Welch langen Weg die Toten gehen
an, schrecken aber nicht davor zurück, harte Entscheidungen zu treffen. Und Sie machen den gleichen Fehler kein zweites Mal. Allerdings gibt es Fehler, bei denen es fatal wäre, wenn man sie auch nur einmal machte. Wenn Sie sich die Referenzen jener ansehen, die vor Ihnen den glitschigen Mast erklommen haben, werden Sie feststellen, dass sie neben all den soeben aufgeführten Eigenschaften eines gemeinsam haben: Sie sind in der Lage zu erkennen, dass es Dinge gibt, die sie lieber nicht beurteilen sollten. Und diese Sache hier gehört eindeutig dazu. Es ist für Sie weder nötig, noch würde es Ihnen helfen, wenn man Ihnen die Wahrheit sagt. Ich habe eine Telefonnummer, die Sie anrufen können, dort wird man Ihnen bestätigen, was ich Ihnen hier mitteile, aber im Großen und Ganzen würde es Ihnen als Fehler angerechnet werden, wenn Sie diesen Anruf für nötig erachten. Lassen Sie uns deshalb als Freunde scheiden, damit ich mich wieder dem gleichmäßigen Tenor meines Pensionistendaseins überlassen kann und Sie sich dem geschäftigen Treiben der Kriminalermittlungen widmen können. Ich bin mir sicher, dort wartet Arbeit auf Sie, die Ihnen den lieben langen Tag ausfüllt.«
Sie hatten den Jaguar erreicht. Er öffnete die Tür und ließ sich hinter das Lenkrad gleiten, steckte den Zündschlüssel rein, sah zu Pascoe hoch und lächelte.
Guter Abgang, dachte sich Pascoe. Schweigen. Ich sehe ihm hinterher. Der Jaguar verschwindet auf der Straße. Ich schüttle den Kopf, als versuche ich wieder in der Wirklichkeit anzukommen, dann wende ich mich dem Cottage zu. Der Vorhang fällt. Brandender Applaus.
Er beugte sich zum offenen Fenster hinunter und sagte: »Sie haben ganz Recht. Ich bin mit der Arbeit weit im Rückstand, und jeden Tag landet Neues auf meinem Schreibtisch. Ich muss darüber Entscheidungen treffen, vor denen ich nicht zurückschrecke, obwohl ich, wie Sie sagten, froh um die Meinung anderer bin, bevor ich sie treffe. Was zum Beispiel wäre denn Ihre Meinung zu einem Fall wie diesem, der mir soeben untergekommen ist. Er betrifft eine Frau um die sechzig, die an multipler Sklerose leidet. Glücklicherweise erlebt sie im Moment eine Phase, in der es ihr besser geht, aber wenn die Symptome sich wieder verstärken, verschafft sie sich Linderung, indem sie Marihuana raucht. Nun ist mir natürlich bewusst, dass die gesetzlichen Vorschriften zum Marihuanagebrauch etwas gelockert wurden, noch lockerer wurde dazu die Haltung der Öffentlichkeit. Aber laut meinen Informationen baut diese Frau das Zeug selbst an, und möglicherweise in einer Menge, die ihren persönlichen Gebrauch weit übersteigt.«
Er hielt inne, zog fragend eine Augenbraue hoch und sah zu Waverley, der mit den Fingern noch immer den Zündschlüssel umfasst hielt.
»Und worum handelt es sich nun bei Ihrem Problem, Chief Inspector?«
»Wie soll ich vorgehen? Soll ich ein Team rufen, das das Haus dieser Frau durchsucht und ihren Garten umgräbt? Soll ich sie wegen Besitz, Anbau und möglicherweise Handel von Drogen anklagen? Sie wohnt unter Verhältnissen, die manchen als äußerst exzentrisch erscheinen mögen, unter anderem mit Wildvögeln, unter denen sich vielleicht sogar geschützte Arten befinden. Soll ich das Sozialreferat einschalten? Soll ich, wenn ihr Fall zur Sprache kommt, den Richter beiseite nehmen und ihm zuflüstern, dass ein offizielles psychologisches Gutachten vielleicht ganz nützlich wäre? Wird die Königliche Gesellschaft zum Schutz der Vögel Untersuchungen einleiten wollen? Und welche Schritte soll ich unternehmen, um das Grundstück der Frau vor dem aufdringlichen Interesse der Medien zu schützen? Ich bin an Ihrer Meinung sehr interessiert, Mr. Waverley.«
Jetzt lag im Blick des Mannes eine Kälte, die – wäre er denn wirklich Steuerfahnder gewesen – Pascoe dazu veranlasst hätte, alle Steuerunterlagen auf der Stelle zu verbrennen.
»Sie könnten es vor sich verantworten, das einer Frau anzutun, deren einziges Verbrechen darin besteht, dass sie krank ist und großen Wert auf ihre Privatsphäre legt?«
»Es wäre eine harte Entscheidung, aber nach allem, was Sie mir soeben erzählt haben, könnte es mir als ein Zeichen der Schwäche ausgelegt werden, wenn ich sie nicht treffe, was dann meine langfristigen Aussichten beeinträchtigen könnte.«
»Ich glaube nicht, dass Sie dazu in der Lage wären, Mr. Pascoe.«
»Wenn das so ist, auf Wiedersehen, Mr. Waverley.«
»Aber es ist ein Risiko, das ich nicht
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