Wellenbrecher
halte) womöglich nicht auf ein Ergebnis aus jüngerer Zeit zurückzuführen ist, dennoch kann ich nur wiederholen, daß dieses Kind zu seinem eigenen Wohl ständig beobachtet werden muß . Ohne eine solche Überwachung halte ich es für wahrscheinlich, daß Hannah psychische, emotionale und körperliche Verwahrlosung drohen, da William Sumner (der Vater) eine unreife Persönlichkeit ist, unfähig, seiner Vaterrolle gerecht zu werden, und seiner Tochter wenig Zuneigung entgegenzubringen scheint.
Dr. Janet Murray
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Steven Harding wurde am Mittwoch, dem 13. August 1997, wieder auf freien Fuß gesetzt, nachdem der Haftrichter es mangels Beweisen abgelehnt hatte, einem Antrag der Polizei auf Untersuchungshaftverlängerung stattzugeben. Harding wurde jedoch mitgeteilt, daß sein Wagen und sein Boot »bis auf weiteres« beschlagnahmt bleiben würden. Ferner wurde ihm unter Strafandrohung zur Auflage gemacht, im Haus von Anthony Bridges in der Old Street 23 in Lymington Wohnung zu nehmen und sich täglich bei der Polizeidienststelle Lymington zu melden.
Auf Anraten eines Anwalts hatte er eine detaillierte Aussage über seine Beziehung zu Kate Sumner und seine Aktivitäten am Wochenende des 9. und 10. August zu Protokoll gegeben, die allerdings nicht viel Neues enthielt. Das Vorhandensein der Fingerabdrücke von Kate Sumner und ihrer Tochter sowie von Hannahs Schuhen auf seinem Boot erklärte er wie folgt:
›Sie kamen im März einmal an Bord, als ich das Boot ins Trokkendock hatte schaffen lassen, um es zu reinigen und den Rumpf neu zu lackieren. Die Crazy Daze lag in der Berthon-Werft auf einem hölzernen Stapelschlitten, und als Kate sah, daß ich ihr nicht entkommen konnte, weil ich den Anstrich fertigmachen mußte, kreuzte sie ständig im Dock auf. Sie stand rum, kam mir dauernd bei der Arbeit in die Quere und ging mir ganz allgemein auf die Nerven. Am Ende erlaubte ich ihr und Hannah, nur um sie endlich loszuwerden, die Leiter hinaufzuklettern und sich auf dem Boot umzusehen, während ich unten blieb. Ich sagte ihnen, sie sollten ihre Schuhe ausziehen und sie im Cockpit stehenlassen. Als sie wieder herunterkommen sollten, erklärte Kate plötzlich, Hannah käme mit der Leiter nicht zurecht, und reichte mir die Kleine statt dessen hinunter. Ich setzte Hannah in ihren Buggy und schnallte sie an, aber ich habe nicht bemerkt, ob sie Schuhe trug oder nicht. Ehrlich gesagt, ich sehe sie am liebsten überhaupt nicht an. Sie ist mir unheimlich. Sie hat nie ein Wort mit mir gesprochen, sondern immer nur durch mich hindurchgestarrt, als wäre ich gar nicht da. Einige Tage später fand ich im Cockpit ein Paar Kinderschuhe. Auf den Riemen stand ›H. Sumner‹. Selbst wenn die Schuhe zu klein sind, um diejenigen zu sein, die Hannah an dem betreffenden Tag trug, weiß ich einfach keine andere Erklärung für ihr Vorhandensein auf meinem Boot.
Ich wußte natürlich, wo die Sumners wohnten, aber ich brachte Hannahs Schuhe nicht zurück, weil ich überzeugt war, Kate hätte sie mit Absicht an Bord zurückgelassen. Ich mochte Kate Sumner nicht und hatte keine Lust, mit ihr in ihrem Haus allein zu sein. Ich wußte, daß sie in mich verliebt war, aber ich hatte kein Interesse an ihr. Sie war eine ganz merkwürdige Frau, und es machte mich wahnsinnig, daß sie mich einfach nicht in Ruhe lassen wollte. Ich kann ihr Benehmen nur als ständige Belästigung beschreiben. Immer wenn ich hier war, trieb sie sich beim Jachtklub herum und wartete, bis ich in meinem Beiboot kam und an Land ging. Meistens stand sie nur da und beobachtete mich, aber manchmal stieß sie ganz bewußt mit mir zusammen und drückte ihre Brüste gegen meinen Arm. Mein Fehler war, daß ich eine Einladung ihres Mannes in ihr Haus annahm, und zwar kurz nachdem sie mich Ende letzten Jahres bei einem zufälligen Zusammentreffen auf der Straße mit ihm bekannt gemacht hatte. Ich glaube, da ging das ganze Theater los. Ich habe zu keiner Zeit auch nur die geringste Neigung verspürt, auf ihre Annäherungsversuche einzugehen.
Einige Zeit später, Ende April, glaube ich, hatte ich gerade am Tankponton angelegt und wartete auf den Mann, der die Pumpe bedient, als Kate und Hannah über den ›C‹-Ponton auf mich zukamen. Kate sagte, sie hätte mich lange nicht gesehen, hätte jedoch die Crazy Daze entdeckt und plötzlich Lust auf einen kleinen Schwatz bekommen. Sie und Hannah kamen unaufgefordert an Bord, was mich ärgerte. Ich schlug Kate vor, sie solle in die
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