Weites wildes Land
Nachbarn berichteten, daß Whitney seine Frau schlug. Oft rannte sie schreiend im Nachthemd aus dem Haus und suchte bei ihnen Schutz. Er lächelte. »Mir kommt es vor«, sagte er, »daß manche Frauen aus unserem Bekanntenkreis bei den Schwarzen besser aufgehoben wären als bei ihren eigenen Ehemännern. Oder was meinen Sie dazu?«Sobald er den Pastor losgeworden war, stand schon der nächste Besucher auf der Schwelle. Kein Geringerer als Colonel Puckering, der Kommandant des hiesigen Regiments und enger Freund des Gouverneurs. Ezra sprang auf und bedauerte, daß er seine Stiefel gegen Pantoffeln ausgetauscht hatte, um seine Füße vor dem kalten Steinfußboden zu schützen. »Kommen Sie doch herein, Colonel«, rief er, wobei er hinter seinem Schreibtisch stehen blieb. »Nehmen Sie Platz. Möchten Sie vielleicht eine Tasse Kaffee? Oder Tee?« »Nein, danke; keine Zeit heute. Nur ein Blitzbesuch. Was wollte denn dieser Pfaffe?« »Nichts Besonderes. Er war nur hier, um mit mir über die Schwarzen zu sprechen.« »In der Tat! Nun, womöglich ist er mir zuvorgekommen. Ich möchte Sie nur warnen, Sir. Nicht, daß ich Ihnen Vorschriften machen will. Aber gewiß werden Sie Verständnis für mein Anliegen haben. Ich habe nur eine Bitte.« Er marschierte durchs Zimmer und rückte ein Porträt der Königin gerade. »Es geht um die Schwarzen. Ich muß Sie bitten, es mit den Auspeitschungen weniger streng zu nehmen. Wissen Sie, es nützt nicht viel, die armen Schweine zu prügeln. Führt nur dazu, daß die anderen unruhig werden.« »Mein lieber Colonel!« Ezra war verwirrt. »Gerade mußte ich mich mit diesem Pastor Whitney herumstreiten. Er möchte, daß ich den Vorsitz einer Bürgervereinigung übernehme, die alle Schwarzen aus Perth vertreiben will.« »Verrückte, alles nur Verrückte! Übergeschnappt! Ich hoffe, Sie haben ihm den Kopf gerade gerückt.« »Genau das versuche ich Ihnen ja zu erklären. Erst kommt der Pastor und verlangt mehr Härte gegen die Schwarzen, und dann tauchen Sie auf und sagen, ich sei zu streng.« »Schaffen Sie nur die Auspeitschungen ab…« »Aber, Colonel, einige dieser Schwarzen tragen die Nase einfach zu hoch. Einer von den Wilden hat mir sogar im Gerichtssaal widersprochen. Wissen Sie, was er zu mir gesagt hat? ›Das ist unser Land, nicht eures.‹ So was habe ich ja mein Lebtag noch nicht gehört, und ich konnte es unmöglich durchgehen lassen. Einige Peitschenhiebe haben ihn rasch gelehrt, wem dieses Land gehört.« »Sie mißverstehen mich, alter Junge. Obwohl ich nicht behaupten kann, daß der Bursche unrecht hatte. Aber meine Männer müssen hier für Ruhe und Ordnung sorgen, und diese Auspeitschungen machen uns nichts als Schwierigkeiten.« »Und was soll ich Stattdessen tun?« knurrte Ezra. »Der Gefängnisdirektor will sie nicht in seinem Gefängnis unterbringen; wir haben ja schon zu viele weiße Sträflinge, daß wir zehnmal so viele Zellen füllen könnten.« Der Colonel lachte. »Warum schaffen wir unsere Sträflinge nicht nach England? Das wäre doch ein gerechter Tausch! Aber hören Sie auf meinen Rat, Freeman. Der Gouverneur wäre erfreut.« Als Ezra im Palast Hotel ankam, wo er mit Percy Gilbert zu Mittag essen wollte, hatte ihn das ganze Durcheinander in üble Laune versetzt. Und außerdem hatte er genug von Percys Hinhaltemanövern. Also kam er schon vor der Suppe ohne Umschweife zur Sache. »Ein Vöglein hat mir zugezwitschert, daß Miss Delahunty von der Lloyds-Versicherung eine ansehnliche Summe bekommen hat.« »Sie haben ihr ein paar hundert Pfund bezahlt«, gab Percy zu. »Ich hörte, der Betrag bewege sich eher in der Nähe von…« Ezra machte eine Pause und genoß, wie sich sein Gegenüber wand, »elfhundertundneun Pfund, acht Shilling und neuneinhalb Pence.« Er schüttelte seine Serviette aus. »Also hat meine Verlobte jetzt eine Mitgift.« »Offenbar ist Ihnen nicht klar, Ezra, was der Unterhalt dieses Mädchens kostet. Unterkunft, Essen, Kleider – in dieser Hinsicht stellt sie ziemlich hohe Ansprüche. Es ist fast nichts mehr übrig.« »Ich war bislang unter dem Eindruck, daß sie überhaupt kein Geld hat.« »Guter Gott. Wer würde denn einem Mädchen in ihrem Alter Geld in die Hand geben? Ich habe es für sie verwaltet.« »Dann hätten Sie ihr das auch mitteilen müssen«, meinte Ezra freundlich. »Miss Delahunty hat mich gebeten, mich von jetzt ab um ihre Angelegenheiten zu kümmern. Sie müssen jetzt nur noch eine Liste Ihrer Ausgaben aufstellen, die
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