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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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nach Winfrith nahm Superintendent Carpenter sich Zeit zu einer Besprechung mit Nick Ingram. Er hatte fast die ganze letzte Stunde unablässig telefoniert, während Ingram und die beiden Kriminalbeamten die kleine Geröllawine und den vorgelagerten Strand nach weiteren Spuren abgesucht hatten, jedoch ohne Erfolg. Mit nachdenklichem Blick hatte er ihre Bemühungen beobachtet und sich dabei die Informationen, die man ihm durchgab, notiert. Es wunderte ihn nicht, daß die Männer nichts weiter fanden. Die Schilderung der Küstenwache, wie Leichen spurlos in der See verschwanden und niemals wiederauftauchten, hatte ihn gelehrt, daß das Meer ein Freund der Mörder war.
    »Harding wird um fünf aus dem Krankenhaus in Poole entlassen«, sagte er jetzt zu Ingram, »aber ich bin noch nicht zu einem Gespräch mit ihm bereit. Ich muß mir erst das Video ansehen und Tony Bridges vernehmen, ehe ich ihn mir vorknöpfe.« Er versetzte Ingram einen freundschaftlichen Schlag auf den Rücken. »Mit dem Lagerraum hatten Sie übrigens recht. Er hat eine Garage in der Nähe des Jachtklubs Lymington. John Galbraith fährt jetzt hin, um sie sich anzusehen. Ich habe eine Bitte an Sie, mein Junge - Sie müssen unseren Freund Steven Harding wegen des Angriffs auf Miss Jenner festnehmen und bis morgen früh auf Eis legen. Machen Sie’s unkompliziert - sorgen Sie dafür, daß er glaubt, er würde nur wegen tätlichen Angriffs festgenommen. Schaffen Sie das?«
    »Nur mit einer Aussage von Miss Jenner, Sir.«
    Carpenter sah auf seine Uhr. »Sie haben zweieinhalb Stunden Zeit. Nageln Sie sie fest. Sie darf auf keinen Fall einen Rückzieher machen, nur weil sie sich aus allem raushalten will.«
    »Ich kann sie nicht zwingen, Sir.«
    »Das verlangt auch keiner«, gab Carpenter gereizt zurück.
    »Und wenn sie nicht so entgegenkommend ist, wie Sie hoffen?«
    »Dann versuchen Sie’s mit Charme«, sagte Carpenter grimmig. »Ich habe festgestellt, daß das Wunder wirkt.«
     
    »Das Haus gehört meinem Großvater.« Bridges lotste Galbraith am Jachtklub vorbei und ließ ihn an der nächsten Ecke rechts abbiegen, in eine Querstraße mit hübschen freistehenden Einfamilienhäusern hinter niedrigen Hecken. Dies war der wohlhabendere Teil der Stadt, nicht weit entfernt vom Haus der Sumners am Rope Walk, und Galbraith ging auf, daß Kate Sumner auf ihrem Weg in die Stadt jedesmal an dem Haus von Bridges’ Großvater vorbeigekommen sein mußte. Er sah auch, daß Bridges aus ›guter Familie‹ stammen mußte, und fragte sich, was die Eltern wohl von ihrem rebellischen Sohn hielten und ob sie ihn je in seinem chaotischen Haus besucht hatten.
    »Mein Großvater lebt allein«, fuhr Bridges fort. »Er mag nicht mehr Auto fahren, darum überläßt er mir die Garage für mein Schlauchboot.« Er wies auf eine Einfahrt. »Da geht’s rein.« Er warf Galbraith einen Blick zu, als der Wagen in der kleinen Einfahrt anhielt. »Steves Sachen liegen hinten. Nur er und ich haben Schlüssel.«
    »Ist das von Bedeutung?«
    Bridges nickte. »Mein Großvater hat keine Ahnung, was in der Garage ist.«
    »Wenn es Drogen sind, wird ihm das nichts nützen«, versetzte Galbraith trocken und öffnete seine Tür. »Dann sind Sie alle dran, auch wenn Sie noch so blind, taub und stumm sind.«
    »Keine Drogen«, erwiderte Bridges mit Entschiedenheit. »Wir dealen nicht.«
    Galbraith schüttelte voll zynischer Ungläubigkeit den Kopf. »Sie könnten es sich nicht leisten, in diesen Mengen zu rauchen, wenn Sie nicht dealen würden«, sagte er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Das ist eine simple Tatsache. Von einem Lehrergehalt lassen sich solche Mengen Cannabis, wie Sie sie konsumieren, nicht finanzieren.«
    Die Garage stand abseits vom Haus, ungefähr zwanzig Meter zurückgesetzt. Galbraith betrachtete sie einen Moment, ehe er die Straße hinaufblickte, wo der Rope Walk abzweigte.
    »Wer kommt am häufigsten hierher?« fragte er beiläufig. »Sie oder Harding?«
    »Ich«, antwortete Bridges durchaus bereitwillig. »Ich hole ungefähr zwei-, dreimal die Woche mein Boot raus. Steve benutzt die Garage nur als Lagerraum.«
    Galbraith wies auf das kleine Gebäude. »Gehen Sie voraus.«
    Auf dem Weg zur Garage sah er an einem der oberen Fenster des Hauses eine Bewegung hinter den Gardinen, und er fragte sich, ob Großpapa Bridges wirklich so ahnungslos über die Vorgänge in seiner Garage war, wie sein Enkel glaubte. Die Alten, dachte er, sind weit neugieriger als die

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