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Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Titel: Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Reinker
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Abers? »Soll ich bleiben – soll ich gehen?« Unterm Strich nichts anderes als »Kauf ich die Pumps in Lackleder oder doch lieber in Wildleder?«
    Nun habe ich persönlich selbst im Schuhsegment ganz erhebliche Entscheidungsprobleme. Entsprechend schwer tue ich mich mit Neeles Frage. Offen gestanden wird mir sogar ein bisschen mulmig bei dem Gedanken daran, dass vielleicht wirklich alles unterm Strich so einfach ist, wie sie sagt.
    In dem Fall müsste ich mich umgehend von der Heulsuse zum decision maker mausern, wie Manuel sagen würde.
    Jedenfalls kann ich mich unmöglich weiter rausreden mit diesen typischen Sprüchen, mit denen unglückliche Ehefrauen sich selbst und der Welt erklären, warum sie trotz alledem bei ihren Männern bleiben. »Das kann ich ihm nicht antun; er braucht mich doch.« »Eine Scheidung kann ich mir nicht leisten.« »Wir haben uns halt so aneinander gewöhnt.« »Wer soll denn sonst den Müll runterbringen?«
    Alles Argumente, die auch ich schon Hunderte Male hingebungsvoll in meinen Hirnwindungen hin und her erörtert habe. Selbstverständlich, ohne zu einem amtlichen Endergebnis zu kommen. Wie war das noch in Martinas Meditationskalender? »Jammern ist leichter als handeln«, oder so ähnlich. Stimmt. Fürchte ich.
    Aber deshalb lasse ich mich von Neele noch lange nicht zu einem Schnellschuss verleiten. Stattdessen werde ich sie gebührend auf die Komplexität des von ihr eingeforderten Meinungsbildungsprozesses hinweisen. Schon allein, damit sie nicht immer das letzte Wort hat.
    »Das ist alles nicht so einfach, wie du glaubst«, erkläre ich im mildesten Ehegattinnen-Tonfall, der mir zur Verfügung steht.
    »Natürlich liebe ich meinen Mann. Und wenn ich wüsste, dass er in Sachen Libido nun mal im Niedrigfrequenzbereich geboren wurde, könnte ich mich prima mit allem arrangieren, bestimmt! Aber das schaffe ich nicht, solange ich mich permanent fragen muss, ob er Geheimnisse vor mir hat. Vielleicht ist er ja wirklich schwul. Oder er gehört zu den Männern, die zwei Frauen brauchen, eine Heilige und eine Hure – davon soll’s ja auch jede Menge geben …«
    Mit tränenumflorter Stimme breche ich ab. Das dürfte reichen, um Neele die Dimension meines Dilemmas vor Augen zu führen.
    Sie guckt tatsächlich recht betroffen und denkt zur Abwechslung nach, anstatt spontan einen Kommentar abzufeuern.
    Das übernimmt überraschenderweise Renate für sie. »Sandra, hör auf eine alte, weise Frau wie mich. Ich glaube auch nicht, dass bei euch alles nur an Thomas’ Libido hängt. Da machst du dir was vor.«
    Sie schaut mich prüfend an, wie um sicherzugehen, dass ich ihr jetzt auch genau zuhöre. »Oder glaubst du etwa wirklich, eure Ehe wäre auf einmal perfekt, wenn im Bett alles super klappen würde?«
    Ich blicke betreten in mein Weinglas. Es ist leer.
    Renates Frage walzt durch mein Hirn wie ein Bundeswehrpanzer im Manöver. Wäre unsere Beziehung perfekt, wenn wir perfekten Sex hätten?
    Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Wann auch? All mein Sinnen, all mein Trachten dreht sich seit einer gefühlten Ewigkeit einzig und allein um Thomas’ Erektionsfähigkeit. Für eine weitergehende Qualitätsanalyse unserer Beziehung fehlt da einfach die Zeit.
    »Wenn du von deinem Mann redest, höre ich da jedenfalls mehr Langeweile raus als große Gefühle«, sagt Renate vorsichtig. »Als wir vor ein paar Wochen in der ›Pfälzer Weinstube‹ zusammen deinen Meidner-Ausstieg gefeiert haben – weißt du noch? Da hatte ich sogar das Gefühl, dass dir dein Thomas mit seinen drögen Statistikerwitzchen ganz schön auf den Wecker geht. Aber das ist natürlich nur mein Eindruck. Was meint ihr denn dazu? Ihr kennt die beiden doch schon länger!«
    Renate, Neele und Martina wechseln vielsagende Blicke. Ich sehe Neele an, dass sie tatsächlich damit liebäugelt, nun ihre gesamte Rioja-Rede noch einmal vorzutragen. Nur diesmal nüchtern und entsprechend stichhaltiger formuliert.
    Na großartig. Da wird in aller Öffentlichkeit über meine Beziehung zu Gericht gesessen, und ich stehe daneben und bekomme noch nicht mal die Gelegenheit zu einer persönlichen Stellungnahme.
    Beleidigt wende ich mich von meinen sogenannten Freundinnen ab und marschiere Richtung Weinausschank. Auf den Schreck erst mal ein Schluck.
    »He, bring uns was mit!«, röhrt Neele mir gut gelaunt hinterher. Den Teufel werde ich tun. Je mehr die Damen trinken, desto mehr werde ich mir hinterher anhören müssen. Je mehr ich hingegen

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