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Wen die Sehnsucht besiegt

Wen die Sehnsucht besiegt

Titel: Wen die Sehnsucht besiegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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- oder der Schwiegervater, der alles zu bestimmen schien - die Ansicht vertrat, Frauen dürften nur nähen und beten und sonst nichts? »O Gott! « Wieder schlug sie mit ihren Fäusten aufs Kissen.
    Aber bis jetzt hatte sie ihre Sache recht gut gemacht und war immerhin der Gefahr entronnen, während der ganzen Reise als Maidenhall-Erbin auftreten zu müssen. Am vergangenen Tag hatten es die Dienstboten sichtlich genossen, ihr nicht die Tür zu öffnen. Die Köchin scheuchte sie aus der Küche, und ein Mann befahl ihr, aus dem Weg zu gehen. Sonst war nichts Besonderes passiert. Den Leuten hatte es einfach nur Spaß gemacht, sie wie einen »gewöhnlichen« Menschen zu behandeln. Und genau das war sie in ihren eigenen Augen.
    »So gewöhnlich wie Unkraut zwischen Blumen«, hatte Frances in der Kindheit bemerkt.
    »Und ebenso stark«, hatte Axia erwidert und ihre Kusine in ein frisch gedüngtes Beet geworfen.
    »Gewöhnlich«, sagte sie jetzt laut vor sich hin, »aber nicht frei. «
    Was würde eine gewöhnliche junge Frau tun? Sich bei James Montgomery entschuldigen und seine Gunst gewinnen? Lieber esse ich Pferdemist, dachte sie.
    Sie grub ihre Fingernägel in die Handflächen, als sie sich entsann, wie er die schöne Frances angestarrt hatte. Einen Tag früher war er an Axia interessiert gewesen. Jetzt scharwenzelte er nur mehr um die »reiche Erbin« herum.
    Was er ihr angetan hatte, wollte sie vergessen. Das Hohngelächter, das durchs ganze Haus gehallt war, hatte sie bewogen, den Tag in ihrem Zimmer zu verbringen.
    »Zur Hölle mit ihm! « fauchte sie. Er hatte nicht einmal nach ihren Beweggründen gefragt und einfach angenommen, sie wäre neidisch, boshaft - und zu einem Mord fähig. Neue Tränen stiegen ihr in die Augen, aber sie setzte sich auf und kämpfte dagegen an. An der Wand hing ein gesticktes Bild. »Carpe diem«, stand darauf, »nutze den Tag. « So lautete ihr Motto. Nimm dir, was jeder Tag zu bieten hat. Genieße den Sonnenschein. Stiehl die Himbeertorte vom Küchenfensterbrett - oder einen Kuß, wenn’s geht. Bleib die ganze Nacht auf und denk nicht an den nächsten Morgen. Tode hatte behauptet, dieses Motto würde sie irgendwann in Schwierigkeiten bringen. Aber sie hatte lachend erwidert: »Hoffentlich! Dann würde ich mich wenigstens nicht langweilen. «
    Ja, ich wünsche mir Probleme, überlegte sie nun und kicherte. Eigentlich müßte ich hochschwanger vor Gregorys Tür stehen. In diesem Fall wäre der Ehevertrag ungültig… Sie hielt in ihren Gedanken inne und schnitt eine Grimasse. Oder es würde mir zumindest die Qual ersparen, das Kind eines Wahnsinnigen zu gebären.
    Plötzlich bemerkte sie die Dunkelheit im Raum. Niemand war gekommen, um die Kerzen zu entzünden. An diesem Abend wollten die Dienstboten ihr offenbar beweisen, daß die Maidenhall-Erbin auch nicht besser war als andere Leute.
    Von tiefem Selbstmitleid erfaßt, runzelte sie die Stirn. Sie stieg aus dem Bett, strich ihr Kleid glatt und kämmte sich das Haar. Ehe sie das Zimmer verließ, nahm sie spontan die hübsche, bestickte kleine Kappe vom Holzständer auf dem Fenstertisch - das einzige, was ihr von der Mutter geblieben war. Auf dunkelblauer Seide tummelten sich gestickte Fabeltiere - Drachen, Einhörner und Greifvögel. Als Kind hatte Axia das Käppchen oft betrachtet, jetzt war es ihr kostbarster Besitz. Sie trug es nur selten, immer dann, wenn sie Trost brauchte. So wie jetzt.
    Sie trat in den kühlen Frühlingsabend hinaus, roch den Duft der knospenden Bäume. Die Menschen, die hier lebten, würde sie nicht vermissen, aber den Garten. Während sie über den Rasen eilte, stülpte sie das Käppchen der Mutter fest auf ihre dichten Locken. Die meisten Dienstboten saßen gerade beim Essen, und so hatte sie den Garten für sich allein. Sie folgte der Nordmauer, die am weitesten vom Haus entfernt lag, und bemerkte, daß ein paar Eisenspitzen fehlten. Als sie sich vornahm, den Schaden zu melden, entdeckte sie helle Risse in einem tiefhängenden Eichenast. Verwirrt fragte sie sich, was die Gärtner da angerichtet hatten.
    Doch dann erriet sie, was geschehen war. »Hier ist er eingedrungen«, sagte sie laut und spähte erschrocken nach allen Seiten, um festzustellen, ob jemand ihre Stimme gehört hatte. Niemand war zu sehen. Offenbar hatte Montgomery einen Strick auf den Ast geworfen und sich herübergeschwungen. Ganz einfach, wenn man wußte, was man tun mußte…
    Axia zögerte nicht, raffte ihre Röcke und lief zum nächsten

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