Weltenende (German Edition)
Haus “, entschied Barney. „Sie kann jeden Augenblick wiederkommen, so spät ist es noch nicht. Und wir werden herumtelefonieren.“
„Barney!“ Jetzt war Fanny ernstlich sauer.
„Schatz, wo sollen sie denn suchen? Die brauchen bis in den Ort schon zwanzig Minuten und dann sollen sie an jeder Haustür klingeln? Außerdem willst du die Jungs in Gefahr bringen? Das ist doch Unsinn. Wir rufen jetzt jeden an, den Mathilda auf der Insel kennt, und dann wissen wir bestimmt, wo sie ist oder gewesen war, und wir fahren mit dem Traktor hin oder lesen sie auf dem Weg auf.“
Carl öffnete trotzdem die Tür. „Ich gehe in die Scheune und schau vom Speicher auf die Straß e. Vielleicht kann ich sie sehen.“
Fanny nickte und ging ins Wohnzimmer an den Telefonapparat. Nur ein paar Sekunden später hörte Jonas das Rattern des Alphabetregisters, das sie einstellte, bevor das Kästchen aufschnarrte. Barney setzte sich ans Funkgerät. Jonas wusste nicht so recht, was er tun sollte, und ging hoch ins Turmzimmer. Marie trottete hinter ihm her.
„Was willst du?“ , erkundigte er sich.
„Meinst du Oma ist irgendetwas passiert?“ Marie s Stimme klang weinerlich. Früher hatte sie oft so geklungen.
„ Ich glaube nicht, Marie. Sie kann auf sich aufpassen. Sie verspätet sich nur. Fanny regt sich nur so auf, weil … wegen der Vorfälle im Ort eben.“
Jonas öffnete die Schublade am Nachttisch und ste ckte, so dass Marie es nicht sehen konnte, den Dolch und den Ring in die Hosentasche. Es war sicher besser, wenn er die Dinge bei sich trug. Wer wusste schon, was noch passieren würde. Dann setzte er sich aufs Bett und Marie setzte sich neben ihn. Jonas legte den Arm um seine Cousine und drückte sie kurz. „Alles wird gut“, versicherte er ruhig.
„Bist du sicher?“
„Ja.“
„Warum bist du so sicher?“
„Vertraust du mir?“
„Ja“, antwortete Marie.
„Dann mach das jetzt auch.“
„ Ich habe Mama gefragt, warum Oma dich geschlagen hat.“
„Und was hat Fanny gesagt?“
„Sie meint e, ich solle das vergessen, aber ich will wissen, warum sie es getan hat. Du hast doch nichts Schlechtes gemacht?“
Jonas räusperte sich. „Sie hatte Angst um mich und was ich getan hatte, war schon ein wenig gefährlich.“
„Warum hast du es dann getan?“
„Hast du noch nie etwas Unüberlegtes getan?“
„ Mom sagt immer, dass du immer weißt, was du tust.“
Jonas schmunzelte. „Ich bin sechzehn. Mit sechzehn weiß man nicht imm er, was man tut. Komm, wir schauen, ob sie etwas herausgefunden haben, oder Carl hat sie schon entdeckt.“
Aber es gab nichts N eues. Carl war wieder da, Fanny telefonierte noch immer und Barney trat mit einem Whiskeyglas hinter Carl und Jonas ans Fenster. „Habt ihr irgendeine Ahnung, wo sie steckt?“, flüsterte er leise.
„Nein, e s hat wirklich nicht alles mit mir zu tun, was hier auf der Insel schief geht“, antwortete Jonas.
„ Wir können sie suchen gehen“, bot Carl wieder an und diese Mal überlegte Barney einige Augenblicke länger.
„Zu dritt wird das auch nicht viel bringen. Sie geht gerne spazieren, sie hat keinen Platz auf der Insel, wo sie vorzugsweise hingeht, jedenfalls nicht dass ich davon wüsste, und alte Freunde, von denen sie hier auf der Insel genug hat, hat sie offenbar auch nicht besucht. Fanny bleiben kaum noch Nummern.“
„Was ist mit der Polizei?“
„Die sucht keine Leute, die gerade mal …“, Barney schaute auf die Uhr, „mein Gott, vier Stunden vermisst werden, vielleicht übertreiben wir es auch.“
Sie setzten sich auf die Couch und hörten Fanny beim Telefonieren zu. Jonas versuchte zu erraten, mit wem sie sprach, aber wenn sie nicht gerade den Namen erwähnte, war es schwierig. Er war viel zu selten auf der Insel, um es aus Tonfall oder aufgrund von Anspielungen darauf schließen zu können. Den ein oder anderen kannte er wahrscheinlich nicht mal.
Nach dem letzten Anruf sprang Fanny auf. „Was machen wir jetzt, Barney?“ , rief sie panisch.
„Wir warten noch ein bisschen. Es ist doch noch nicht einmal wirklich spät.“
„Ich werde eine Kanne Tee kochen“, sagte Carl und verschwand in der Küche.
„Ich geh noch mal gucken, ob ich sie sehe“, sagt e Jonas. Es war ihm unangenehm mit Barney alleine zu sein, hatte er doch das Gefühl, dass er irgendetwas von ihm erwartete. Draußen lief er in die Scheune und stieg die knarzende Holzleiter hinauf in den Schoberraum. Das viele Heu und das Stroh juckten in seiner Nase.
Weitere Kostenlose Bücher