Wellenbrecher
Kabine gehen, um Hannahs Schuhe zu holen, die auf dem Bord standen. Ich wußte, daß dort ein paar Kleidungsstücke von anderen Frauen herumlagen, und wollte gern, daß Kate sie sah. Ich hoffte, sie würde dann endlich begreifen, daß ich nicht an ihr interessiert war. Sie ging auch bald danach wieder, und als ich später in die Kabine kam, sah ich, daß sie Hannah die schmutzige Windel abgenommen und die ganze Bescherung auf dem Bett verschmiert hatte. Die Schuhe hatte sie auch wieder dagelassen. Ich bin überzeugt, sie hat beides absichtlich getan, um mir zu zeigen, daß sie wütend wegen der Dessous der anderen Frauen war.
Kate Sumners Belästigungskampagne begann mich wirklich ernsthaft zu beunruhigen, als sie herausfand, wo ich meinen Wagen parkte, und sich daranmachte, die Alarmanlage auszulösen, um Tony Bridges und seine Nachbarn gegen mich aufzubringen. Ich habe zwar keinen Beweis dafür, daß Kate die Schuldige war, aber ich bin überzeugt, daß sie es war, weil der Griff an der Fahrertür meines Autos immer wieder mit Kot beschmiert war. Ich habe mich damals nicht mit meinem Verdacht an die Polizei gewandt, weil ich befürchtete, daß ich dann noch mehr mit der Familie Sumner zu tun bekommen würde. Statt dessen habe ich mir irgendwann im Juni William Sumner vorgeknöpft und ihm Fotos von mir in einer Schwulenzeitschrift gezeigt. Ich wollte, daß er seiner Frau erzählt, ich wäre schwul. Mir war klar, daß das ziemlich seltsam wirken mußte, nachdem ich Kate kurz vorher noch mit der Nase darauf gestoßen hatte, daß ich auf der Crazy Daze öfter mal Freundinnen zu Besuch habe, aber ich wußte mir wirklich nicht mehr anders zu helfen. Einige der Fotos waren ziemlich drastisch, und William Sumner war schockiert. Ich weiß nicht, was er seiner Frau erzählt hat, aber zu meiner großen Erleichterung hörte sie prompt auf, mich zu belästigen.
Ich habe sie seit Juni vielleicht fünfmal auf der Straße gesehen, habe aber bis zu jenem Samstagmorgen, dem 9. August, als es keine Möglichkeit gab, ihr aus dem Weg zu gehen, kein Wort mit ihr gewechselt. An dem Samstag stand sie draußen vor dem Supermarkt, und wir begrüßten einander. Sie erzählte mir, sie sei auf der Suche nach Sandalen für Hannah, und ich sagte, ich hätte es eilig, weil ich übers Wochenende nach Poole segeln wollte. Das war die ganze Unterhaltung. Danach habe ich sie nicht wiedergesehen. Ich gebe zu, daß mich die ständigen Belästigungen wütend gemacht haben und daß ich eine starke Abneigung gegen die Frau entwickelte, aber ich habe keine Ahnung, wie es zu ihrem Tod kam.‹
Eine eingehende Vernehmung Tony Bridges’ bestätigte diese Aussage. Wie Sergeant Campbell geahnt hatte, war Bridges der Polizei von Lymington als Cannabiskonsument bekannt, aber man sah dieses Vergehen mit einiger Toleranz. »Seine Nachbarn beschweren sich ab und zu, wenn bei ihm eine laute Party steigt, aber es ist der Alkohol, der sie zu Krawallbrüdern macht, nicht das Marihuana, und das begreifen allmählich sogar die Rentner.« Sehr viel überraschender war die Entdeckung, daß er außerdem an einem örtlichen Gymnasium Chemie unterrichtete und als Lehrer durchaus Ansehen genoß.
»Was Tony in seinen vier Wänden treibt, ist seine Angelegenheit«, erklärte der Schuldirektor. »Es ist nicht meine Aufgabe, außerhalb der Unterrichtszeiten die Moral meiner Kollegen zu überwachen. Wenn es so wäre, würde ich wahrscheinlich einige meiner besseren Leute verlieren. Tony ist ein engagierter Lehrer, der es versteht, Kinder für ein schwieriges Fach zu begeistern. Ich habe eine Menge für ihn übrig.«
›Ich kenne Steven Harding seit achtzehn Jahren. Wir sind zusammen zur Schule gegangen und seither befreundet. Wenn sein Boot kaputt ist oder im Winter, wenn es an Bord zu kalt für ihn ist, übernachtet er immer bei mir. Ich habe seine Eltern gut gekannt, aber seitdem sie 1991 nach Cornwall umgezogen sind, habe ich sie nicht mehr gesehen. Steve ist vor zwei Jahren mal nach Falmouth gesegelt, aber sonst war er, glaube ich, nie in Cornwall. Sein Leben spielt sich zwischen seiner Wohnung in London und seinem Boot in Lymington ab.
Er hat mir in diesem Jahr mehr als einmal erzählt, daß er Probleme mit einer Frau namens Kate Sumner hätte, die ihm ständig auflauerte. Er bezeichnete sie und ihr Kind als äußerst merkwürdig und sagte, sie wären ihm nicht geheuer. Eine Zeitlang ging dauernd die Alarmanlage an seinem Auto los, und er war überzeugt, daß Kate
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