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Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Titel: Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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Absicht, sich an diese Regel zu halten. Statt dessen standen sie unter dem Baum und starrten zu ihnen hoch. Seltsam war nur, daß sie sich dabei sehr still verhielten und gar nicht knurrten oder bellten wie aggressive Hunde. Minuten vergingen, die Tobias wie Tage vorkamen. Er spürte, wie sehr seine Knie zitterten. Alexa wurde immer blasser. Verdammt, dachte er, wenn sie vom Baum fällt, werden diese Biester sich auf sie stürzen.
    „Kommt herunter vom Baum, ihr beiden Kleinen!“ Eine Männerstimme. Tobias blickte nach unten. Da war tatsächlich jemand aufgetaucht, stand mitten unter den Wölfen, als wären sie eine harmlose Schafherde. „Ihr braucht keine Angst zu haben. Die Wölfe wollten nur ein bißchen spielen. Sie sind neugierig wie Menschenkinder“, sagte der Mann. Er war groß, kräftig und rothaarig, hatte Bartstoppeln im Gesicht, und seine zerknautschte, fleckige Kleidung wirkte, als schliefe er seit Tagen hier draußen im Wald.
    „Kommt herunter! Euch droht hier nichts Böses. Ihr seid ohne Schuld. Kommt!“ Seine tiefe Stimme klang weich und freundlich, aber Tobias war dieser riesige Kerl überhaupt nicht geheuer.
    Alexa sah Tobias aus weitaufgerissenen Augen an.
    „Nein“, sagte sie mit fester Stimme und schüttelte den Kopf. „Nein!“
    Tobias seufzte. Sie konnten nicht ewig auf dem Baum bleiben. Immerhin machten die Wölfe wirklich keinen sehr aggressiven Eindruck. Sie strichen ruhig um den Mann herum und schauten, wie es schien, lediglich neugierig zu ihnen hoch. Langsam ließ er sich am Stamm hinunter. Als seine Füße den Boden berührten, machten die beiden am nächsten stehenden Wölfe einen Satz zurück und stießen ein kurzes, rauhes Bellen aus.
    „Siehst du“, sagte der Mann. „Gute Wölfe. Sie fressen dich nicht auf.“ Seine Augen musterten Tobias so intensiv, daß er geradezu das Gefühl hatte, geröntgt zu werden. „Ihr mögt den Wald, nicht wahr? Ihr seid gerne hier. Das ist gut. Schade, daß eure Eltern euch heute nicht mehr beibringen, auf richtige Weise zu tanzen und mit den Steinen, Pflanzen und Tieren zu sprechen. Ihr habt verlernt, zum Land zu beten und Energie fließen zu lassen. Aber die Zeiten ändern sich. Mag sein, daß Schwester Wolfsträumerin es euch wieder lehren wird.“
    Dieser Bursche schien irgendwie nicht ganz bei sich zu sein. Er redete so komisch, und wie er dabei den Kopf hin und her wiegte. Ganz merkwürdig sah das aus. Aber der Klang seiner Stimme war sehr angenehm. Schwester Wolfsträumerin? Wer war das denn? Jetzt wagte sich auch Alexa vom Baum herunter und klammerte sich ängstlich an Tobias. „Wer sind Sie?“ fragte sie leise.
    Der Mann lachte dröhnend, tief aus dem Bauch heraus. „Du könntest ein Eichhörnchen fragen, oder einen Dachs. Sie wissen, wer ich bin. Die alten Völker, die früher auf diesem Land lebten, hatten viele Namen für mich. Doch die Augen von euch Menschen sind schwach geworden. Nur wenige unter euch haben noch das zweite Gesicht.“
    Der Typ schien wirklich verrückt zu sein. Aber der Klang seiner Stimme fesselte Tobias völlig, auch wenn die Worte keinen Sinn ergaben.
    „Nun schwingt euch auf eure merkwürdigen Drahtgestelle und sagt den Menschen in Buchfeld, daß ich heraufgekommen bin wie in den alten Tagen. Ich werde ein Strafgericht halten unter denen, die gegen die Gesetze des Lebens verstoßen. Und ich werde die Menschen an ihre Pflichten gegenüber dem Land und seinen Kindern erinnern. Los, ihr zwei! Auf!“
    Er klatschte in die Hände, und es klang wie ein Peitschenknallen, so daß Tobias und Alexa heftig zusammenzuckten. Plötzlich verschwand die Magie seiner Stimme. Da war ein großer, starker, geisteskrank wirkender Mann und ein riesiges Wolfsrudel. Tobias und Alexa wirbelten herum und rannten zu ihren Mountainbikes. Als Tobias sich auf den Sattel schwang, riskierte er einen kurzen Blick zurück. Für eine Sekunde glaubte er aus den Augenwinkeln dort, wo der Mann stand, einen riesigen, auf den Hinterbeinen stehenden Bären zu sehen.
    Bestimmt war das nur eine optische Täuschung, aber Tobias trat in die Pedale, so schnell er konnte. Sie sausten bergab und wagten erst, als sie nach einer ganzen Weile an eine Weggabelung kamen, kurz anzuhalten. Gott sei Dank, hinter ihnen war niemand zu sehen, kein Wolf, keinrothaariger Mann und kein Bär, oder was auch immer.
    „Komm, wir fahren hier herunter. Dann müssen wir nicht noch mal bei den Bundeswehrtypen vorbei“, sagte Tobias. Unten auf der Landstraße radelten

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