Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange
aller Zeiten.
Ich stand auf.
Berger seufzte.
»Mark, die Henri Dunant wird geschlagene dreiundneunzig Stunden benötigen.«
Ich streifte mir die Kombination über.
»Nennen wir es einen Kontrollflug, Mike. Du kannst mich ja immer noch zurückpfeifen.«
Berger legte mir seine mächtige Pranke auf die Schulter.
»Du hast recht, Mark. Du hast ja recht. Also gut, ich sage Captess Kato Bescheid, daß sie sich bereithalten soll. Wann willst du los?«
Ich sah auf die Uhr.
»Um null Uhr eins – sofern sich die Florence Nightingale bis dahin nicht gemeldet hat.«
Draußen versank ich bis über die Knöchel im feinen lunaren Staub. Die Versorgerrampe war eine Aufschüttung von Beton mitten in der Wüste. Ihr Anschluß an die kommunale Ozonerie stand nicht einmal zur Debatte.
Rotbrauner lunarer Staub hatte sich auch in der Schleuse der Henri Dunant angesammelt. Ich hängte die Kombination an den Haken, verstaute den Helm im Schapp und machte mich auf den Weg zur Brücke, als mir auffiel, daß im Hospital Licht brannte.
Ich zog die Tür auf und warf sie sofort wieder zu.
»Lieutenant O'Brien!«
»Sir!«
Lieutenant O'Brien, der wachhabende Offizier, kam herbeigestürzt.
Meine Stimmung war alles andere als gnädig.
»Lieutenant, würden Sie die Freundlichkeit haben, mir zu erklären, weshalb wir diesen Guru immer noch an Bord haben? Mein Befehl hat gelautet: Ab mit ihm ins nächste Krankenhaus!«
Lieutenant O'Brien war ein unverfrorener Ire. Auch meine Ungnade vermochte ihn nicht zu erschüttern.
»Tut mir leid, Sir. Man hat ihm eine siebentägige Quarantänefrist verpaßt. Solange darf er nicht von Bord.«
Ich holte tief Luft und beherrschte mich.
7.
Grischa Romen, Captain (VEGA),
Commander Raumrettungskreuzer Florence Nightingale
Aufgezeichnet nach persönlichem Bericht
Die Vendetta war unterwegs.
Wohin die Reise ging: darüber konnte man nicht einmal Mutmaßungen anstellen. Das Anspringen des mächtigen Triebwerks hatte sich als dumpfes Vibrieren bemerkbar gemacht. Nun arbeitete es nicht mehr, und damit stand fest, daß das Schiff nach kurzer, gewaltsamer Beschleunigung seine Reisegeschwindigkeit erreicht hatte und zielstrebig seine Bahn verfolgte. In der metallenen Zelle, die früher einmal als Isolierkammer für das ein Halbdeck höher gelegene Hospital gedient haben mochte, gab es kein Bullauge. Es war fast dunkel. Und überdies war es erbärmlich kalt.
Captain Romen und seinen Männern war das Zeitgefühl abhanden gekommen. Am ersten Tag ihrer Gefangenschaft hatte man ihnen zusammen mit den Wertsachen auch die Uhren abgenommen, und damit hatte für sie der zermürbende Zustand der Zeitlosigkeit begonnen.
Die Situation, in der sie sich befanden – acht unbewaffnete Männer an Bord eines straff geführten Piratenschiffes – ließ kaum Hoffnung aufkommen. Auch nach Abzug des Prisenkommandos verfügte die Vendetta über eine kopfstarke Besatzung: Alle Stationen waren doppelt besetzt. Und hatte man es auch mit einem wild zusammengewürfelten Haufen zu tun – alle Hautfarben und Rassen waren vertreten –, änderte es doch nichts an der Tatsache, daß man einer rund doppelt starken Übermacht gegenüberstand, die überdies bis an die Zähne bewaffnet war. Captain Romen war in unruhigen Halbschlaf verfallen. Ein Geräusch und ein Lichtschein ließen ihn hoch schrecken.
»Psst, Sir!«
Das Licht rührte von einem Feuerzeug her, das Lieutenant Torrente in der linken Hand hielt, während er mit der rechten die Zellenwände abtastete. Sein bronzefarbenes Indianergesicht wirkte maskenhaft starr. Nur die wachsamen Augen darin bewegten sich. Das Yaquiblut des Chiefs der Florence Nightingale rebellierte gegen die Gefangenschaft.
Captain Romen schüttelte den Kopf.
»Zwecklos, Lieutenant. Man müßte zumindest einen Schneidbrenner haben.«
»Oder eine Bell, Sir!« erwiderte Lieutenant Torrente.
Captain Romen schob den Vorschlag beiseite.
»Man darf nichts überstürzen«, sagte er. »Was wir benötigen, ist ein Moment der Überraschung.«
Der Lichtschein erhellte stabile Wände, die sich selbst mit Hammer und Meißel nicht bezwingen ließen. Der federleichte japanische Kunststoff, aus dem sie bestanden, war hart wie Stahl. Lieutenant Torrente überprüfte kurz die Rohre des Abtritts, zuckte mit den Achseln und wandte sich der Tür zu. Der fahle Schein der kleinen Flamme huschte über eine Inschrift, die mittels eines spitzen Gegenstandes in den Kunststoff geritzt worden war.
»Leuchten Sie!«
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