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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Jungen.
    Er trat zurück, als Bridges die zweiflügelige Tür aufschloß und öffnete. Der vordere Teil der Garage wurde von einem dreieinhalb Meter langen orangefarbenen Schlauchboot auf einem Autoanhänger eingenommen, hinter dem ein ganzes Warenlager offensichtlich geschmuggelter Güter zum Vorschein kam - Türme von Kartons, auf denen klar und deutlich ›Vin de Table‹ stand; Paletten voller Stella Artois- Lagerbier, noch eingeschweißt; stangenweise Zigaretten, ordentlich auf Borden gestapelt. Sieh einer an, dachte Galbraith mit milder Belustigung. Erwartete Bridges allen Ernstes, er würde ihm glauben, daß der gute altmodische Schmuggel unter Ausfuhrverbot stehender Waren das größte Verbrechen sei, dessen er und sein Freund sich jemals schuldig gemacht hatten? Der Steinfußboden interessierte ihn mehr. Er wies an manchen Stellen noch Spuren von Feuchtigkeit auf, als wäre er vor kurzem mit einem Schlauch abgespritzt worden, und er fragte sich, was dabei weggespült worden war.
    »Was hat er denn mit dem ganzen Zeug vor?« fragte er. »Will er einen Laden aufmachen? Er dürfte ihm schwerfallen, den Zoll und die Steuerbehörden davon zu überzeugen, daß er das alles nur zum persönlichen Verbrauch gebunkert hat.«
    »Ach was, so schlimm ist es nun wirklich nicht«, protestierte Bridges. »Die Jungs in Dover bringen jeden einzelnen Tag weitaus mehr als das mit den Fähren rein. Die machen da das schnelle Geld. Das Gesetz ist ja auch absolut schwachsinnig. Ich meine, wenn die Regierung es nicht schafft, die Abgaben für Alkohol und Zigaretten auf europäischen Stand zu bringen, braucht sie sich doch nicht zu wundern, wenn Leute wie Steve ein bißchen schmuggeln. Ist doch logisch. Alle tun’s. Man fährt nach Frankreich, und schon ist die Versuchung da. So einfach ist das.«
    »Und wenn man erwischt wird, landet man im Knast. So einfach ist das«, gab Galbraith mit grimmigem Spott zurück. »Wer finanziert ihn? Sie?«
    Bridges schüttelte den Kopf. »Er hat jemanden in London, der ihm das Zeug abkauft.«
    »Dort bringt er es also von hier aus hin?«
    »Er leiht sich einen Lieferwagen von einem Kumpel und transportiert das Zeug ungefähr alle zwei Monate nach London.«
    Galbraith fuhr mit dem Finger durch den Staub auf einem aufgeschlitzten Karton und klappte den Deckel auf. Alle Kartons, die direkt auf dem Boden standen, hatten unten Wasserränder.
    »Wie schafft er die Sachen von seinem Boot an Land?« fragte Galbraith. Er zog eine Flasche roten Tischwein aus dem Karton und las das Etikett. »Ich nehme an, mit dem Schlauchboot, sonst würde es auffallen.«
    »Solange es nicht wie ein Karton Wein aussieht, gibt’s überhaupt kein Problem.«
    »Wie sieht es denn dann aus?«
    Bridges zuckte die Achseln. »Wie irgendwas Alltägliches. Müllsäcke, schmutzige Wäsche, Bettzeug. Wenn er ein Dutzend Flaschen in Socken steckt, damit sie nicht scheppern, und sie dann in seinen Rucksack packt, merkt kein Mensch was. Die sind’s gewöhnt, daß er Zeug von seinem Boot hin und her schleppt - das praktiziert er schon lange genug. Manchmal legt er auch an einem Ponton an und benutzt einen Gepäckwagen vom Jachthafen. Da stapeln die Leute immer alles mögliche drauf, wenn das Wochenende vorbei ist. Wenn man ein paar Paletten Stella Artois in einen Schlafsack stopft, wer soll da schon was merken? Außerdem interessiert das sowieso niemanden. Die decken sich doch alle in den Supermärkten in Frankreich ein, bevor sie gen Heimat dampfen.«
    Galbraith schätzte die Anzahl der vorhandenen Weinkartons. »Hier stehen um die sechshundert Flaschen Wein. Es würde Stunden dauern, sie zu befördern, wenn er immer nur ein Dutzend auf einmal mitnimmt, ganz zu schweigen von dem Bier und den Zigaretten. Wollen Sie im Ernst behaupten, daß sich noch nie jemand darüber gewundert hat, wieso er dauernd mit einem Rucksack in seinem Schlauchboot hin und her schippert?«
    »So macht er das nur mit kleinen Mengen. Bei großen Ladungen geht er anders vor. Ich wollte nur darauf hinweisen, daß es nicht so schwierig ist, wie Sie offenbar glauben, das Zeug vom Boot zu schaffen. Das meiste entlädt er nachts. An der Küste gibt’s Hunderte von Orten, wo man entladen kann, vorausgesetzt es holt einen jemand ab.«
    »Sie zum Beispiel?«
    »Manchmal«, gab Bridges zu.
    Galbraith drehte sich um und musterte das Boot auf dem Anhänger. »Fahren Sie dann mit dem Schlauchboot raus?«
    »Manchmal.«
    »Er ruft Sie also von seinem Handy aus an und sagt,

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