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Weit Gegangen: Roman (German Edition)

Weit Gegangen: Roman (German Edition)

Titel: Weit Gegangen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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mittlere Phase des Krieges. Hätte er ohne Öl ebenso lange gedauert? Ausgeschlossen.
    Die Entdeckung des Öls folgte unmittelbar auf das Addis-Abeba-Abkommen, Julian, mit dem der erste Bürgerkrieg beendet wurde, der fast siebzehn Jahre gedauert hatte. 1972 trafen sich der Norden und der Süden des Sudan in Äthiopien und unterzeichneten das Friedensabkommen, in dem unter anderem vereinbart wurde, dass alle Bodenschätze des Südens Hälfte-Hälfte geteilt werden sollten. Khartoum erklärte sich einverstanden, glaubte allerdings zu dem Zeitpunkt noch, der wichtigste Rohstoff des Südens sei Uran. In Addis Abeba wusste noch keiner von dem Öl, und als es dann entdeckt wurde, war Khartoum alarmiert. Sie hatten ja das Abkommen unterzeichnet – aber das galt doch nicht für Öl! Sie sollten Öl mit den Schwarzen teilen? Das kam gar nicht infrage! Ich glaube, diese Vorstellung war für sie unerträglich, und von da an trugen sich die Hardliner in Khartoum mit dem Gedanken, Addis Abeba rückgängig zu machen und das Öl für sich zu behalten.
    Linos Familie lebte im Muglad-Becken, einem Nuer-Gebiet unweit der Grenze zwischen dem Norden und dem Süden. Zu ihrem Unglück stieß Chevron dort 1978 auf ein großes Ölfeld, und Khartoum, das die Probebohrungen erlaubt hatte, gab diesem Gebiet einen neuen Namen, das arabische Wort für Einheit. Gefällt dir dieser Name, Julian? Einheit bedeutet, dass Menschen zusammenkommen, dass Völker miteinander verschmelzen. Ist die Ironie zu offensichtlich? Doch damit nicht genug, versuchte die Regierung in Khartoum 1980, die Grenze zwischen Norden und Süden neu festzulegen, damit die Ölfelder dem Norden zufielen. Damit kam sie nicht durch, Gott sei Dank. Aber dennoch, irgendetwas musste geschehen, um die Nuer, die dort lebten, aus dem Vorhaben auszuschließen, sie vom Öl zu trennen und dafür zu sorgen, dass sie auch in Zukunft kein Wörtchen mitzureden hätten.
    1982 begann die Regierung ernsthaft, sich um die Menschen zu kümmern, die wie Linos Familie auf dem Öl lebten. Die ersten Murahilin tauchten mit Automatikgewehren auf, genau wie später in Marial Bai. Man wollte die Nuer vertreiben und die Ölfelder von Baggara oder von privaten Sicherheitskräften bewachen lassen, damit sie nicht von Rebellen besetzt werden konnten. Und so kamen die Reiter, wie sie immer kommen, mit ihren Waffen und ihren Plünderungen und Übergriffen. Das erste Mal verlief noch glimpflich; es war eine Botschaft an die Nuer, die auf dem Öl wohnten: Verlasst das Gebiet und kommt nicht zurück!
    Aber Linos Familie blieb in ihrem Dorf. Sie verstanden die Botschaft nicht oder hatten beschlossen, sie zu ignorieren. Sechs Monate später suchten sudanesische Soldaten das Dorf heim, um ihrem Vorschlag Nachdruck zu verleihen. Man sagte den Nuern, sie sollten sofort verschwinden, über den Fluss ziehen und sich weiter südlich niederlassen. Man sagte den Nuern, ihre Namen würden registriert und sie würden später für ihren Grund und Boden, ihre Häuser, ihre Ernten und alles andere, was sie zurücklassen mussten, entschädigt werden. So kam es, dass Linos Familie und alle übrigen Dorfbewohner den Soldaten an jenem Tag ihre Namen nannten und die Soldaten wieder verschwanden. Doch selbst danach blieb Linos Familie im Dorf. Sie waren stur, Julian, wie so viele Sudanesen. Bestimmt hast du von den tausend Sudanesen in Kairo gehört, die niedergetrampelt wurden? Das ist noch nicht lange her. Eintausend Sudanesen, die in einem kleinen Park in Kairo kampieren und die Einbürgerung fordern oder zumindest die Möglichkeit, sicher in ein anderes Land reisen zu können. Die Ägypter finden, das ist nicht ihr Problem, und der Park, in dem die Sudanesen lagern, verkommt zu einem unhygienischen Schandfleck. Schließlich rückt das ägyptische Militär an, um die Hüttensiedlung niederzureißen, und tötet dabei siebenundzwanzig Sudanesen, darunter elf Kinder. Wirklich ein stures Volk, die Sudanesen.
    Linos Familie zog also nicht fort. Sie und noch Hunderte andere beschlossen, einfach da zu bleiben, wo sie waren. Wie nicht anders zu erwarten, kam einen Monat später ein Regiment aus Milizionären und Armeesoldaten ins Dorf. Sie schlenderten ganz gemächlich durch den Ort, wie schon einmal, als sie die Namen aufgenommen hatten. Sie sagten nichts, zu niemandem. Sobald sie sich postiert hatten, begannen sie zu schießen. In den ersten Minuten schossen sie neunzehn Menschen nieder. Sie nagelten einen Mann an einen Baum und warfen

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