Wen die Sehnsucht besiegt
Pistole. Wenn Axia sich auch nach Abenteuern sehnte - sie hatte nie den Wunsch verspürt, in Lebensgefahr zu geraten. Vor Angst wie gelähmt, beobachtete sie, wie Jamie langsam aus dem Sattel kletterte und zu ihr kam, um sie vom Pferd zu heben.
»Oh, dieser Hengst gefällt mir«, verkündete ein dritter Mann, der hinter den beiden anderen aufgetaucht war, ohne daß Axia es bemerkt hätte.
»Sei still! « flüsterte Jamie ihr zu und schaute sie warnend an.
Das mußte er ihr nicht befehlen, denn sie fürchtete sich viel zu sehr, um den Mund zu öffnen. Was sollten sie tun, wenn die Räuberbande ihnen alles stahl und sie schutzlos auf der Straße stehen ließ? Oder drohte ihnen sogar der Tod? Verzweifelt dachte sie nach. Irgendwie mußte sie Jamie und sich selbst aus dieser üblen Lage befreien.
»Da rüber mit Euch! « Der bewaffnete Mann zeigte in den Schatten zwischen den Bäumen. »Leert Eure Taschen,
Sir! «
»Wir besitzen nichts. « Jamies Stimme bebte. »Und wir sind nur harmlose Reisende. Bitte, tut uns nichts zuleide! « Verächtlich starrte Axia ihn an. Selbst wenn er Angst hatte, brauchte er das nicht so deutlich zu zeigen. Warum stand er nicht seinen Mann?
»Wie könnt Ihr es wagen, uns anzugreifen? « rief sie, straffte die Schultern und reckte das Kinn hoch. »Wir sind Abgesandte der Königin, und wenn Ihr uns auch nur ein Haar krümmt, wird man Euch vierteilen. « Voller Genugtuung erwiderte sie die erstaunten Blicke der drei Banditen. Jetzt lassen sie uns sicher in Ruhe, dachte sie triumphierend.
Unglücklicherweise provozierten ihre Worte das Gegenteil der erhofften Wirkung. Der größte Räuber sprang zu ihr und packte sie von hinten. Sein starker, behaarter Arm umschlang ihre Taille, der andere preßte sich an ihre Kehle. »Ihr dient also der Königin? Dann wird man ein saftiges Lösegeld für Euch zahlen. «
Als sie Jamie entsetzt anstarrte, verriet seine Miene nur für einen kurzen Augenblick, wie sehr ihn ihr Ungehorsam ärgerte. »Wir kennen die Königin nicht persönlich«, flüsterte sie, aber niemand hörte ihr zu.
»Leert endlich Eure Taschen! « Der Bewaffnete schwenkte seine Pistole in Jamies Richtung. »Und beeilt Euch, bevor sie stirbt! « Grinsend wandte er sich zu Axia. »Ehe sie das Zeitliche segnet, wollen wir uns noch mit ihr vergnügen. « Zu ihrer Schande spürte Axia, daß ihre Knie zitterten. Stets hatte sie gehofft, sie würde in einer solchen Situation ihre Tapferkeit beweisen. Aber diese Männer jagten ihr kalte Angst ein. Würden sie auch Jamie töten?
»Der Inhalt meiner Taschen wird Euch enttäuschen«, erwiderte Jamie. »Bitte, tut der jungen Lady nichts! Sie ist ein unberührtes Mädchen. Und niemand wird Lösegeld für sie zahlen. Also wäre sie für Euch völlig wertlos. «
»Sicher besitzt sie gewisse Vorzüge«, lachte der Mann, der Axia eisern festhielt. Sie roch seinen stinkenden Atem, und zu ihrem Entsetzen näherte sich seine Hand ihren Brüsten. »Mein Geld steckt in meinem Stiefel«, erklärte Jamie. »Das gebe ich Euch, aber laßt uns bitte am Leben! «
»Oh, ich mag diese feinen Gentlemen«, bemerkte der Bandit mit der Pistole und grinste höhnisch. »Feine Kleider, dicke Börsen und kein bißchen Mumm! «
Schweren Herzens beobachtete Axia, wie Jamie in seinen Stiefel griff. Sicher hatte er recht, wenn er sich der Übermacht beugte, aber sie wünschte, er würde etwas mehr Rückgrat zeigen.
Dann geschah alles auf einmal, so schnell, daß sie fast nichts sah. Jamie zog keine Börse aus seinem Stiefelschaft, sondern einen dünnen Dolch, den er in Axias Richtung schleuderte. Zum Glück flog die Klinge an ihrem Kopf vorbei. Heller Stahl funkelte in Jamies Hand. Sie hatte gewußt, daß er ein Schwert an der Hüfte trug, so wie alle Gentlemen, aber geglaubt, es sollte nur der Zierde dienen. Jetzt durchbohrte es den bewaffneten Räuber.
Ungläubig beobachtete sie, wie der Mann den Schwertgriff anstarrte, der in seinem Bauch steckte. Was er im Gegensatz zu ihr nicht sah, war die lange Schneide, die aus einem Rücken ragte. Doch dem dritten Banditen entging diese Tatsache nicht. Nach einem kurzen Blick auf den Burschen, der Axia umklammerte, verschwand er im Wald. Der Schurke ließ sie nicht los. Was würde er mit ihr machen, nachdem Jamie seinen Kameraden getötet hatte?
Zu verängstigt, um irgend etwas zu sagen, sah sie, wie Jamie sein Schwert aus dem Bauch des Toten zog, der zu Boden sank, seelenruhig die Klinge abwischte und in die Scheide
Weitere Kostenlose Bücher