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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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blieben die Rostocker offenbar von anzeigewürdigen Delikten verschont. Außer dem Diensthabenden hinter einem abgenutzten Schreibpult befand sich niemand im Raum.
    „Sie wünschen?“, wurde Franz gelangweilt gefragt.
    „Mein Name ist Franz Friedrich von Klotz. Ich möchte eine Anzeige zu einer vermissten Person machen.“
    Die Langeweile war wie fortgeblasen. Augenblicklich stürzte der Wachmann zur Barriere und öffnete einen Verschlag.
    „Bitte sehr, meine Herren.“ Er bedeutete den beiden mit einem Wink, ihm zu folgen, und öffnete eine Tür, hinter der sich ein langer dunkler Flur verbarg.
    „Bitte warten Sie hier einen Moment. Ich werde meinen Vorgesetzten unterrichten“, sagte der Uniformierte diensteifrig.
    Sie mussten nicht lange warten, dann bat man sie in einen schmucklosen Raum. Franz und Ernst sahen sich einem backenbärtigen älteren Herrn gegenüber. Den Beamten trennte nicht nur eine hölzerne Barriere von der Allgemeinheit, auch ein schwerer Schreibtisch verbreiterte die Distanz zu seinen Besuchern. Augenscheinlich diente die Hürde nur dem Schutz vor gefährlichen Subjekten, die beiden elegant gekleideten jungen Herren wurden eingeladen, auf Stühlen vor besagtem Schreibtisch Platz zu nehmen.
    „Meine Herren, ich bin Kommissär Goltzow“, stellte sich der Backenbärtige vor. „Sie wünschen eine Anzeige zu machen?“
    Franz, froh um die nüchterne Sachlichkeit, registrierte, dass der Diensthabende noch einen weiteren Herrn herbeigeholt hatte, einen Schreiber, der zu protokollieren hatte, zumindest nahm er seinen Platz an einem kleinen Pult ein.
    „Ja, das wünsche ich“, sagte Franz nur.
    „Gut! Geben Sie bitte zuerst die Namen zur eigenen Person und Ihren Wohnsitz an.“
    Nachdem der Schreiber alles eifrig notiert hatte, was Franz und Ernst ihm in die Feder diktierten, setzte Goltzow die Befragung fort: „Wen vermissen Sie, Leutnant von Klotz?“
    „Meinen Bruder ... “ Franz trug alles vor, was ihm wichtig erschien: Johanns Personalien, seine Einschreibung an der Universität, die versäumten Prüfungen, der Zustand seiner Studentenwohnung, das letzte Lebenszeichen, seine Gewohnheiten und Johanns Leumund. Eigene Vermutungen behielt Franz jedoch für sich, das abgehobene Geld erwähnte er ebenfalls nicht.
    Während Franz sprach, bemerkte Ernst, wie sich Kommissär Goltzow und der Schreiber vielsagende Blicke zuwarfen. Die stillschweigende Verständigung beunruhigte den Arzt. Passten Franz’ Schilderungen etwa zu den Ermittlungsergebnissen? Ging die Polizei davon aus, dem schändlichen Verbrechen sei ein auswärtiger Student zum Opfer gefallen? Zunehmend besorgt hoffte er, es seien viele weitere Vermisstenanzeigen eingegangen.
    Franz’ Bericht hatte kaum geendet, da setzte sich der Kommissär auf und fragte: „Herr Leutnant, da Sie nach eigenem Vorbringen kein Bürger unserer Stadt sind, muss ich Sie fragen, seit wann Sie in Rostocks Mauern weilen.“
    „Ich habe kein Problem damit, Herr Kommissär. Ich bin gestern am späten Nachmittag mit der Post angekommen.“
    „Gibt es dafür Zeugen?“
    Franz zog die Brauen hoch, erstaunt darüber, dass man eine solche Frage überhaupt stellte. Unwillen stieg in ihm auf, doch dann hielt er Goltzow zugute, dass der alles Mögliche in Betracht ziehen müsse, sogar Beweggründe eines Verwandten des Opfers. Schließlich beschäftigte sich der Kommissär tagein, tagaus von Berufs wegen mit der Schlechtigkeit der Menschen.
    Ernst rührte sich auf dem benachbarten Stuhl. Er fühlte sich geradezu verpflichtet, einzugreifen. „Ich kann das bezeugen“, bot er an. „Ich bin gestern Nachmittag auf der Straße mit Leutnant von Klotz zusammengestoßen, als er auf der Suche nach der Wohnung seines Bruders war.“
    „Woraus schlossen Sie das?“, fragte man ihn seelenruhig.
    Ernst verlor seine Selbstsicherheit und öffnete den Mund ohne ein Wort der Erwiderung. Plötzlich wusste er, die Antwort, die er würde geben können, sei nicht geeignet, um Goltzow zufriedenzustellen. Trotzdem sprach er das aus, was er sich zurechtgelegt hatte: „Leutnant von Klotz hat mich nach der Eselföter-Straße gefragt, in der er Quartier zu nehmen beabsichtigte.“
    „Haben Sie zu diesem Zeitpunkt aus der Frage ableiten können, Leutnant von Klotz sei gerade angekommen und habe zielstrebig die Wohnung seines Bruders gesucht?“
    „Nein“, musste Ernst kleinlaut zugeben.
    Franz ärgerte nun doch die Tendenz der Befragung, die nach seinem Dafürhalten eher einem

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