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Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Titel: Wendland & Adrian 03 - Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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funktioniert. Du hast gesagt, ich soll die Augen zumachen und mich entspannen. Genau das hab ich versucht.«
    Chris wollte zu einer heftigen Erwiderung ansetzen, biss sich aber rechtzeitig auf die Lippe. Du weißt doch gar nicht, ob der Junge es absichtlich tut, mahnte sie sich. Eines stand jedenfalls fest: Mario musste irgendwann einmal mit Schamanismus in Berührung gekommen sein. Diese schwarze Wand, die dort so unüberwindlich im Dschungel gestanden hatte, musste mithilfe schamanischer Kraft errichtet worden sein, sonst wäre es Chris gelungen, sie zu durchdringen. Entweder hatte Mario sie selbst errichtet. Dann verstellte sich der Junge glänzend und spielte ihnen irgendein sonderbares Theater vor. Oder ein Schamane von Silver Bears Kaliber war hier am Werk gewesen – nur ein wirklicher Meisterschamane vermochte im Bewusstsein eines anderen Menschen eine derartige Manipulation vorzunehmen.
    Chris entspannte sich und seufzte. »Okay, belassen wir’s einstweilen dabei. Komm, wir machen eine Pause und versuchen es später noch mal. Einverstanden?«
    Mario zuckte die Achseln. »Ich weiß zwar nicht, was das bringen soll, wenn es jetzt nicht geklappt hat. Aber meinetwegen.«
    Sie gingen nach unten, wo Jonas in der Küche saß und einer rundlichen älteren Frau Geschichten aus seiner Zeit bei der Kölner Kripo erzählte. Jonas konnte höchst unterhaltsam erzählen. Die Frau stellte sich Chris als Hedwig vor, die Haushälterin. Mister Brown lag auf dem Fliesenboden und kaute auf einem Knochen herum und auf dem Tisch stand ein Tablett mit belegten Broten. »Ihr Freund meinte, schamanische Arbeit mache hungrig, Frau Adrian, und da dachte ich ...«
    So war es in der Tat und Mario und Chris fielen unverzüglich über die Brote her. Zugleich wurde Chris aber ein unbehagliches Gefühl nicht los. Diese merkwürdige Reaktion, die ihre Frage in Marios Seelenlandschaft ausgelöst hatte. Die fliehenden Vögel, die bleierne Stille ... Es war, als braue sich etwas zusammen.
    »Bei uns Kölnern hat Ihr Name einen guten Klang, Frau Adrian«, sagte Hedwig lächelnd. »Dass Sie damals den Dom vor dem Einsturz bewahrt haben, wird man Ihnen in der Stadt bestimmt nie vergessen. Ich bin sicher nicht die einzige Kölnerin, die sich seither für Schamanismus interessiert. Ich habe inzwischen ein paar Bücher gelesen und finde es wirklich interessant. Ich glaube, die guten, einfachen Leute haben diese Dinge nie ganz vergessen, auch in den Jahrhunderten, als es kirchlicherseits verboten war, sich damit zu beschäftigen. Bei uns in der Familie war es zum Beispiel immer schon so, dass mit den Pflanzen geredet wurde – und was soll ich sagen, wir hatten immer prachtvolle Küchengärten.«
    »Fein«, erwiderte Chris höflich. Wenn Susanne nicht gewesen wäre, hätte sie Besuche in Köln möglichst vermieden. Immer traf sie dort irgendwelche Leute, die sie wegen des Doms in ein Gespräch verwickelten. Das konnte ganz schön nerven!
    »Dann bist du also in Mittelamerika geboren, Mario«, sagte Jonas, hilfreich das Thema wechselnd. »Susanne hat erzählt, dass du deine leiblichen Eltern nie kennen gelernt hast.«
    »Das stimmt leider«, erwiderte Mario. »In letzter Zeit denke ich öfter darüber nach. Ich wüsste gern, was in meiner Kindheit geschehen ist. Ich meine, es ist seltsam, sich an die ersten fünf Jahre seines Lebens überhaupt nicht erinnern zu können.«
    Die schwarze Wand. Was verbarg sich nur dahinter? Chris hatte das Gefühl, möglichst schnell mit Mario eine zweite Sitzung machen zu müssen. Ihr Unbehagen wuchs. Sie schob das Tablett weg, obwohl sie erst vier Brote gegessen hatte.
    Hedwig verabschiedete sich. Sie habe ihrer Tochter versprochen am Abend auf die Enkelkinder aufzupassen. »Toi, toi, toi für ihren Schamanismus, Frau Adrian!«, sagte sie noch. »Wenn unser Dom wieder mal wackelt, ruft der Oberbürgermeister Schramma Sie bestimmt zu Hilfe. Dem Kardinal Meisner sind Sie zu heidnisch, deswegen würde der garantiert den Schramma vorschicken. Alles Gute!«
    Chris lächelte gequält.
    Mario schaute Hedwig hinterher, erkennbar daraufwartend, dass die Haustür ins Schloss fiel, dann sagte er etwas zögernd: »Zwar raten mir die ach so vernünftigen Erwachsenen alle, dass es viel besser für mich wäre, wenn ich nach vorn schaue und die Vergangenheit ruhen lasse ...«
    Chris merkte an Jonas’ Gesichtsausdruck, dass dessen kriminalistischer Verstand aktiv wurde. »Welche Erwachsenen? Arne Felten und deine Adoptiveltern?«,

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