Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Titel: Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
Vom Netzwerk:
ihren Wagen auf dem Parkplatz der Klinik abstellte. In gewisser Weise stimmte das sogar, denn Arbeit und Privatleben waren bei ihr, die ganz für den Beruf lebte, ohnehin kaum zu trennen. Genauer gesagt, ein Privatleben fand bei ihr so gut wie gar nicht statt. Aus diesem Grand kühlten Männer, die in Liebe zu ihr entflammten, meistens rasch wieder ab, und Susanne hatte sich inzwischen mit einem Dasein als Single abgefunden.
    Der Pförtner schaute in seiner Computerkartei nach. Ja, Roland Scholl befand sich nach wie vor in der geschlossenen Abteilung. Nach einem kurzen Telefonat wurde Susanne persönlich von dem behandelnden Arzt, einem Dr. Pollmann, an der Pforte abgeholt.
    „Sie sind die Dame von der Kripo? Kommen Sie bitte mit.“ Pollmann schien selbst eine Therapie gegen Depressionen gebrauchen zu können, so traurig hingen seine Gesichtszüge herab. Er sprach leise, hatte Ringe um die Augen und ging, obwohl höchstens Anfang Vierzig, langsam und leicht vorgebeugt.
    Wenn ihre Ermittlungen Susanne in eine psychiatrische Klinik führten, was glücklicherweise nur selten geschah, war das jedesmal eine beklemmende Erfahrung. Auch jetzt, während sie mit Dr. Pollmann über die Klinikflure zum Zimmer Roland Scholls ging, schockierten sie wieder diese erloschenen, der Wirklichkeit entflohenen Gesichter. Selbst schwere körperliche Krankheiten oder Verletzungen fand Susanne nicht so beängstigend wie das Schicksal jener Menschen, deren Geist nicht mehr richtig funktionierte, so daß sie unfähig wurden, mit den greifbaren, alltäglichen Dingen angemessen umzugehen.
    Leer in eine fremd gewordene Welt blickende Augen, Münder, die Unverständliches vor sich hin murmelten. Äußerlich gesund wirkende Menschen, die sich mit kleinen, schlurfenden, unsicheren Schritten und gesenktem Kopf voranbewegten. An einem Fenster stand eine alte Frau, die eigenartige, pantomimenhafte Handbewegungen ausführte. Früher, in einem anderen Leben, hatten diese Bewegungen vielleicht einen vergessenen Sinn gehabt. Dazu sagte die Frau immer wieder laut: „Bis morgen.“
    Susanne merkte, wie sie gebannt auf die Frau starrte, und blickte rasch in eine andere Richtung, beschämt. „Wir haben hier viele Alzheimerpatienten, und es werden immer mehr“, sagte Dr. Pollmann. „Manchmal kommt es mir fast wie eine Epidemie vor. Der Geist der alten Menschen scheint sich aus einer Welt zurückzuziehen, in der immer weniger Platz für sie ist.“
    „Wie ist denn Scholls Zustand?“ fragte Susanne, auch, um von dem unbehaglichen Thema abzulenken. Alzheimer? Ein schrecklicher Gedanke, die Kontrolle über die eigene Welt zu verlieren.
    „Ich fürchte, Sie werden nicht viel aus ihm herausbekommen“, sagte Pollmann. „Dieses unverantwortliche Drogenexperiment scheint in seinem Gehirn einen irreparablen Schaden verursacht zu haben. Er leidet an einer, wie wir inzwischen glauben, unheilbaren Psychose, die auf Medikamente kaum anspricht.“
    „Ist er gefährlich?“
    Pollmann rückte seine Brille zurecht. „Nur für sich selbst. Er hat schon mehrere Suizidversuche hinter sich. Das ist eigentlich alles, was wir für ihn tun können: Ihn davon abhalten, sich umzubringen. Viel mehr an Therapie scheint leider nicht möglich.“
    Vor ihnen blockierte ein massives Stahlgitter den Durchgang. Wie im Gefängnis, dachte Susanne. An der Decke war eine Kamera montiert. Dr. Pollmann winkte mit einer müden Armbewegung in die Kamera. Daraufhin ertönte ein lautes Surren und Klacken, Pollmann schob einen Teil des Gitters auf, ging mit Susanne hinein und schloß es wieder sorgfältig. Dahinter war der Flur menschenleer. Hier schlurften keine Patienten herum. Während sie weitergingen, schrie hinter einer Tür plötzlich jemand laut, ein böser, haßerfüllter Schrei. Susanne zuckte zusammen.
    „Das ist Kurt“, sagte Pollmann. „Er ist schon sehr lange bei uns. Wenn er gleich seine Spritze bekommen hat, hört das Schreien auf.“
    Sie kamen zu einem aseptisch wirkenden hellen Stationszimmer, hinter dessen großem, auf den Flur hinausgehenden Fenster ein weißgekleideter Pfleger an einem Pult saß. Neben ihm an der Wand hingen mehrere Monitore.
    „Morgen, Herr Doktor“, sagte er. An einem Tisch weiter hinten saßen noch zwei Pfleger, rauchten, tranken Kaffee und spielten Karten. „Kommen Sie“, sagte Dr. Pollmann zu Susanne und zeigte auf einen der Monitore, „ich möchte, daß Sie sich ihn erst einmal von hier aus anschauen.“
    Auf dem Bildschirm sah man das

Weitere Kostenlose Bücher