Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
Vonnie ihren Mann wieder auf die Schultern. Die vierzig Meter bis zum Basiseingang schaffte sie spielend. Die Luftschleuse war unbewacht - schließlich gab es auf Slag ja niemanden, gegen den man hätte Wachen aufstellen müssen -, und die zwei konnten unbemerkt eindringen. Im Inneren ging es dann nicht so flott weiter, denn die Gänge waren so niedrig, daß Vonnie Jules nicht mehr auf dem Rücken tragen konnte. Er mußte sich aus eigener Kraft fortbewegen und konnte bloß mühsam Schritt für Schritt weiter, indem er sich dabei an die Wand stützte.
In der Schleuse gab es leider keine Reservetanks. Das bedeutete, daß sie bloß vierzehn Minuten Zeit hatten, sich bis zu ihrem Schiff vorzuarbeiten, unentdeckt, wie sie stark hofften. Vonnie schlich mit schußbereiter Waffe voraus, während Jules auf seinen schmerzenden Füßen hinterherhumpelte.
Sie hatten drei Viertel des Weges geschafft, als sie mit einer Gruppe von Arbeitern zusammenstießen, die aus einem Quergang kam. Die Männer betrachteten die zwei in Raumanzügen steckenden Gestalten voller Neugier, zeigten sich aber keineswegs von der feindlichen Seite. Sie winkten dem Paar zu, und die zwei Agenten winkten zurück - da bemerkte einer den Strahler in Vonnies Hand. Er flüsterte den anderen etwas zu, und die ganze Gruppe machte kehrt und kam zurückgelaufen.
Vonnie gab einen Schuß ab und erwischte den einen am Bein, die anderen aber waren schon um die Ecke gebogen, ehe sie wieder schießen konnte.
»Jetzt gibt es jeden Moment Alarm«, sagte sie. »Los jetzt, wir haben keine Zeit für Würde und Anstand.«
Damit nahm sie Jules in die Arme und trug ihn, wie ein Bräutigam seine frisch Angetraute über die Schwelle trägt. Mit Höchstgeschwindigkeit lief sie den Gang entlang auf die Haupteingangsschleuse zu, während die kostbaren Sekunden verstrichen. Sie erreichten die Hauptschleuse gleichzeitig mit ihren Gegnern. Vonnie hatte zwar die Hände voll und konnte nicht schießen, sie vertraute aber darauf, daß Jules seinen Strahler so geschickt einsetzte, daß es für beide reichte.
Jules aber schoß nicht auf den Feind. Statt dessen zielte er auf die großen Glasbullaugen, von denen aus man den Landeplatz überblickte. Das Glas war von besonders widerstandsfähiger Qualität, einem Strahl aus einer 29er Servicewaffe aber konnte es nicht standhalten. Als die Scheiben klirrend nach außen zerbarsten, wurde die Eingangshalle von einem Wirbelsturm heimgesucht. Die Gewalt der ausströmenden Luft brachte Vonnie fast aus dem Gleichgewicht. Sie mußte sich mit aller Kraft gegen eine Wand stemmen, bis der Luftzug nachgelassen hatte. Die gegnerischen Kräfte hatten nicht so viel Glück. Keiner der andern hatte Zeit gehabt, in den Raumanzug zu schlüpfen. Sie waren daher dem Vakuum nicht gewachsen, verloren das Gleichgewicht und wurden gegen die Bullaugenöffnung geschleudert.
Jules und Yvonne wandten die Köpfe. Sie hatten schon viele Menschen sterben gesehen, aber der durch Dekompression hervorgerufene Tod war ein besonders schrecklicher Anblick.
»Haben wir nun die ganze Basis luftleer gemacht?« fragte Vonnie.
»Glaube ich nicht. Wenn sie standardmäßig konstruiert ist, dann ist jede Tür luftdicht, damit es in Fällen wie diesen nicht zur Katastrophe kommt. Der luftleere Raum kann abgeriegelt werden, bis man den Normaldruck wiederherstellt. Damit haben wir einen kleinen Zeitvorsprung gewonnen. Den wollen wir richtig nutzen.«
Yvonne richtete sich auf und öffnete die Tür zur Durchgangsröhre, die zu ihrem Schiff führte. Sie liefen durch die Röhre, gelangten ins Schiff und schalteten sofort das eigene Sauerstoffversorgungssystem des Schiffes ein. Als die Kontrolleuchten anzeigten, daß die Luft zum Atmen geeignet war, rissen sie die Helme der Raumanzüge herunter und sogen gierig die reine, würzige Luft des Schiffes ein - eine willkommene Abwechslung nach dem schweißgeschwängerten Inneren der Helme.
Den Meßgeräten ihrer Lufttanks entnahmen sie, daß sie nur mehr drei Minuten Zeit gehabt hätten.
Den beiden blieb wenig Zeit, die frische Luft richtig zu genießen. »Schnell in den Kontrollraum«, sagte Jules. »Wir haben noch viel zu tun.«
Jules ging an die Leiter und zog sich hoch. Beide Agenten waren todmüde und hätten glatt eine ganze Woche durchschlafen können, aber noch konnten sie sich keine Ruhe gönnen.
Mit einem Blick auf die Sichtscheiben stellte Jules fest, was sich auf der Basis draußen tat. Man hatte die Situation offenbar rascher
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