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Weiße Nächte, weites Land

Weiße Nächte, weites Land

Titel: Weiße Nächte, weites Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Sahler
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Saratow zu einem Besuch hierher zu bewegen.
    Doch statt Matthias kam Adam herbeigestakst, die Miene ausdruckslos, die Bewegungen marionettenhaft. Einen Meter vor Veronica blieb er breitbeinig stehen und starrte auf seine Frau hinab. Sein Gesicht verzerrte sich vor Widerwillen. Er spuckte aus, dicht neben seine Frau. »Du elende Verräterin!«, brachte er heiser hervor. »Du hast unser Kind sterben lassen und nährst nun diesen Bastard an deiner Brust! Zur Hölle mit dir!«, schleuderte er heraus, wandte sich mit einem Ruck um und schritt davon. Sein Bündel trug er wie stets bei sich, eng an den Körper gepresst, als hätte er sich noch nicht entschieden, tatsächlich hier zu bleiben.
    Eleonoras Herzschlag hatte sich bei den bitteren Worten des Mannes verdoppelt. Wie viel Hass, welch große Qual aus ihnen geklungen hatten …
    Veronicas Augen waren feucht geworden, aber sie schluckte die Tränen hinunter. »Dazu hat er kein Recht«, stieß sie hervor und bettete das Kind um, damit es von der rechten Brust trinken konnte.
    »Warum gibt er dir die Schuld an Friedas Tod?«, fragte Eleonora.
    »Er wollte nicht nach Russland«, erwiderte sie in ruhigem Ton, unverwandt das Kind betrachtend, dessen Züge sanfter und dessen Lider schwer wurden. »Er meinte, die Anstrengungen wären zu viel für unsere Tochter. Du musst wissen, Eleonora«, sie hob den kummervollen Blick, »er hat Frieda mehr geliebt als sein Leben. Er hat sie so sehr geliebt, dass es mir Angst einflößte. Es war irgendwie … zu viel, verstehst du? Ich kann das schlecht erklären, aber es war fast so, als bedeutete sie ihm alles, mehr als ich. Und … und sie hätte es überlebt, wenn sie dieser Husten nicht entkräftet hätte. Sie hätte es überlebt. Sie war ein starkes Mädchen …« Veronica senkte das Kinn, das Lächeln kehrte zurück. Das Kind schlief, die Brustwarze im Mundwinkel. Ein weißes Rinnsal fetter, süßer Milch lief über seine Wange, seine kleine Hand lag auf dem weißen Fleisch der Brust. »So wie Alexandra.«

26. Kapitel
    A nton von Kersen war außer sich, als er am nächsten Tag genau wie die Soldaten mit dem Entschluss der Waidbacher Männer konfrontiert wurde, die Gegend nach weiteren Bewohnern abzusuchen. Doch während die Soldaten die drei Freunde schulterzuckend ziehen lassen wollten, stellte sich ihnen der Vorsteher in den Weg und verlangte, dass sie sich entweder mit ihm besprechen oder ihn mitreiten lassen sollten. Beides lehnten sie wortlos ab, bevor sie die Ponys antrieben. Die Flüche des kleinen Mannes flogen ihnen hinterher.
    Als von Kersen bemerkte, dass die Soldaten tuschelnd in seine Richtung grinsten, straffte er die Schultern und legte Autorität in seine Haltung. Er bellte Befehle zu den herumlungernden Grüppchen und stieß den einen oder anderen mit der Stiefelspitze an, damit er sich erhob, um Holz heranzuschaffen oder irgendwas zu verrichten. Einen Plan gab es nicht, und Anton von Kersen spürte schmerzlich, dass er der Letzte war, der die Dinge ans Laufen zu bringen vermochte. Der Zorn über den mangelnden Respekt gärte in ihm und ließ ihn schier platzen. Wenn er wenigstens die Russen auf seiner Seite gewusst hätte, aber die wandten sich wieder ihrem liebsten Zeitvertreib zu und schüttelten den Würfelbecher.
    Anton von Kersen stapfte von hierhin nach dorthin und stieß nur auf Trägheit und Aufmüpfigkeit, und nichts konnte er tun, um diesen Zustand zu ändern. Mit heiß erwachender Lust dachte er an die Peitschen, die in der deutschen Kanzlei in Saratow zum Einsatz gekommen waren. Während er den Gedanken weiterspann, wie er in den Besitz eines solch hilfreichen Instrumentes kommen könnte, führten seine Schritte ihn um die Wagenburg herum. Er stockte, als er Veronica Mai auf dem Boden hocken sah, den Rücken gegen die hölzernen Speichen eines Rads gelehnt, die Bluse weit geöffnet. Ihre lang herunterfallenden Haare, von der Farbe des Weizens und verzottelt, dicht und störrisch wie die Mähnen der Kalmückenponys, verdeckten ihr Gesicht und das Neugeborene, aber sie ließen ihr weißes Fleisch frei sehen.
    Anton von Kersen meinte, noch nie eine größere Brust gesehen zu haben. Der Hals wurde ihm trocken, unersättliche Gier stieg in ihm auf, sein Glied versteifte sich. Scham ließ seine Wangen erglühen, während sein Blick nach links und rechts huschte, aber er stand hier allein, niemand befand sich in unmittelbarer Nähe, und die Frau im Gras hatte ihn nicht bemerkt. Er lüpfte die Kutte und

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