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Weltenende (German Edition)

Weltenende (German Edition)

Titel: Weltenende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Caspari
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kurzes Stück Wald, wo es noch schwieriger war gleichmäßige Schritte zu machen, und weiter auf die Wiese dahinter, die ehedem eine Viehweide gewesen sein musste, denn das Gatter war noch da, wenn auch löchrig und verfallen.
    „Wem gehört der Grund hier?“ , fragte Carl. Er war noch nie hier gewesen.
    „Der Kirche. Wir haben es bi s in die neunziger Jahre an Marot verpachtet, aber der wollte nicht mehr. Er hat damals die Felder der verstorbenen Herrmann aufgekauft und das genügt ihm bis heute. Wir halten den Boden, falls der Friedhof erweitert werden muss.“
    „Das wäre aber viel Platz für sehr viele Tote.“
    „Man weiß nie“, sagte Ludwig schwermütig.
    Jonas zählte die letzten Zahlen laut: „92 … 94 … 95. Jetzt wieder nach Osten. 28 Schritte!“ Aber auch dort waren sie immer noch auf dem Feld und vier Süd änderte daran nicht viel.
    „Ach, Jonas, das war wohl nichts“, sagte Carl enttäuscht.
    „Vielleicht waren doch Meter gemeint. Dann war die Schrittlänge eben falsch. Wir müssen uns umsehen“, entgegnete Jonas.
    „Nein, Jonas, denk nach! Es ist eine Prophezeiung. Sie muss einfach richtig sein.“
    Jonas dachte nach und siedend heiß fiel es ihm ein. „Vom Altar!“, rief er und rannte los.
    Carl folgte Jonas schwerfällig und sie wiederholten das ganze Spiel mit neuem Ausgangspunkt und dieses Mal war Jonas noch mehr davon überzeugt Recht zu haben.
    Abermals kamen sie auf der Wiese heraus und sahen Ludwig am Waldrand stehen. Jonas zählte die letzten Schritte und kam exakt bei ihm heraus. „Wieso bist du hier? Hast du was gefunden?“
    „Na ja, du hast vor der Tür angefange n. Unser Kirchenschiff ist achtunddreißig Meter lang, bis zum Altar ungefähr sechsunddreißig, also bin ich sechsunddreißig Meter nach Norden gegangen.“
    Jonas grinste. „Warum hast du nichts gesagt?“
    „Ihr seid so schön gerannt.“
    „Aber hier ist nichts“, stellte Carl fest.
    Ludwig stampfte mit dem Fuß auf. Es klang metallen und hohl. Mit dem Schuh kehrte er die Tannennadeln von einer verrosteten Luke aus Stahl. „Ich vermute, das gehört zu den alten Bunkeranlagen aus dem Weltkrieg“, sagte er.
    „ Sollen die nicht alle abgerissen worden sein? Jedenfalls erinnere ich mich, dass der Rabe das so erzählt hätte.“
    „Jonas, der war Lehrer … Nicht alles, was die sagen, muss stimmen?!“, entgegnete Ludwig.
    „Das lass die mal nicht hören.“
    „Du meinst, es gibt noch mehr?“, fragte Carl, der versuchte einen Griff oder einen Öffnungsmechanismus zu entdecken.
    „ Das weiß ich nicht, aber im Kirchenarchiv gibt es Pläne aus der Nachkriegszeit. Der Keller unter dem Pfarrhaus war Teil einer solchen Anlage und wurde auch nicht abgerissen. Ich weiß natürlich nicht, was sonst noch übrig ist, sicherlich wurde das meiste entfernt, aber so groß, wie das Ganze war, kann man sicher davon ausgehen, dass manche Teile nur verschlossen wurden. – Jonas, mach langsam!“
    Jonas hatte sich gebückt und wischte wie verrückt den Rest der feuchten Tannennadeln und Erde von der Klappe, doch einen sichtbaren Verschlussmechanismus gab es an der ganzen Klappe nicht und rundherum schloss sich Beton an, der wie ein Kanalzugang nach oben ragte.
    „Wir haben was gefunden, das finde ich toll, versteht mich nicht falsch, aber ist es wirklich klug, einfach dort runter zu steigen? Es deutet doch alles daraufhin, dass die Ombrage auf uns wartet“, fragte Carl.
    „Vielleicht finden wir auch das Versteck des Buchs?! Ich weiß nur, dass uns nichts anderes übrig bleibt“, zischte Jonas und stand auf. „Wir brauchen Werkzeug. Mit was macht man so etwas auf?“
    „Ein Breche isen und vielleicht ein Bolzenschneider oder eine Metallsäge, falls wir eine Art Riegel finden. Auf dem Hof haben wir alles“, entgegnete Carl.
    „Das habe ich alles im Pfarrhaus. Das ist näher. Mein Vorgänger war ein richtiger Heimwerker.“
    Der Regen setzte wieder stärker ein, aber sie waren ohnehin schon bis auf die Haut durchnässt. Carls Hinken war schlimmer geworden und er setzte sich, als sie das Pfarrhaus erreichten, sehr schwerfällig auf einen der Küchenstühle.
    Von Ludwig traf ihn ein mitleidiger Blick. „Zieh dein Hemd aus!“, befahl er und warf seinen Regenmantel über einen Stuhl.
    Nur widerwillig zog Carl das Hemd hoch. Als er den rechten Arm höher als die Schulter heben wollte, zuckte er sc hmerzhaft zusammen. „Du musst zu Dr. Haubenthal“, sagte Ludwig.
    „Nein, dazu ist keine Zeit; wir müssen da

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