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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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Verhör Verdächtiger glich.
    „Was soll das, Herr Kommissär? Wenn Sie annehmen, ich hätte meinen Bruder umgebracht und müsste deshalb bemüht sein, den Zeitpunkt meiner Ankunft im Dunkeln zu halten, dann fragen sie doch den Postillion der Linie Güstrow – Rostock und die Wirtin meines Bruders, wann ich gestern angekommen bin.“
    „Leutnant von Klotz, lassen Sie doch bitte alle Emotionen aus dem Spiel. Ich bin nun mal verpflichtet, jeden Sachverhalt zu hinterfragen. Wenn Sie Zeugen haben, dann ist es an uns, Ihre Angaben zu prüfen. Aber Ihre Annahme ist äußerst interessant. Warum sollte ich glauben, Sie hätten Ihren Bruder umgebracht?“, fragte Goltzow ungerührt sachlich und lehnte sich bequem auf seinem Stuhl zurück.
    Empörung stieg in Franz auf und ließ ihn vergessen, dass Vorsicht angebracht sei. „Ganz Rostock kennt doch den Zeitungsartikel mit der spektakulären Schlagzeile zu einem mysteriösen Leichenfund“, polterte er los. Schon im nächsten Moment musste er sich unterbrechen lassen.
    „Und deshalb sind Sie sofort zu mir gekommen, um Anzeige zu erstatten?“
    „Selbstverständlich“, bestätigte Franz.
    „Hätten Sie ohne Kenntnis des Falls aus der Zeitung auch eine Anzeige gemacht?“
    Zu spät erkannte Franz die Falle, in die er hineingetappt war.
    O Gott, dachte er , in welche Rolle will man mich drängen? Urplötzlich bemerkte er die Perfidität der Situation: Es sah fast so aus, als wollte er sich mit seinem Gang zur Polizei nur den Anstrich des besorgten Bruders geben. Nachdem das Verbrechen entdeckt und über eine Veröffentlichung allgemein bekannt gemacht worden war, hätte jeder Täter, der mit dem Opfer verwandt oder gut bekannt war, eine Anzeige gemacht, im Glauben, man könne so einen eventuellen Verdacht von sich abzulenken.
    Franz fühlte den lauernden Blick des Kommissärs fast körperlich. Obwohl er bis aufs Äußerste angespannt war, gab er sich gelassen. „Ja, Herr Kommissär“, sagte er höflich, „meinen Sie, ich verzichtete auf die gewiss erfolgreichen Ermittlungsmethoden Ihrer Präfektur? Schließlich will ich Johann finden. Bitte! Lassen Sie mich den Leichnam sehen. Ich möchte ausschließen, dass mein Bruder Opfer des scheußlichen Verbrechens geworden ist.“
    Ernst stöhnte leise auf und vergrub sein Gesicht in den Handflächen. Er hatte gehofft, der Identifikationsversuch werde unnötig sein. Gleichwohl war es ihm nicht entgangen, wie geschickt Franz die Fangfrage des Kommissärs beantwortet hatte. Ernst war sich jedoch nicht sicher, ob der Anfangsverdacht damit zerstreut war.
    Goltzow sendete erneut einen Blick hin zu dem Protokollanten, der still an seinem Pult saß, und räusperte sich. „Ich muss Sie auf den unschönen Zustand der Leiche aufmerksam machen. Wollen Sie sich wirklich dem Anblick aussetzen?“, fragte er.
    „Bitte verstehen Sie meine Beharrlichkeit nicht falsch, ich bin keinesfalls erpicht darauf, verstümmelte Leichen zu besichtigen. Aber ich muss mich persönlich davon überzeugen, dass mein Bruder nicht im Keller des Zergliederungshauses liegt.“
    „Ich verstehe Ihre Beweggründe sehr gut, Leutnant von Klotz. Dennoch muss ich Sie fragen, ob Ihnen Merkmale am Körper Ihres Bruders bekannt sind, die ein zweifelsfreies Erkennen ermöglichten.“
    Franz überlegte noch, als der Beamte ihm zu Hilfe kam. „Kennen Sie irgendwelche charakteristischen Male oder Narben?“
    Franz’ Miene hellte sich auf. „Ja, mein Bruder hat in der linken Handfläche eine wulstige Narbe. Ungefähr hier!“ Er berührte den eigenen Daumenballen. „Er hat sich als Kind eine Verletzung zugezogen, die nur sehr langsam verheilt ist!“
    „Gut, meine Herren, dann lassen Sie mich Folgendes vorschlagen.“ Der Kommissär konsultierte seine Taschenuhr und rief dann den Diensthabenden herein. „Wachtmeister, Sie suchen sofort das Zergliederungsinstitut auf und melden die Herren Leutnant von Klotz und Doktor Ahrens sowie meine Person für heute 14.30 Uhr zu einer Leichenbesichtigung an.“
    „Zu Befehl!“
    Auf der Stelle verschwand der Wachtmeister.
    An die jungen Männer gewandt erläuterte Goltzow: „Um die Mittagszeit dürfte der zuständige Professor nicht im Institut sein. Es ist besser, wenn wir uns zu späterer Stunde dort treffen. Kennen Sie sich mit den Örtlichkeiten aus, Herr Doktor?“
    „Selbstverständlich, Herr Kommissär“, sagte Ernst.
    „Gut, dann sehen wir uns am Nachmittag.“
    Damit waren sie erst einmal entlassen.
     
    Auf der Straße

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