Wen die Sehnsucht besiegt
in den Kopf gesetzt… « Er unterbrach sich, um in Berengarias schönes Gesicht zu blicken. »… Euch zu heiraten. Das kann ich jetzt sehr gut verstehen«, fügte er hinzu, und sie errötete. »Was ist mit meinem Bruder? « schrie Joby ihn an. Ungerührt begann er wieder zu essen. »Oliver will ihn festhalten, bis er die Erlaubnis erhält, Mistress Berengaria zu heiraten. Und Frances wird er erst freilassen, wenn ihr Vater ein Lösegeld bezahlt hat. « Bei diesen Worten warf er Axia einen durchdringenden Blick zu, um ihr zu bedeuten, inzwischen sei Maidenhall über den Rollentausch informiert. Unbehaglich starrte Joby den Dolch an, den sie immer noch in der Hand hielt. Nur durch ihre Schuld mußten zwei Menschen in einem Gefängnis schmachten. »Unterirdische Gänge verbinden Olivers Haus mit dem Meer«, fuhr Tode fort. »Darin herrscht feuchtkaltes Dunkel und einige wurden vom Wasser ausgehöhlt, so daß Verliese entstanden. In einer dieser Zellen sitzt Jamie schon seit einigen Tagen fest. Ich versuchte zu ihm zu gelangen, aber die Wachtposten sahen meine Fackel und… « Lächelnd machte er eine kleine Pause. »Und so hielten sie mich auf. « Joby und Axia nickten, aber Berengaria holte tief Atem. »Wie seid Ihr ihnen entkommen? «
»Nun, ich spielte den Narren, führte mich idiotisch auf und alle lachten. «
Das fanden die beiden anderen Mädchen nicht verwunderlich. Nur Berengaria war verwirrt. »Wie konntet Ihr den Narren spielen? «
Vor Jobys und Axias staunenden Augen ergriff er Berengarias Hand und strich damit über seine Narben. »So ähnlich sehen auch meine Beine aus. « Hingerissen starrte er in ihr schönes Gesicht.
»Falls Ihr glaubt, meine Schwester würde auch die anfassen, täuscht Ihr Euch gewaltig! « zischte Joby.
Wieder stieg das Blut in Berengarias Wangen, und sie ließ ihre Hand sinken, die eben noch Todes Wange gestreichelt hatte. Mit einem Lächeln, das Axia nie zuvor gesehen hatte, neigte er sich wieder über den Teller.
»Wir holen unsere reichen Verwandten hierher«, verkündete Joby. »Die werden Olivers Haus dem Erdboden gleichmachen und ihn am nächstbesten Baum aufknüpfen… « »Dafür fehlt uns die Zeit«, fiel Tode ihr ins Wort. »Heute abend muß ich zurückkehren und sehen, was ich tun kann. «
»Ja, sicher seid Ihr eine große Hilfe«, entgegnete sie verächtlich.
Er sagte nichts, aber sein Blick brachte sie zum Schweigen. Auf diese Weise bedeutete er ihr, sie sei noch ein Kind und müsse sich ordentlich benehmen, wenn sie weiterhin die Gesellschaft Erwachsener genießen wolle. Weder Axia noch Tode wußten es, aber genauso pflegte Jamie seine kleine Schwester anzuschauen.
»Glücklicherweise kann ich ungehindert kommen und gehen«, erklärte er. »Einen Mann wie mich nimmt man nicht zur Kenntnis. Heute bin ich nur hierhergekommen, um Euch Bescheid zu geben. «
»Und Frances? « fragte Axia. »Wird sie gut betreut? « Ungläubig sah sie ihn erröten, dann dachte sie, ihre Phantasie hätte ihr einen Streich gespielt.
»Oh, Eurer Kusine fehlt es an nichts. Sie bewohnt ein altes Turmzimmer, das recht komfortabel eingerichtet ist. Natürlich hat sie Angst. Aber Oliver kümmert sich persönlich um sie und gestattet niemandem, sie aufzusuchen. « Grinsend hob er die Brauen. »Nur einem Mann, der sie hie und da ein bißchen aufheitert… «
Beschwörend ergriff Axia seine Hand. »Sag mir, was ich tun kann! Mein Leben würde ich hingeben, um Jamie da rauszuholen. «
In ihren Augen las er, wie sehr sie Jamie liebte. So wie keinen anderen Menschen in ihrem Leben. Für einen kurzen Augenblick empfand er Eifersucht, doch er verdrängte dieses Gefühl und drückte ihre Hand. »Leider könnt Ihr nichts tun. Ich habe zwar freien Zugang zu den unterirdischen Gängen, weil die Wachtposten mich kommen und gehen lassen. Aber es wäre sehr schwierig, Jamie da herauszuholen. Natürlich kann ich ihn nicht unbemerkt durch die Halle führen. Und er kann nicht gegen alle Männer kämpfen, die Oliver um sich versammelt hat. «
»Gibt es keinen anderen Weg? «
»Diese unterirdischen Gänge scheinen meilenweit zu führen. Ob es alte Minen oder Grüfte sind, kann ich nicht sagen. Wahrscheinlich weiß Oliver das auch nicht, oder er hat’s vergessen. Ich glaube, die Tunnel stammen aus römischen Zeiten. Wie auch immer, nur ein Maulwurf kann da unten seinen Weg finden. «
»Oder ein blinder Mensch«, sagte Berengaria leise. »Niemals! « kreischte Joby. »Jamie würde… «
»Sei still«
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