Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe
Tisch zu suchen und sich eine andere Fluchtmöglichkeit auszudenken.
Mit einem Schlüsselbund stampfte der dicke Chinese wieder heran. „Sorry!“ sagte er noch einmal, während er den passenden Schlüssel suchte.
Gerade als er die Tür aufgeschlossen hatte, tauchten am Vordereingang die BKA-Männer auf. Susanne stürmte an dem Koch vorbei nach draußen, dabei beinahe über einen Bettler stolpernd, der dort mit dem obligatorischen Pappschild und Hut auf dem Gehsteig saß. Während sie die Rolltreppe zur U-Bahn hinunterrannte, betete sie, daß die beiden sie nicht gesehen hatten.
Sie jagte durch die unterirdische Halle mit dem Kiosk und den Fahrscheinautomaten. Oben von der Treppe aus sah sie eine Bahn auf dem Gleis warten. So schnell sie konnte, rannte Susanne die Treppe hinunter, doch die Türen schlossen sich, und als Susanne keuchend auf den roten Türöffner hieb, hatte die Bahn sich bereits in Bewegung gesetzt. Die Tür öffnete sich nicht wieder. Fluchend und nach Luft schnappend, stand Susanne auf dem Bahnsteig. Wenn die beiden sie gesehen hatten, mußten sie jeden Moment am Kopf der Treppe auftauchen, wenn nicht, würden sie das Lokal absuchen, anschließend vielleicht einen Moment vor der Damentoilette warten, ehe sie die Hintertür entdeckten. Dann blieb ihr unter Umständen gerade noch genug Zeit bis zur nächsten Bahn.
So stand sie, unruhig von einem Bein auf das andere tretend, hinter dem Kasten mit den Fahrplänen, damit die Verfolger sie nicht sofort entdeckten, und wartete. Endlich ertönte aus der dunklen Tunnelröhre das Surren der nächsten Bahn. Susanne atmete auf. Als die Bahn hielt, sprang sie hinein und ließ sich auf einen der Plastiksitze fallen. Während der Zug anfuhr und aus der Haltestelle rollte, beobachtete sie aus den Augenwinkeln, wie die BKA-Männer die Treppe zum gegenüberliegenden Bahnsteig herabstiegen, ohne sie zu sehen. Diese Burschen waren ganz schön schnell, aber sie hatte sie trotzdem abgehängt! Erleichtert lehnte sie sich zurück.
Am Hauptbahnhof stieg sie aus, eilte nach draußen und setzte sich in ein Taxi. Sie nannte Schleis Privatadresse draußen in Seeweiler als Fahrtziel und zog ihre Zigaretten aus der Jackentasche, doch der Fahrer, ein schweigsamer Marokkaner oder Algerier, klopfte auf das Nichtraucherschild am Armaturenbrett. Susanne seufzte und steckte die Zigaretten wieder weg. Die Fahrt nach Seeweiler würde mindestens zwanzig Minuten dauern. Scheiße, dachte sie, wenn sie mir ein Disziplinarverfahren anhängen, kann ich das Taxi noch nicht einmal auf meine Spesenabrechnung setzen. Sie lehnte sich in die Polster zurück, bemüht, sich ein wenig zu entspannen, war aber innerlich von bebender Unruhe erfüllt. Ein Teil von ihr wollte unbedingt alle Geheimnisse in dieser Angelegenheit erfahren, doch ein anderer Teil wäre am liebsten an der nächsten Ecke aus dem Taxi gesprungen.
Es ist besser für Ihre Nachtruhe, wenn Sie die Sache vergessen , hatte Kettler gesagt. Sie ging ein hohes Risiko ein. Möglicherweise beendete das, was sie gerade tat, ihre Karriere bei der Kölner Kripo. Und wenn Schlei doch nicht reden wollte, oder Kettlers Leute sie an der Haustür abfingen, war alles umsonst. Noch konnte sie dem Taxifahrer sagen, sie habe es sich anders überlegt, sich von ihm dorthin zurückfahren lassen, wo sie ihren Käfer geparkt hatte. Aber sie schwieg und spielte nervös mit der Zigarettenschachtel in ihrer Tasche.
9. KAPITEL
S usanne spürte ein geradezu quälendes Verlangen nach einer Zigarette. Daran war der Streß schuld, die innere Unruhe. Mein Zigarettenkonsum ist in letzter Zeit wirklich beängstigend, dachte sie, ich muß mich selbst besser kontrollieren. Der Taxifahrer hatte während der ganzen zwanzig Minuten kein Wort gesprochen. Jetzt rollte der Wagen in Seeweiler durch die Asternstraße, vorbei an großen, imposanten Häusern, die von repräsentativem, aufwendige gärtnerische Pflege verlangendem Grün umgeben waren. Vor der Nummer 23 hielt das Taxi, Susanne zahlte, ohne Trinkgeld, und stieg grußlos aus. Zu einem Fahrer, der kein Wort sprach und ihr das Rauchen nicht erlaubte, hatte sie keine besondere Lust, höflich zu sein.
Die Nummer 23 war ein kühl und modern wirkender Flachdachbungalow mit großen Fensterflächen, teuer, wie alle Häuser in dieser Straße. Den vielen Rosenstöcken und exotischen Zierpflanzen nach zu urteilen war Schlei Gartenliebhaber. Es gab auch einen großen Seerosenteich mit einem kitschigen, nicht zum modernen
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