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Weltenende (German Edition)

Weltenende (German Edition)

Titel: Weltenende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Caspari
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Durch die große Klappe konnte man den ganzen westlichen Teil der Insel überblicken. Er hätte auch auf die Dachterrasse gehen können, aber daran hatte er nicht gedacht. Das Licht des Leuchtturms schweifte über das Land, berührte Bäume und Häuser, Wiesen und Wasser und der Fahrweg verlief als deutlich zu erkennender heller Strich durch die Landschaft. Zwei dunkle Gestalten waren auf dem Weg in Richtung Leuchtturm unterwegs, ungefähr auf der Höhe von Marots Hof, doch das war nicht Mathilda, da war Jonas sicher.
    „Kannst du sie nicht finden?“ Jonas zuckte erschrocken zusammen. Carl war die Leiter heraufgekommen, ohne dass Jonas das Knarzen gehört hätte.
    „Nein.“
    „Kein Voodoo?“
    „ Dieses Voodoo geht nicht immer und überall und schon gar nicht für jeden Zweck.“
    „ Ich bin sicher, dass es etwas mit der Sache zu tun hat.“
    „Ich habe keine Ahnung. Ich denke an Igby“, antwortete Jonas.
    „Warum ?“
    „ Er gehört zur Ombrage. Er war zu einem bestimmten Zweck bei uns. Ich frage mich, ob er gefunden hat, was er gesucht hat.“
    „Und jetzt die Sache mit Oma. Kennst du die Geschichte vom Henje, der über die Insel wandeln soll?“ Carl wartete nicht auf Jonas Antwort. „Seine Mutter ist hinausgefahren zum Fischen, wurde vom Sturm überrascht und Henje sucht sie. Der Kleine läuft selbst hinaus, verläuft sich und stirbt im Unwetter auf der Insel, vom Blitz erschlagen oder von der Klippe gestürzt, man weiß es nicht. Seine Mutter kehrt auf einer Planke schwimmend zurück. Seitdem läuft Henje jede Nacht über die Insel von West nach Ost und wieder zurück und er steht oben auf den Klippen und guckt aufs Meer.“
    „ Auf was willst du hinaus?“, fragte Jonas.
    „V ielleicht will man uns hinauslocken?!“
    „Und ein Sturm bricht über uns herein.“
    „Symbolisch gesehen.“
    Jonas dachte nach, versuchte zu erg ründen, was sein Herz ihm riet. Und Carl hatte Recht. Er spürte, dass er hier auf dem Hof bleiben sollte, auch wenn er sich feige fühlte, wenn er das tat, denn helfen wollte er. Nichts tun war nicht seine Art.
    Si e gingen wieder ins Haus. Barney funkte mit einem Fischer vom Festland und mit dem Bürgermeister, der sogar über die schlechte Funkverbindung verschlafen klang.
    Jonas holte sich ein Buch und entfachte eine Diskussion darüber, wie er jetzt nur lesen konnte. „Wenn ich sie nicht suchen soll, dann muss ich mich ablenken“, erklärte er und hoffte inständig, dass Mathilda jetzt gleich durch die Tür kommen würde. Carls Tee stand unangerührt auf dem Tisch.
    „Die Zeit geht nicht schneller herum, wenn wir nur herumsitzen“, meinte Barney und holte sich die Tageszeitung an den Tisch.
    „Fahr doch mal in den Ort“, forderte Fanny.
    „Wenn ich jetzt mit dem Traktor herumfahre, hetze ich das ganze Dorf auf.“
    Fanny wollte, dass Marie ins Bett ging, doch Marie weigerte sich einfach. Sie saß trotzig auf der Couch und spielte verlegen mit den Kordeln ihrer Weste.
    Es war kurz nach Mitternacht, als Carl in sein Zimmer ging, um sich eine Weste zu holen. Er kam mit einem breiten Grinsen zurück. „Wie kommt ihr eigentlich darauf, dass Mathilda weg ist?“, fragte er.
    „Wie meinst du das?“
    Fanny sprang auf. „Sie ist ...?“ Carl nickte. „Diese alte Hexe wird was zu hören bekommen. Wir machen uns ...“
    „Fanny, beruhig dich!“ Barney musste lachen.
    „Was ist denn?“, rief Marie.
    „Sie liegt in meinem Bett und schläft“, antwortete Carl.

KAPITEL XXX
    Das Mitsommerfest am 21. Juni war das einzige öffentliche Fest, was fast ausschließlich für die Einheimischen und ihre Familien veranstaltet wurde. Natürlich kam auch der ein oder andere Tourist, der gerade auf der Insel wohnte oder mit einer Yacht im Hafen lag – weggeschickt wurde niemand -, aber Werbung oder dergleichen wurde unter den Besuchern nicht gemacht. Egal bei welchem Wetter, das Fest fand seit jeher unter freiem Himmel statt. Früher im Hafen, aber mit dem Ausbau der Hafenanlagen und den größer werdenden Besucherströmen hatte man es auf den Dorfanger und den angrenzenden Strand unweit des Kaufmannsladens verlegt. Es war ein schöner Platz in einer schmalen Bucht, wo es einen breiten Strand und nur wenige Felsen gab. Hinter den mannshohen Zäunen der angrenzenden Häuser standen die Tische für Essen und Getränke windgeschützt.
    Jonas und Carl fuhren mit dem Traktor und dem großen Hänger voll Holz in Richtung Strand. Die drei großen Feuer würden abstandsgleich zu

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