Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
hast du ja diesmal richtig lange durchgehalten!
Auch das noch. Neben dem Badezimmerfenster hat sich mein Staatsanwalt aufgepflanzt. Kann man denn noch nicht mal mehr auf dem Klo seine Ruhe haben?
Ich überhöre seinen beißenden Spott und starre weiter in den Spiegel.
Am Anfang habe ich spontane Mutmaßungen über Thomas’ wahre Neigungen immer verschämt in meinen mentalen Mülleimer gestopft. Obwohl der Gedanke zugegebenermaßen auf der Hand liegt. Vor allem, seit sich vor ein paar Monaten der Mann meiner Bielefelder Freundin Simone geoutet hat. Aus heiterem Himmel. Erklärte Simone, dass er das ewige Versteckspiel satthabe, und zog noch am selben Tag mit seinem langjährigen Liebhaber zusammen.
Seitdem hockt sie alleine in der Wohnung, die die beiden auf Pump gekauft haben, als Martin noch einen auf Hetero gemacht hat, und fragt sich jeden Tag, warum sie jahrelang nichts gemerkt hat.
Was mich betrifft, so denke ich seitdem natürlich des Öfteren über Thomas’ sexuelle Ausrichtung nach. Einen Moment lang sehe ich ihn vor mir, wie er mir, in einen wattierten rosaseidenen Morgenmantel mit Goldstickerei gehüllt, seine wahren Neigungen offenbart. In der einen Hand einen Cognacschwenker, in der anderen eine Studie über den Verbreitungsgrad latenter Homosexualität in West- und Mitteleuropa.
Übergangslos erfasst mich der altbekannte Drang, mich auf ihn zu stürzen, ihn heftig zu schütteln und »Was ist eigentlich los mit dir, verdammt noch mal?« zu schreien.
Doch stattdessen lege ich lieber eine Beruhigungsmaske auf. Die wird mir aller Voraussicht nach mehr bringen als die 348. Beziehungsdiskussion. In der aus Thomas ohnehin nicht mehr herauszuholen wäre als ein knapper Hinweis darauf, dass statistisch gesehen die große Mehrheit der bundesdeutschen Ehepaare Kontroversen über Sex sorgfältig vermeidet.
Und dass er persönlich das auch gut so findet.
v v v
Montagmorgen auf dem Weg ins Büro fühle ich mich wie Melanie Griffith in Die Waffen der Frauen kurz vor der entscheidenden Schlacht mit ihrer Chefin. Möglicherweise ein gutes Omen. Am Ende siegt die süße Melanie schließlich auf ganzer Linie: Sigourney Weaver wird fristlos gefeuert, und obendrauf gibt’s als Sahnehäubchen große Gefühle von Harrison Ford.
Mein Fall ist natürlich etwas anders gelagert. Erstens, weil der real existierende Meidner wesentlich intriganter ist als Sigourney im Film. Zweitens, weil mir noch gar nicht klar ist, ob ich in der Auseinandersetzung mit ihm überhaupt etwas habe, das als Waffe taugen könnte. Und drittens, weil es in meinem Leben derzeit nicht die geringste Aussicht auf ein gut aussehendes Sahnehäubchen gibt.
Geistesabwesend schließe ich mein Büro auf und schalte den Rechner ein. Ich wünschte, Manuel hätte mir nie von Joes Absichten erzählt. Das würde an der Sache selbst nichts ändern, aber wenigstens würde es mir jetzt nicht so dreckig gehen.
Typisch Frau. Im Zweifelsfall lieber jammern und zagen, als entschlossen das eigene Schicksal in die Hand zu nehmen. Höchste Zeit, dass mein Kampfgeist sich wieder einstellt.
»Sandy-Babe, gut, dass ich dich sehe! Komm doch bitte mal eben zu mir«, brüllt Joe in diesem Moment quer über den dunkelblauen Flur. Mir schlägt das Herz bis zum Hals. Ist es etwa schon so weit? Kommt jetzt der Showdown?
Beklommen betrete ich das Büro vom Meidner. Der hockt griesgrämig auf seinem Chefsessel. Seine ungesunde Gesichtsfarbe verrät mir, dass er seit der Rasenmäherparty deutlich zu wenig Schlaf und deutlich zu viel Alkohol abbekommen hat. Ich atme auf. In dem Zustand ist er selten zu mehr fähig als zu einer Krankmeldung in eigener Sache.
»Kümmer du dich bitte mit dem Manuel zusammen um die Manöverkritik vom Schnurer. Der hatte ziemlich viel zu meckern«, sagt Joe spitz. »Gestern musste ich ihn noch teuer ins ›Trader Vic’s‹ ausführen, um ihn halbwegs zu besänftigen.«
Der gute alte Meidner. Man kann sich 100-prozentig darauf verlassen, dass Lob und Anerkennung ihm niemals und unter keinen Umständen über die Lippen kommen. Wahrscheinlich hat er Angst, dass ein vorlauter Untergebener daraus irgendwann das Anrecht auf eine Gehaltserhöhung ableiten könnte.
Dabei weiß ich von Manuel, dass der Schnurer von unserem Event total begeistert war. Aber Joe wäre nicht Joe, wenn nicht selbst an seinem eigenen Kater jemand anders schuld wäre als er.
Außerdem ist Beschwerdemanagement immer ein triftiger Grund für eine fette Spesenrechnung in
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