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Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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um. Das verrückte Herumirren in der Steppe konnte man sich leicht erklären.
    Der Fahrer war stockbetrunken gewesen. Aber warum hatte ihn Philipps nicht daran gehindert? Was Huber bisher von Philipps gehört hatte, waren nur Loblieder gewesen. Das hier bewies das Gegenteil. Auch er mußte sich sinnlos besoffen haben, oder man hatte ihn ausgeschaltet. Wenn das zutraf – warum?
    Huber suchte den Rastplatz Zentimeter für Zentimeter ab. Er fand den Deckel einer Konservendose, ein Tablettenröhrchen ohne Aufschrift, aber als er daran roch, kam ihm ein bitterer Geruch entgegen.
    Chinin! Himmel noch mal, das waren Chinintabletten gewesen! Irgendeiner in der Gruppe war krank geworden, und Doktor Stricker hatte ihm Chinin gegeben. Philipps? Litt Philipps an Malaria? Er steckte das Tablettenröhrchen ein und suchte weiter.
    Etwas abseits, seitlich der Autospur, wo er schon gar nichts mehr zu entdecken gehofft hatte, machte er seinen wertvollsten Fund: einen angefangenen Brief von Veronika, zusammengeknüllt zu einer kleinen Kugel.
    »Lieber Alex …«, hatte sie angefangen. »Wir machen hier mitten in der Steppe Rast, völlig außerplanmäßig, weil unser eingeborener Fahrer stockbetrunken ist und unser Hunter einen gewaltigen Malariaanfall bekommen hat. Morgen früh übernimmt unser Doktor das Kommando und wird versuchen, einen Ort zu erreichen, wo man Philipps abholen kann. Er ist sehr krank. Gleich habe ich Nachtwache bei ihm …«
    Hier brach der Brief ab. Veronika hatte die Wache übernommen. Und dann? Was war dann geschehen? Der Landrover war nirgendwo angekommen … sechs Menschen waren hier an dieser Stelle spurlos verschwunden.
    Alex Huber las den Brief dreimal. Er strich ihn glatt, steckte ihn in die Brusttasche und starrte hinüber zu den nahen Mondbergen.
    »Sie können doch nicht fliegen!« sagte er laut. »Dreihundert Meter weiter hören alle Spuren auf! Wo ist der Landrover? Man kann ihn doch nicht einfach in Luft auflösen!«
    Er studierte wieder die Autokarte und sah, daß jede Piste, sogar die schmalen Fußpfade, die als gestrichelte Linie eingezeichnet waren, am Fuß des Gebirges endeten. Der bekannte, von unternehmungslustigen Touristen mit viel Schweiß erkämpfte Aufstieg dauerte drei Tage und lag viel weiter westlich bei Mutwanga im Kongo-Gebiet. Von dort konnte man bis zur Bajuku-Hütte klettern, beinahe viertausend Meter hoch, aber erst dann begann das ungastliche Gebirge bis zum Stanley und zur Margherita-Spitze in fünftausend Meter Höhe!
    Hier aber, von diesem Platz aus, endete alles im Nichts. »Und doch müssen sie hier langgekommen sein«, sagte Huber und setzte sich wieder in seinen alten Jeep. »So verrückt das alles aussieht ohne eine einzige Spur – sie können nur ins Gebirge geschafft worden sein.«
    Er erschrak vor seinen eigenen Gedanken. ›Geschafft‹, hatte er gesagt. Geschafft – das bedeutete, daß sie nicht freiwillig ins Vergessen gezogen waren. Das bedeutete, daß sie gewaltsam aus dem Leben genommen worden waren.
    Er entsicherte sein Gewehr, ja, er lud auch noch die Pistole durch und fuhr dann dem Mondgebirge entgegen. Die Steppe wurde steiniger, Geröll wurde vom Gras überwuchert, Steine schlugen gegen den Jeep.
    Alex Huber fuhr langsamer. Es hat keinen Sinn, jetzt den Wagen völlig zu Schrott zu fahren, dachte er. Noch brauche ich ihn – vielleicht wird er uns allen sogar das Leben retten … wenn Veronika und ihre Begleiter noch leben …
    Sie hingen oben an der Tempelmauer in kleinen, eisernen Käfigen. Riesige Haken waren in die Steinfugen geschlagen worden, und daran waren an runden Ösen die Käfige befestigt. Es sah aus, als trage ein Riese eine Uhrkette mit Anhängern über dem gewölbten Bauch.
    Lange Leitern führten zu den Käfigen hinauf, aber sie wurden nur aufgerichtet, wenn die Gefangenen ihre Mahlzeiten erhielten. Dann erschienen über den luftigen Gefängnissen eine Schar Soldaten und zogen an Leinen die Leitern hoch.
    Auf diese Weise hatte man auch Stricker, Veronika, Löhres und Heimbach hinaufgezogen: zusammengeschnürt wie ein Bündel, ganz langsam, damit sie nicht gegen die rauhen Steine schlugen und sich verletzten. In den Käfigen wurden sie dann losgebunden. Die Soldaten grüßten höflich, indem sie den Handrücken gegen die Stirn legten. Dann schlossen sie die Gittertüren und stiegen über die Leitern ab.
    Albrecht Heimbach brüllte, bis er heiser war. Dann fiel er auf den Boden seines Käfigs, wälzte sich wie ein Epileptiker und trat um

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