Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
Münchens nobelster Bar.
»Ich hab mich für euch geopfert, ich hoffe, du weißt das zu schätzen«, knurrt der Meidner misslaunig. Bei dem Rotweinanteil in seinem Atem muss ein geschätzter Restalkohol von mindestens 1,5 Promille in seinen Adern kreisen.
»Mir ist schlecht. Und das schon seit Freitag. Eins von den Lachshäppchen mit Mayonnaise wahrscheinlich. Erinner mich dran, dass wir dem Catering-Fritzen die Rechnung kürzen. Ich geh jetzt nach Hause, mich hinlegen. Rechne vor Mittwoch lieber nicht mit mir.«
Das war’s, mehr kommt da wohl nicht mehr. Erleichtert wende ich mich zur Tür. Schon bin ich fast draußen. In Sicherheit. Gerade will ich tief durchatmen, da brüllt Joe auf einmal: »Ach ja, und den Freitagnachmittag halte dir bitte frei, da habe ich was mit dir zu besprechen!«
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»Angesichts der Sachlage wird’s in dem Gespräch wohl kaum um deine Beförderung gehen«, unkt Neele, als ich Donnerstagabend bei ihr eintreffe. »Komm schon, lass dir jetzt nicht Bange machen. Kein Übel ist so schlimm wie die Angst davor.«
»Hast du dir jetzt etwa auch einen Meditationskalender gekauft?«, frage ich genervt. »Selbst Buddhas geballte Weisheit wird mir vermutlich nicht helfen, meine Stelle zu behalten.«
»Dann musst du dir halt ’nen anderen Retter suchen«, entgegnet Neele ungeduldig. »Wie wär’s zum Beispiel mit Machiavelli? Eigentlich ist alles ganz einfach: Wenn der Meidner dir sagt, dass er dich feuern will, erklärst du ihm, wozu du dich unter diesen Umständen gezwungen fühlen könntest. Das nennt man verhandeln, Schätzchen. Wenn man sie einmal am Kragen hat, sind selbst harte Männer erstaunlich verhandlungsbereit. Glaub’s mir, ich spreche aus jahrelanger beruflicher Erfahrung.«
Es klingelt, und Neele unterbricht ihren Vortrag, um die Tür zu öffnen. Kurz drauf stehen Renate und Martina im Rahmen. Neele hat darauf bestanden, im Hinblick auf meinen anstehenden Termin mit Joe zu einem vorbereitenden Strategiegespräch einzuladen. Aus gegebenem Anlass hat sie sogar extra Lara Croft und Thelma & Louise auf DVD besorgt. Als Anschauungsmaterial, damit ich studieren kann, wie es ist, wenn Frauen kämpfen.
»Komm, nimm noch vom Roastbeef – das gibt Kraft«, ermuntert Martina mich, als wir kurz darauf beim Essen sitzen. Renate und Neele nicken energisch.
Meine Freundinnen schauen mich an, als sei ich Jung-Siegfried kurz vor der Begegnung mit dem Lindwurm. Ich bin gerührt, fast beschämt.
»Können wir nicht wenigstens beim Essen von was anderem reden als von morgen Nachmittag?«, frage ich verlegen. »Ich weiß überhaupt nicht mehr, wie es euch überhaupt geht. Martina, erzähl doch mal, was ist mit dir und Stefan?«
Lustlos stochert Martina in ihren Bratkartoffeln herum. Früher wäre sie inzwischen bei der dritten Portion angelangt, doch ihre Eheprobleme scheinen ihr auf den Magen geschlagen zu haben. In den letzten Wochen hat sie mindestens fünf Kilo abgenommen. Stille Trauer veredelt ihre schmal gewordenen Gesichtszüge. Abgesehen von ihrer ewigen 50er-Jahre-Hochsteckfrisur sieht sie so blendend aus wie lange nicht mehr.
Es ist eben alles zu irgendwas gut. Selbst ein untreuer Ehemann.
»Ich hab’s bisher nicht geschafft, ihn endgültig rauszuschmeißen«, murmelt sie schließlich frustriert. »Ich meine, aus unserem Ehebett schon, aber nicht aus der Wohnung. Vor allem wegen der Kinder. Lea hat schon einen Heulkrampf gekriegt, als ich ansatzweise versucht habe zu erklären, dass der Papa jetzt vielleicht ein Weilchen nur noch zu Besuch kommt. Und die beiden Großen hängen auf einmal an ihrem Vater, als hätte er sich vom Erzspießer zur Lichtgestalt gemausert. Ich sag’s euch, Kinder zu haben ist eine undankbare Angelegenheit.«
Seufzend nimmt sie einen Schluck Weißwein. »Es liegt aber natürlich nicht nur an den Kindern. Ich hab einen Horror davor, am Ende eine geschiedene Frustrantin zu sein, die nie wieder einen Kerl abkriegt. Alte-Mädels-WG und Jamaikaausflüge hin oder her«, fügt sie leise hinzu, als sie einen Blick von Neele auffängt.
»Und dann quäl ich mich natürlich mit der Frage rum, inwiefern es eigentlich meine Schuld ist, dass Stefan sich eine Gespielin zugelegt hat. Vielleicht liegt’s ja auch an mir, zunehmende Cellulitis, nachlassende Lust, mangelnde Kreativität in Stellungsfragen – ihr wisst schon.«
Ich nicke. Wahrscheinlich eine Spur zu heftig, denn alle Blicke richten sich auf einmal auf mich. Glücklicherweise redet Martina
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