Wellenbrecher
eine Touristin?«
»Vermutlich.« Maggie reichte ihr eine Tasse. »Nick hätte sicher was gesagt, wenn sie eine Einheimische gewesen wäre.«
»Typisch!« schimpfte Celia ärgerlich. »Und jetzt kann Dorset für den Hubschrauber bezahlen, nur weil irgendeine dumme Person aus einem anderen Bezirk nie richtig schwimmen gelernt hat. Ich hätte nicht übel Lust, meine Steuern einzubehalten.«
»Das tust du doch sowieso schon«, sagte Maggie bei dem Gedanken an die vielen Mahnungen auf dem Schreibtisch im Wohnzimmer.
Ihre Mutter ignorierte die Bemerkung. »Wie ging es Nick?«
»Er hat vor allem geschwitzt«, antwortete Maggie. »Und in Hochstimmung war er auch nicht gerade.« Sie starrte in ihren Tee und versuchte allen Mut zusammenzunehmen, um das leidige Geldproblem zur Sprache zu bringen, oder genauer gesagt die Tatsache, daß ihre Einnahmen aus ihrem Reit- und Mietstall nicht ausreichten. »Wir müssen uns mal über den Stall unterhalten«, sagte sie abrupt.
Celia ließ sich nicht darauf ein. »Du wärst auch nicht in Hochstimmung gewesen, wenn du gerade eine Ertrunkene gesehen hättest.« Sie schlug einen leichten Plauderton an, ein Zeichen dafür, daß nun eine Reihe von Anekdoten folgen würde. »Ich habe mal eine Leiche im Ganges treiben sehen, als ich mit meinen Eltern in Indien war. Es war in den Sommerferien. Ich glaube, ich war damals ungefähr fünfzehn. Es war ein grauenvoller Anblick, ich hatte danach noch wochenlang Alpträume. Meine Mutter sagte...«
Maggie schaltete ab und konzentrierte sich auf ein langes schwarzes Haar am Kinn ihrer Mutter, das darauf wartete, ausgezupft zu werden. Es zuckte aggressiv, wenn sie sprach, ähnlich wie die Haare an Berties Schnauze, aber ihr Verhältnis war nie so gut gewesen, daß Maggie ihr so etwas hätte sagen können. Celia war mit ihren dreiundsechzig Jahren immer noch eine gutaussehende Frau. Sie hatte das gleiche dunkelbraune Haar wie ihre Tochter, wenn auch getönt, doch die Sorgen um ihre finanzielle Situation hatten tiefe Spuren um Mund und Augen hinterlassen.
Als Celia endlich innehielt, um Luft zu holen, kam Maggie sofort auf ihr Anliegen zurück. »Ich habe die Einnahmen vom letzten Monat zusammengerechnet«, sagte sie, »und uns fehlen ungefähr zweihundert Pfund. Hast du Mary Spencer-Graham wieder die Zahlung erlassen?«
Celias Mund wurde schmal. »Wenn, dann ist das meine Angelegenheit.«
»Nein, das ist es nicht, Ma«, entgegnete Maggie seufzend. »Wir können uns keine Wohltätigkeit leisten. Wenn Mary nicht bezahlt, können wir uns auch nicht um ihr Pferd kümmern. So einfach ist das. Es wäre vielleicht nicht ganz so schlimm, wenn wir von ihr nicht sowieso schon das absolute Minimum verlangten, aber was sie bezahlt, reicht mit Müh und Not für Moondusts Futter. Du mußt ihr gegenüber wirklich ein bißchen härter sein.«
»Wie soll ich das denn machen? Sie ist beinahe genauso schlecht dran wie wir, und das durch unsere Schuld.«
Maggie schüttelte den Kopf. »Das stimmt nicht. Sie hat zehntausend Pfund verloren, eine Lappalie im Vergleich zu unserem Verlust, aber sie weiß genau, daß sie bei dir nur auf die Tränendrüse zu drücken braucht. Du fällst jedesmal wieder darauf rein.« Mit einer ungeduldigen Bewegung wies sie zum Flur und zum Wohnzimmer auf der anderen Seite. »Wir können unsere Rechnungen nicht bezahlen, wenn wir kein Geld einnehmen, und das heißt, daß wir entweder auf der Stelle alles Matthew übergeben und in eine Sozialwohnung ziehen können oder daß du mit dem Hut in der Hand zu ihm gehst und um Unterstützung bettelst.« Sie zuckte hilflos die Achseln bei dem Gedanken an ihren Bruder. »Wenn ich auch nur die geringste Hoffnung hätte, daß es etwas bringen würde, würde ich selbst zu ihm gehen, aber wir wissen ja beide, daß er mir die Tür vor der Nase zuschlagen würde.«
Celia lachte bitter. »Wieso glaubst du, bei mir wäre es anders? Seine Frau kann mich doch auf den Tod nicht leiden. Niemals wäre sie dazu bereit, ihrer Schwiegermutter und Schwägerin ein, wie sie es nennen würde, Luxusleben zu finanzieren, wo sie uns doch am liebsten arm wie die Kirchenmäuse sähe.«
»Ich weiß«, sagte Maggie schuldbewußt, »und es geschieht uns recht. Wir hätten bei der Hochzeit wirklich nicht so gemein zu ihr sein dürfen.«
»Wie denn?« fragte Celia scharf. »Sogar der Pfarrer hätte fast einen Herzinfarkt bekommen, als er sie sah.«
In den Augen ihrer Tochter blitzte Erheiterung auf. »Gott, diese grünen
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