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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Sie lustig machen sollen.« Er packte die Sachen auf dem Tisch zusammen.
    »Was haben Sie jetzt vor?«
    »Nach Hause gehen und mich umziehen, und anschließend fahre ich zu den Bootshäusern bei Chapman’s Pool. Aber ich schau heute nachmittag, bevor ich zu Harding fahre, noch mal bei Ihnen vorbei. Wie Sie vorhin so richtig bemerkten, muß ich noch Ihre Aussage zu Protokoll nehmen.« Er schwieg einen Moment. »Wir sprechen später ausführlich darüber, aber haben Sie irgendwas gehört, bevor er plötzlich auftauchte?«
    »Was zum Beispiel?«
    »Rutschendes Geröll?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur noch, wie still es war. Deshalb habe ich mich ja so erschrocken. Im einen Moment war ich noch ganz allein, und im nächsten kauerte er plötzlich vor mir auf dem Boden wie ein tollwütiger Hund. Es war wirklich unheimlich. Ich habe keine Ahnung, was er sich dabei gedacht hat, aber an der Stelle gibt es viel Gestrüpp und niedriges Gebüsch, deshalb bin ich sicher, er hat mich kommen gehört und sich geduckt, um nicht gesehen zu werden.«
    Er nickte. »Wie sahen seine Kleider aus? Waren sie naß?«
    »Nein.«
    »Schmutzig?«
    Sie schüttelte wieder den Kopf. »Er war unrasiert, aber schmutzig war er nicht.«
    Er stapelte das Bündel in der Klarsichtfolie, den Notizzettel und das Handy übereinander und nahm alles vom Tisch. »Okay. Ich nehme Ihre Aussage heute nachmittag auf.« Er sah sie einen Moment schweigend an. »Keine Sorge«, sagte er dann, »Harding kommt bestimmt nicht wieder.«
    »Das würde ich ihm auch nicht raten.« Sie ballte die Fäuste.
    »Ich auch nicht«, murmelte Ingram, während er ihr hastig auswich.
    »Sagen Sie, haben Sie zufällig Brandy zu Hause?«
    Die Frage kam so unvermittelt, daß er einen Moment überlegen mußte. »Ja«, sagte er vorsichtig, verkniff sich jedoch die Frage, warum sie das wissen wollte, weil er einen erneuten tätlichen Angriff befürchtete. In dem Schlag hatten wahrscheinlich vier Jahre zorniger Frustration gesteckt, und er wünschte, sie hätte sie an Harding ausgelassen und nicht ausgerechnet an ihm.
    »Könnten Sie mir mit einer Flasche aushelfen?«
    »Gern. Ich bringe sie auf der Fahrt nach Chapman’s Pool vorbei.«
    »Wenn Sie einen Moment warten, damit ich meiner Mutter Bescheid sagen kann, fahre ich gleich mit Ihnen. Zurück kann ich zu Fuß gehen.«
    »Braucht sie Sie denn nicht?«
    »In den nächsten ein, zwei Stunden sicher nicht. Das Schmerzmittel hat sie schläfrig gemacht.«
     
    Bertie lag vor der Haustür in der Sonne, als Ingram den Jeep vor seinem Gartentor abbremste. Maggie hatte Nicks kleines Haus nie betreten, aber der adrette Garten war ihr immer ein Dorn im Auge gewesen. Mit seiner akkurat geschnittenen Ligusterhecke und den militärisch aufgereihten Hortensien und Rosen vor den gelblichen Steinmauern des Hauses mußte er auf die weniger ordentlichen Nachbarn wie ein stummer Vorwurf wirken. Sie hatte sich oft gefragt, woher Ingram nur die Zeit nahm, zu jäten und zu harken, da er doch fast jede freie Stunde auf seinem Boot verbrachte, und hatte es in ihren kritischeren Momenten damit erklärt, daß er eben ein langweiliger Mensch war und sein Leben nach irgendeinem peniblen Schema einteilte.
    Der Hund hob den zotteligen Kopf und klopfte mit dem Schwanz auf die Fußmatte, ehe er sich träge hochrappelte und herzhaft gähnte.
    »Aha, dies ist also der Ort, wohin er immer verschwindet«, sagte sie. »Ich habe mich schon gewundert. Nur mal interessehalber - wie lange haben Sie gebraucht, um ihn abzurichten?«
    »Nicht lange. Er ist ein gescheiter Hund.«
    »Warum haben Sie sich überhaupt die Mühe gemacht?«
    »Weil er mit Leidenschaft Löcher gräbt und ich es satt hatte, mir meinen Garten ruinieren zu lassen«, antwortete er nüchtern.
    »Ach, du meine Güte«, sagte sie schuldbewußt. »Tut mir wirklich leid. Aber wissen Sie, auf mich hört er überhaupt nicht.«
    »Soll er das denn?«
    »Er ist mein Hund«, sagte sie.
    Ingram stieß die Autotür auf. »Haben Sie ihm das klargemacht?«
    »Aber ja, natürlich. Er kommt schließlich jeden Abend brav nach Hause.«
    Er griff nach hinten, um den Stapel Beweismaterial vom Rücksitz zu nehmen. »Ich habe nicht bezweifelt, daß er weiß, wohin er gehört«, sagte er. »Ich habe bezweifelt, ob Bertie weiß, daß er ein Hund ist. Bei Ihnen im Haus ist er doch der Boß. Er bekommt als erster sein Essen, er schläft auf Ihrem Sofa, er frißt von Ihrem Geschirr. Ich wette, Sie rücken sogar im Bett auf

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