holte.
    „Sind die Kontorarbeiten vorüber, da bricht ein neues Leben für Sie an. Sie beschäftigen sich dann mit dem Warenlager. In den Magazinen werden Sie Muster anfertigen, Pakete schnüren und Ballen versenden, um sich zu bereichern an unschätzbaren Kenntnissen. Denn Qualitäten und Preise der verschiedenen Waren erlernen Sie spielend, indem Sie dem Abschluss so manchen Geschäfts beiwohnen. Sie sehen, welche Sorte für diese Gegend zieht und welche für eine andere passt. Sie lernen die Sitten und Bräuche der verschiedenen Nationen kennen. Ihre Fehler und ihre Tugenden, ihre Zahlungsfähigkeit und leider auch ihre Insolvenz.“
    Andree begannen langsam die Füße zu schmerzen und er blickte sehnsüchtig nach einem der Dreifüße am Pult. Doch der Lehrherr hörte noch immer nicht auf, die Ausbildung seines Schützlings in schillernden Farben zu beschreiben.
    „Sie lernen Menschen kennen, indem Sie mit Käufern und Verkäufern umgehen. Studiert dabei die Schwächen eines jeden, denn das wird nie zu Ihrem Schaden sein. Merken Sie sich jedes Lächeln Ihres Gegenübers, das geringste Zucken seiner Mundwinkel, die leiseste Bewegung seiner Augen, denn das Äußere des Menschen spiegelt oft genug das Innere seiner Seele wider. Die Seele aber steht im genauen Zusammenhang mit dem Geldbeutel! Und die Börse Ihres Gegners ist stets von speziellem Interesse für Sie.“
    Der Morgenkaffee machte sich unaufhaltsam bemerkbar und Andree trampelte so unauffällig wie möglich von einem Bein aufs andere. Borgwart fiel das Gezappel seines Lehrlings nicht auf, denn er schwelgte immer noch in seinen Ergüssen.
    „Dunkel nur deute ich Ihnen die vielen Genüsse an, welche die Lust Ihrer Jungend und die Seligkeit Ihres Alters sein werden. Gibt es etwas Schöneres als den Handel und Wandel? Gibt es ein vollkommeneres Wesen auf Erden als den vollkommenen Kaufmann?“
    Andree kam sich zurzeit sehr unvollkommen vor. Indes, er wurde nicht entlassen.
    „Ein vollkommenes Wesen soll vor allen Dingen seine Zeit begreifen und sein Jahrhundert, ein guter Kaufmann verstand von jeher beides, denn er verstand sich auf sein eigenes Interesse.
    Glücklich preise ich Sie, dass ein gutes Schicksal Sie in den Port des Kommerzes führte. Arbeitet treulich von 7.00 Uhr morgens bis 9.00 Uhr abends und geht endlich nach Hause und legen Sie sich zu Bette, da lassen Sie alles, was Sie am Tag gesehen und gehörtet, noch einmal an Ihrer Seele vorüberziehen, Briefe und Wechsel, Taler und Schillinge, Geldsäcke und Kopierbücher, Kurse und Warenproben, Konkurrenten und Geschäftsfreunde und stärken sich zu neuer Tätigkeit durch einen kurzen erquickenden Schlaf.“
    Borgwart blickte in ein verzweifeltes Gesicht. Da er den Grund für den verzerrten Ausdruck nicht kannte, machte er sich schon Sorgen, ob den richtigen Knaben unter Vertrag genommen habe.
    „Verstehen Sie mich? Ich hoffe, Sie haben mich verstanden. Aber jetzt noch eins! Nämlich ...“ – hier machte Borgwart erneut eine Pause. Er legte Andree die Hand auf die Schulter und sah ihn mit einem durchbohrenden Blick an, dass dem armen Jungen der Schweiß ausbrach – „... hört, junger Mann! Ich habe Vertrauen zu Ihnen, Sie sind aus rechtschaffener Familie und ich bin bereit, Sie in mein Geschäft durchaus einzuweisen. Ich will Ihnen Gelegenheit geben, in dieser Welt fortzukommen und ich kann Ihnen versichern, wer in meiner Schule gewesen ist, der kommt fort. Hören Sie! Vier Jahre werden Sie einstweilen bei mir bleiben, denn so lautet der Vertrag, den ich mit Ihrem Vater geschlossen habe. Diese vier Jahre werden Ihnen vergehen wie an einem Tag, denn keine Stunde sollen Sie müßig sein und ich will Ihnen genug zu tun geben. Hören Sie aufmerksam zu? Eins befehle ich Ihnen vor allem und ich will, dass Sie dieses halten sollen vor allem andern, nämlich, was Sie auch hören und sehen werden auf meinem Kontor oder auf meinem Lager, kurz, was Ihnen auch begegnet im ganzen Umkreis meines Geschäftes, erwähnt davon nicht das

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