Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
Empfehlung meines Vaters, Friedrich Graf Klotz aus Ludwigslust.“
„Ah, der Herr Graf, mache stets gern Geschäfte mit Ihrem Herrn Vater. Ich hoffe, mit seiner Gesundheit steht alles zum Besten?“
„Alles bestens, Verehrtester.“ Franz senkte die Stimme. „Es wäre mir lieb, wenn wir unter vier Augen miteinander sprechen könnten. Es geht um eine reine Privatangelegenheit.“
„Ah, natürlich, mein Herr. Bitte folgen Sie mir.“
Franz lüftete seinen Hut im Hinausgehen und bemerkte, wie sich die Schreiber die Hälse verrenkten, als er gemeinsam mit dem Prinzipal das Kontor verließ. Er folgte dem Kaufmann durch eine eisenbeschlagene Tür und erklomm gleich ihm eine breite, gediegene, sicherlich aus Eichenholz gefertigte Treppe zum ersten Obergeschoss.
„Bitte sehr, Herr von Klotz, privater geht es nicht, denn hier bin ich auch privat, obwohl ein Kaufmann niemals von den Geschäften, die er tätigt, gedanklich lassen kann.“
Borgwart bot Franz in einem gut bürgerlich eingerichteten Zimmer Platz an. „Was ist Ihr Begehr, junger Mann, wie kann ich Ihnen bei Privatangelegenheiten helfen?“, fragte er freundlich.
Franz übergab den Brief seines Vaters für den Rostocker Kaufmann ohne irgendeine Erklärung abzugeben. Borgwart nahm das Papier in Empfang und brach sofort das Siegel. Er las und dann lächelte er Franz unverbindlich an.
„Ihr Vater ist ein überaus korrekter Mann, mein lieber Freund, er gäbe durchaus einen Kaufmann ab. Er schreibt mir, ich möchte das Guthaben, das für Ihren Bruder bei mir deponiert ist, Ihnen in jeder gewünschten Summe auszahlen. Der Umfang des Depots findet dabei selbstredend Berücksichtigung“, setzte er hinzu, um nicht bei Franz den Eindruck zu erwecken, er gewähre Kredit.
„Nun, ich verstehe nichts von den geschäftlichen Angelegenheiten meines Vaters. Zweifelsfrei muss auch er wirtschaften wie ein Kaufmann. Wie hoch ist die deponierte Summe?“
Borgwarts Miene verriet keine Regung. „Ihr Herr Vater hat aus den Geschäften, die er zum guten Teil meinem Gespür für die richtige Zeit und den richtigen Kunden verdankt, 500 Taler Guthaben bei mir.“
Franz war beeindruckt. Sein Jahressold übertraf die Summe nur unwesentlich. Er bemerkte den abschätzenden Blick des Prinzipals. Der Kaufmann machte sich höchstwahrscheinlich darüber Gedanken, dass er den Zinssatz, den er bei einer ausländischen Bank ausgehandelt hatte, nun verlieren könnte.
„Haben Sie vor, sich in Rostock niederzulassen oder möchten Sie mit dem Geld spekulieren? Wenn Sie spekulieren möchten, dann habe ich gerade die allerbesten Möglichkeiten bei der Hand?“
„Weder noch. Ich bin kein Geschäftemacher, Herr Borgwart.“
„Aber Sie wollen das viele schöne Geld doch nicht etwa in die Spielbank tragen, junger Mann?“ Angesichts der grausigen Vorstellung standen dem alten Herrn Schweißperlen auf der Stirn.
Franz kam es merkwürdig vor, dem Kaufmann Rede und Antwort für die Verwendung von Geldern zu stehen, die dem Mann nur zur Verwahrung, gegebenenfalls zur Vermehrung anvertraut worden waren. Er dachte sich, er komme am besten mit dem kauzigen Menschen zurecht, wenn er die Geschichte von seinem Bruder erzählte.
„Es ist nämlich so, Herr Borgwart“, begann er, „ich bin nach Rostock gekommen, um herauszufinden, wo mein Bruder geblieben ist. Er ist seit Mai offensichtlich verschwunden, jedenfalls empfinden wir es so. Und weil mein Vater, Sie und ich wissen, dass Johann das alte Depot bei ihnen aufgelöst hat, möchte ich Sie zu den Umständen befragen.“
„Umstände? Von welchen Umständen sprechen Sie, junger Mann, ich habe Ihrem Bruder keinerlei Umstände gemacht.“
„Verzeihen Sie, ich habe mich missverständlich ausgedrückt. Ich zweifle keineswegs an Ihrer Integrität. Ich möchte nur gern erfahren, wann Johann das Geld in Empfang genommen hat und ob Ihnen etwas zu seiner Gemütsverfassung aufgefallen ist?“
„Soso, verschwunden, sagten Sie? Seltsam, ja es ist mir schon seltsam vorgekommen, als Herr von Klotz die gesamte Summe mit einem Mal angefordert hat. Ansonsten ist er jede Woche vorstellig geworden und hat sich den Teil auszahlen lassen, der für den Lebensunterhalt eines ledigen Studenten reichen mag. Ihr Bruder ist wohl nicht dem lasterhaften studentischen Lebenswandel verfallen, in dem Wein, Weib und Gesang die erste Geige spielt. Hören Sie! Und daran sollten Sie sich ein Beispiel nehmen, junger Mann, damit das Vermögen Ihres Vaters nicht verschleudert
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