Weisse Haut - Schwarze Haut
aber laut und grollend. Seine schwarze Mähne war prächtig
ausgebildet und er war fast ein Ebenbild seines Vaters. Die Schwanzquaste
schlug langsam hin und her, während er geschmeidig näher schlenderte, ihn dabei
nicht aus den Augen ließ. Er beobachtet den Jüngling genau, aber nichts deutete
darauf hin, dass er aggressiv war.
„Ngatia, komm her. Erkennst du mich nicht? Wir beide haben
ein Abkommen, vergessen? Du lässt mein Vieh am Leben und ich tue euch nichts“,
redete er leise mit dem Tier, der ihn anstarrte, sein Maul weit aufriss, dann
seinen Kopf schüttelte.
„Du bist wohl noch müde? Habe ich euch geweckt?“
Jetzt trennte sie nur noch zwei Meter, aber William blieb
hocken, streckte die Hand ein wenig aus. „Ngatia, komm her.“
Das Raubtier zögerte noch, war anscheinend unschlüssig,
dann hob er seine Tatze und schlug leicht gegen die Hand von William.
„Ndiyo, du weißt noch, wer ich bin?“, freute der sich und
kraulte dem Tier die Ohren. „Du bist ein hübscher Kerl geworden, rafiki langu.“
Vom Rudel trotteten seine Geschwister näher, sie
neugierig, was der Mensch da mit dem Bruder anstellte.
„Geh lieber zurück zu deiner Familie. Wir sehen uns
wieder, Ngatia. Ich freue mich, dass ihr zurück seid.“ Er klopfte dem Tier
leicht an die Seite. „Los, lauf, sonst bekomm ich Ärger. Deine Verwandtschaft
mag mich nicht so sehr.“
Ein Grollen erklang, dann ein Brüllen und sie schauten
sich noch einmal an. Braune Augen und braune Augen, dann drehte er sich weg und
rannte zurück, blieb kur stehen, blickte zu dem Mann, bevor er gemächlicher zu
seinen Geschwistern spazierte, die sofort an ihm schnupperten, bis Ngatia genug
hatte, seine Pranke hob und seiner Schwester eine haute.
William, im Auto sitzend beobachtete sie noch einige Zeit,
bevor er nach Hause fuhr. Karega und Ndemi würden bald kommen. Jedes Mal wenn
er an seinen ehemaligen grünen Feldern vorbeifuhr, spürte er Wut, Enttäuschung,
aber obendrein Trauer. Alles war vergeblich gewesen und das wegen solch
scheußlich gefräßigen Viechern. Wieso mussten diese Heuschrecken ausgerechnet
seine Ernten, Pflanzen, Büsche fressen?
Es würde und musste weitergehen. Neue Pflanzen waren
teilweise gesetzt, Samen ausgesät.
Lokop hatte Kaffee gekocht und er zog sich schnell um,
putzte Zähne, trank den Kaffee, da hörte er die beiden Männer draußen reden.
„Sabalkheri. Meine Löwen sind zurück“, berichtete er volle
Freude. „Ngatia hat mich wiedererkannt und ich durfte ihn sogar streicheln.“
„Wazimu! Ich denke, der Bwana hat mit der Memsaab
gespielt.“
„Ndemi, du alter nugu, ich habe nicht mit dem Löwen
gespielt, sondern mit ihm geredet. Shika lako!“
Der schüttelte den Kopf. „Was wollte Ngatia von dem Bwana
wissen?“
„Ob ich dir heute schon in den Hintern getreten habe, weil
du Bwana sagst. Ich werde Sisal, eh … kitani anbauen“, verkündete William.
Lokop brachte den beiden ebenfalls Kaffee.
„Asante! Ich habe hinten das große Gebiet frei, wo es ziemlich
trocken ist und wenn ich Sisal anbaue, habe ich nicht so viel Arbeit damit,
muss nicht andauernd dahinfahren und außerdem müssen keine Gräben gezogen
werden.“
„Warum so viel und warum kitani?“
„Aus dem groben Material werden Schiffstaue, Sandalen, Seile,
Netze, Teppiche, Hängematten, Möbelstoffe, und vor allem Bindegarn hergestellt.
Dinge, die gebraucht werden. Die von unzähligen Fasersträngen durchzogenen
Blätter werden bis zu zwei Meter lang. Der Stamm wird bis zu einem Meter hoch.
Sisal kann bis zu zwölf Jahre alt werden und entwickelt in ihrem letzten
Lebensjahr einen mächtigen, bis zu sieben Meter hohen, Blütenstand. Die Blüten
sind etwa fünf Zentimeter lang. Jährlich werden zwischen 15 und 20 Blätter
gebildet. Die Vermehrung erfolgt vegetativ durch Seitentriebe oder durch im
Blütenstand gebildete Brutknospen. Erstmals nach ungefähr fünf Jahren und
danach alle zwei bis vier Jahre werden die untersten der bis zu zwei Meter
langen Blätter geschnitten. Nach der Entfernung des Blattgewebes werden die Fasern
gewaschen, getrocknet, geschlagen und gebürstet. Nachfrage also vorhanden.
Nicht so viel Arbeit, dafür viel Geld. Da sowieso alles neu angebaut wird,
versuche ich etwas anderes.“
„Wie bist du darauf gekommen?“
„Habe ich in der Zeitung gelesen“, feixte er seine Freunde
an. „Daneben werden wir Tee anbauen.“
„Chai braucht viel Feuchtigkeit.“
William stand auf, holte seine alte Karte hervor
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