Weisse Haut - Schwarze Haut
Streiks. Das wird Ärger geben“, wandte sich William an Michael. „Eluid
Mathu ist der erste afrikanischer Vertreter im Legislative Council. Er wird als
erster Afrikaner in die gesetzgebende Kammer berufen werden, heißt es.“
„Das stimmt nicht so ganz“, mischte sich Karega ein. „Mit
Erlaubnis der Kolonialverwaltung in Nairobi sind die Luo und andere
Volksgruppen in der KAU vereinigt und die Siedler haben sich für Mathu
entschieden. Wir hatten da kein Mitspracherecht, obwohl es unser Land ist.“
Michael war für eine kurze Zeitspanne verblüfft, dass es
ein Schwarzer wagte, einfach dazwischenzureden.
William hingegen verwundert, wie perfekt sein Freund
Englisch sprach. Karega spielte ihm was vor. Er war nicht der unwissende,
gedankenlose, unbekümmerte, stets gut gelaunte Kikuyu.
„Die Jahre unserer britischen Kolonialherrschaft in
British East Africa waren gekennzeichnet durch harte Wirtschafts-, Sozial- und
politische Gesetze. Vor allem ist unsere Politik geprägt durch
Rassendiskriminierung. Leider! Große fruchtbare Flächen bleiben weißen Siedlern
vorbehalten und strenge Arbeitsgesetze zwingen die Afrikaner dazu, für geringe
Löhne auf den Farmen der Siedler und bei staatlichen Baumaßnahmen zu arbeiten.
Wie sie dort teilweise behandelt werden, wissen wir ja alle.“ Doug zündete eine
Zigarette an und streckte die Beine aus. Die Männer saßen auf Baumstämmen, da
er nicht genug Stühle für alle hatte.
„Unser politisches Mitspracherecht ist sowieso nur auf
Lokalpolitik beschränkt“, wandte Karega ein.
„Das auch“, bestätigte Doug. „Vor diesem Hintergrund
begannen in den frühen 20er Jahren die ersten ernsthaften Protestbewegungen.
Die Afrikaner gründeten politische Vereinigungen, als da waren die Young Kikuyu
Association, die East African Union, die Young Kavirondo Association, North
Kavirondo Central Association, Taita Hills Association und so weiter, um
Missstände wie Zwangsarbeit, Niedriglöhne, hohe Steuern, Enteignung und
Rassendiskriminierung zu bekämpfen. Es hat alles nichts genutzt. Im Gegenteil,
es wurde sogar noch schlimmer. Vor vier Jahren verboten wir dann die Kikuyu
Central Association, was meiner Meinung nach ein Fehler war. Die britische
Regierung verfolgte nur den Plan, ihre ostafrikanischen Gebiete zu vereinigen
und den weißen Siedlern größere Rechte einzuräumen. Nachdem viele Kenyaner sich
durch Landwirtschaft nicht ernähren konnten, wanderten sie auf der Suche nach
Arbeit in die Städte, nur, da gibt es nicht genug Jobs. Dass die irgendwann auf
die Barrikaden gehen, ist abzusehen. Wenn du kein shilingi in der Tasche hast,
dazu Hunger, dann überlegst du dir, wie du das ändern kannst und das wissen
einige Politiker genau und nutzen das aus. Da werden nur Versprechungen
gemacht. In der Beziehung sind Schwarz und Weiß gleich.“
„Meinst du, dass das, was sie uns sagen, nicht stimmt?“
„Karega, ja das glaube ich. Gerade dieser angebliche Jomo
Kenyatta, wie der sich nennt, ist so ein Sprücheklopfer. Er kann euch nicht
allen von heute auf morgen eine große shamba geben, euch ein gari oder was weiß
ich hinstellen. Wenn die Siedler alle das Land verlassen würden, nehmen sie
alles mit. Ihr Vieh, ihre Maschinen und, und, und. Dann habt ihr zwar ein Haus
und beackerten Boden, aber dann?“
„Das hatten wir immer. Nur es geht nicht, dass viele
kurzerhand in Reservate gesperrt werden, dass man uns unserer alten Bräuche
beraubt. Ihr seid in unser Land gekommen, aber ihr fordert von uns, dass wir
uns euch anpassen sollen. Warum? Es ist unser Land, in dem wir allerdings nicht
leben dürfen, wie wir es wollen. Nimm William. Er ist anders. Er lernt von uns,
wir lernen von ihm. Wir respektieren, wie er lebt und denkt, er respektiert
umgekehrt, wie wir leben und denken. Er sagt, was man ändern könnte und wir
reden deswegen. Manches finden wir gut, anderes wazimu. Er nimmt von uns Dinge
an, unsere dawa zum Beispiel. Warum kann man das nicht überall so handhaben, in
ganz British East Africa? Das alles betrifft ja nicht nur dieses Land. Es ist
Platz da für alle, warum schickt ihr uns weg, verjagt uns aus unserer Heimat?
Wir dürfen nicht mehrere Frauen haben, aber ihr habt neben einer Ehefrau noch
andere. Bei euch ist es gut, bei uns schlecht. Ihr dürft Tiere abschießen, wir
sollen nicht jagen. Ihr führt weit über dem Meer Krieg mit Fremden, aber wir
dürfen nicht Krieger sein. Nun kommt ihr und sagt, nun sollen wir für euch
kämpfen, gegen Männer,
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