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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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stürmte Leutnant Berrendo hinter dem Felsblock hervor und lief mit geducktem Kopf und stolpernden Schritten den Hang hinunter zu der Felsendeckung, hinter der das MG stand.
 El Sordo bemerkte davon nichts, er beobachtete die Flugzeuge.
 »Hilf mir das Ding herauszerren!« sagte er zu Joaquín, und der Junge zog das MG zwischen dem Pferdekadaver und den Felsen hervor.
 In gleichmäßigem Flug kamen die Flugzeuge heran. Sie flogen in Staffelformation, und mit jeder Sekunde wurden sie größer und der Lärm ihrer Motoren lauter.
 »Legt auch auf den Rücken und schießt hinauf!« sagte Sordo. »Zielt vor den Propeller, wenn sie herankommen!«
 Er beobachtete sie unablässig. »Cabrónes! Hijos de puta!« sagte er ganz schnell.
 Dann: »Ignacio! Heb das MG auf die Schulter des Jungen. Du!« zu Joaquín: »Setz dich hier hin und rühr dich nicht! Bück dich. Noch mehr! Nein. Noch mehr!«
 Er legte sich zurück und richtete den Lauf des MGs auf die sachte herankommenden Flugzeuge.
 »Du, Ignacio, halte mir die drei Beine des Gestells.« Sie baumelten über den Rücken des Jungen herab, und die Mündung des MGs wackelte hin und her, so sehr zitterte Joaquín am ganzen Körper, er konnte sich nicht beherrschen, wie er so dahockte mit gesenktem Kopf und das dröhnende Surren der Flugzeuge hörte.
 Ignacio, der flach auf dem Bauch lag und zum Himmel aufblickte, packte mit beiden Händen die Beine des Stativs und hielt sie fest.
 »Halt den Kopf nach unten«, sagte er zu Joaquín. »Halt den Kopf nach vorne.«
 Die Pasionaria sagt: Besser stehend sterben... sagte Joaquín zu sich selber, während das Dröhnen immer näher kam. Und dann wechselten plötzlich seine Gedanken in ein anderes Geleise. Heilige Jungfrau Maria, du bist voll der Gnade, der Herr ist mit dir; gebenedeit seist du unter den Weibern und gebenedeit sei die Frucht deines Leibes, Jesus. Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes, Amen. Heilige Maria, Mutter Gottes... begann er von neuem, und dann, als das Dröhnen ganz unerträglich wurde, besann er sich und stürzte sich schnell in das Reuebekenntnis... Oh, mein Gott, ich bereue von Herzen, daß ich dich beleidigt habe, der du alle meine Liebe verdienst...
 Dann hämmerten die Detonationen an seinen Ohren vorbei, und der Gewehrlauf ruhte heiß auf seiner Schulter. Wieder das Gehämmer und das betäubende Knattern des Mündungsfeuers. Ignacio zerrte mit aller Kraft an dem Stativ, und der Lauf verbrannte Joaquín den Rücken. Hämmern und Dröhnen, und er konnte sich nicht mehr auf das Reuebekenntnis besinnen.
 Er erinnerte sich noch an eines. In der Stunde unseres Todes, Amen. In der Stunde unseres Todes, Amen. In der Stunde, Amen. In der Stunde, Amen. Die anderen schossen alle. Jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.
 Dann ertönte in das Hämmern des MGs hinein das scharfe Pfeifen der sich spaltenden Luft, und dann, mit rotschwarzem Gebrüll, bebte die Erde unter seinen Knien und bäumte sich auf und schlug ihn ins Gesicht, und Felsbrocken regneten herab, und Ignacio lag auf ihm, und das MG lag auf ihm. Aber er war nicht tot, denn er hörte abermals das Pfeifen, und brüllend bebte die Erde unter ihm. Dann ereignete sich dasselbe noch einmal, und die Erde schaukelte unter seinem Bauch, die eine Seite der Hügelkuppe stieg in die Luft empor und wälzte sich dann langsam über die Liegenden. Dreimal kehrten die Flugzeuge zurück und bombardierten den Gipfel des Hügels, aber die auf dem Hügel wußten nichts mehr davon. Dann bestrichen sie den Gipfel mit Maschinengewehrfeuer und flogen weg. Nachdem sie zum letztenmal mit hämmernden MGs auf den Hügel zugestürzt waren, richtete das erste Flugzeug sich auf und ging jäh in die Kurve, die beiden anderen folgten seinem Beispiel, alle drei wechselten von der Staffelformation zur V-Formation über und entschwanden am Himmel gegen Segovia hin.
 Leutnant Berrendo befahl seinen Leuten, den Gipfel ständig unter Feuer zu halten, dann stieß er mit einer Patrouille zu einem der Bombenkrater vor, um von dort aus die Kuppe mit Handgranaten zu belegen. Er wollte es nicht riskieren, daß dort oben in dem Trümmerhaufen noch einer am Leben sei und auf sie warte, und er schleuderte vier Handgranaten in das Durcheinander von toten Pferden, zersplitterten Felsen und zerrissener, mit gelben Flecken übersäter, nach Sprengstoff stinkender Erde, bevor er aus dem Bombenkrater hinauskletterte und hinüberging, um

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