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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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hatte - unerträglich sauber und unerträglich langweilig. Es gab nichts, was auf eine Persönlichkeit in diesem Haus hingewiesen hätte. Nur nichtssagende Wände, nichtssagende Teppiche, nichtssagende Vorhänge und nichtssagende Möbel und ab und zu ein Ziergegenstand auf einem Bord. Sie kam überhaupt nicht auf den Gedanken, daß er durch seine Arbeit an dieses Haus gebunden war, und selbst wenn, dann hätte sie dennoch kräftige Farbtupfer einer überragenden Individualität inmitten all dieser Uniformität erwartet.
    Er lachte. »Täusche ich mich, oder gefällt Ihnen das Modell nicht?«
    »Doch, doch. Es ist - äh -«
    »Niedlich?« meinte er.
    »Ja.«
    »Ich habe das Modell gebaut, als ich zwölf war.« Er hielt ihr seine großen Finger vors Gesicht. »Jetzt brächte ich das nicht mehr fertig.« Er zog seinen Schlips gerade. »Wie ist der Brandy?«
    »Sehr gut.« Sie ließ sich in einen Sessel fallen. »Hat genau die richtige Wirkung.«
    Er nahm ihr das leere Glas ab. »Wann haben Sie das letztemal Alkohol getrunken?«
    »Vor vier Jahren.«
    »Soll ich Sie nach Hause fahren?«
    »Nein.« Sie schloß die Augen. »Ich möchte schlafen.«
    »Wenn ich von Chapman’s Pool zurückkomme, schaue ich bei Ihrer Mutter vorbei«, versprach er und schlüpfte in seine Jacke. »Lassen Sie inzwischen Ihren Hund nicht auf mein Sofa. Das wäre für Sie beide nicht gut.«
    »Wieso, was würde denn passieren?«
    »Das gleiche, was passiert ist, als Bertie sich den Hintern an meinem Teppich abgewischt hat.«
     
    Obwohl wieder strahlender Sonnenschein herrschte, war Chapman’s Pool verlassen. Der Südwestwind hatte eine unangenehme Dünung aufgepeitscht, und nichts konnte die Leute so sicher von einem Besuch abhalten wie die Aussicht, beim schönsten Mittagessen seekrank zu weden. Carpenter und zwei Constables der Kriminalpolizei folgten Ingram von den Bootshütten zu einer Stelle an der felsigen Küste, die mit Treibholzstücken markiert war.
    »Mit Sicherheit werden wir es natürlich erst wissen, wenn wir das Video sehen«, sagte Carpenter, während er sich anhand der Beschreibung orientierte, die der Sergeant aus Dartmouth ihm von Hardings Aufenthaltsort gegeben hatte, »aber das hier scheint in etwa die Stelle zu sein. Er war zweifellos auf dieser Seite der Bucht.«
    Sie standen auf einer Felsplatte am Ufer, und er berührte mit der Schuhspitze einen kleinen Kieshaufen. »Und hier haben Sie das T-Shirt gefunden?«
    Ingram nickte. Er ging in die Hocke und tauchte seine Hand in das Wasser am Fuß des Felsens. »Aber es war fest eingeklemmt. Eine Möwe, die es rausziehen wollte, hat es nicht geschafft, und ich bin bei meinem Bergungsversuch klatschnaß geworden.«
    »Ist das von Bedeutung?«
    »Hardings Klamotten waren knochentrocken, als ich ihn gesehen habe, er kann also nicht des T-Shirts wegen zurückgekommen sein. Ich glaube, das hat tagelang hier gelegen.«
    »Hm.« Carpenter überlegte einen Augenblick. »Kann denn so ein Stück Stoff leicht zwischen Felsen hängenbleiben?«
    Ingram zuckte die Achseln. »Da kann alles mögliche hängenbleiben, wenn ein Krebs Gefallen daran gefunden hat.«
    »Hm«, meinte Carpenter wieder. »Gut. Wo ist nun dieser Rucksack?«
    »Es ist nur eine Vermutung, Sir, und eine ziemlich ausgefallene dazu.«
    »Ich höre.«
    »Tja, also, ich habe mir über das verdammte Ding tagelang den Kopf zerbrochen. Er wollte offensichtlich unter allen Umständen verhindern, daß ein Polizist den Rucksack zu sehen bekam, sonst hätte er ihn am Sonntag mit zu den Bootshütten runtergebracht.
    Er war auch nicht auf seinem Boot, als Sie es durchsucht haben - oder jedenfalls meiner Meinung nach nicht -, und daraus kann man, denke ich, schließen, daß er Angst hatte, der Rucksack könnte ihn belasten, und daß er ihn deshalb verschwinden lassen mußte.«
    »Ich glaube, da haben Sie recht«, sagte Carpenter. »Harding möchte uns glauben machen, daß er den schwarzen mithatte, den wir auf seinem Boot gefunden haben, aber der Sergeant aus Dartmouth sagte, der auf dem Video sei grün. Also, was hat er mit dem Rucksack getan? Und was will er verheimlichen?«
    »Das hängt davon ab, ob der Inhalt wertvoll für ihn war. Wenn nicht, wird er den Rucksack auf dem Rückweg nach Lymington ins Meer geworfen haben. Wenn ja, wird er ihn irgendwo deponiert haben, wo er nicht auffällt, um ihn bei Gelegenheit wieder abzuholen.« Ingram beschattete seine Augen gegen die Sonne und wies auf den Hang hinter den Männern. »Da oben ist

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