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Wenn das Herz im Kopf schlägt

Wenn das Herz im Kopf schlägt

Titel: Wenn das Herz im Kopf schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechtild Borrmann
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haben Lembach und seine Leute bereits zwei Stative mit starken Scheinwerfern aufgestellt. Gut hundert Meter vor der Fundstelle ist eine Straßensperre errichtet worden.
    Ein junger Kollege in Uniform kommt auf seinen Wagen zu. »Tut mir leid, hier können Sie nicht durch.«
    Böhm greift in die Jackentasche. Sein Ausweis liegt auf der Kommode im Flur. »Mein Name ist Böhm. Ich bin Leiter der Abteilung Kapitalverbrechen.«
    Der junge Mann, knapp zwanzig Jahre alt, lächelt ihn an. »Schon klar, aber ein ziemlich alter Pressetrick!«
    Böhm starrt ihn an. Hinter ihm blinken Scheinwerfer auf. Erleichtert atmet er auf, steigt aus und winkt Joop zu sich herüber. »Ich habe meinen Ausweis nicht dabei. Er lässt mich nicht durch!«
    Joop knurrt. Joop knurrt immer, wenn er nachts aus dem Bett geholt wird. Er geht auf den Polizisten zu und weist sich aus.
    »Und das ist mein Chef. Und wenn du uns jetzt nicht durchlässt, fahren wir beide wieder nach Hause und du kannst den Scheiß hier alleine machen.«
    Böhm schüttelt den Kopf. »Joop, er kennt mich nicht. Er hat sich korrekt verhalten.«
    Joop sieht den Beamten an, der betreten auf den Boden schaut. »Sorry.« Er bufft den neuen Kollegen auf den Oberarm. »War nicht so gemeint.«
    Dann wendet er sich Böhm zu. »Wieso haben wir nicht eine Sekunde daran gedacht, dass er es noch mal tun könnte?«
    »Weil wir erst seit wenigen Stunden den Ansatz eines Motivs haben. Und weil unser Täter verdammt schnell ist. Gietmann ist noch keine drei Tage tot.« Böhm steigt in sein Auto.
    Objektiv betrachtet, hat er Joop die Wahrheit gesagt. Das hat keiner vorhersehen können. Trotzdem liegt hier jetzt ein Toter. Ein Toter, weil er, Böhm, nicht schnell genug war. Ein Toter, weil er nicht weit genug gedacht hat! Er parkt seinen Wagen hinter dem Bulli der Spurensicherung.
    Lembach steht in seinem weißen Ganzkörperkondom neben der Schiebetür und hantiert in einem kleinen Koffer auf der Ladefläche. »Unser Gefühl hat uns wohl nicht getäuscht!« Er beschriftet kleine Aufkleber und trägt Nummern in eine Liste ein.
    »Wie meinst du das?« Böhm schiebt die Hände in die Jackentaschen. Ein kalter Wind weht ihm ins Gesicht.
    »Dass der durchgeknallt ist. Der kommt jetzt erst richtig in Fahrt! Geh mal hin und guck dir Lüders an.«
    »Wer hat ihn gefunden?«
    »Sein Sohn.«
    »Welcher?«
    Lembach zieht sich neue Handschuhe an. »Hat der mehrere?«
    Böhm geht den markierten Weg entlang. Van Oss ist bereits am Fundort und redet mit Bongartz.
    Böhm bleibt stehen und sieht sich um. Wieder diese Ruhe, diese schwere, schwarze Stille, die alle Geheimnisse für ewig verschweigen will. Die Eichen, die sich vom Hof die Einfahrt hinunter und dann rechts und links um den Hügel ziehen, stehen hier auf gut zwanzig Meter in zwei Reihen. Es riecht nach Erde und Feuchtigkeit, nach Boden, der nie richtig trocken wird.
    Lüders ist mit den Armen nach hinten, um den Stamm eines Baumes herum, gefesselt. Sein Kopf hängt vornüber. Er sitzt auf dem Boden. Die Füße sind an zwei Holzpflöcken, die gut anderthalb Meter auseinanderstehen, mit breitem schwarzen Klebeband festgehalten. Das gleiche schwarze Band taucht an Nacken und Hinterkopf auf. Er kann es so nicht sehen, aber er weiß, dass es im Gesicht über den Mund verläuft.
    Die Hose und Unterhose ist vorne aufgeschnitten. Seine Genitalien liegen vor ihm, zwischen seinen Knien, auf dem Boden. Die Erde ist blutdurchtränkt. Der Mann sitzt da und trauert um seine Geschlechtsteile.
    Böhm wartet darauf, dass Lüders Schultern zu zucken beginnen, dass er Schluchzen hört und Tränen auf die immer feuchte Erde fallen sieht.
    Der Wind treibt ihm den Kupfergeruch des Blutes in die Nase. Er geht in weitem Bogen um den Toten herum und betrachtet ihn jetzt von der anderen Seite. Der Kopf liegt leicht schief und ist ihm von dieser Seite aus zugewandt. Das Klebeband verläuft über Mund und Nase. Auch die Handgelenke sind mit diesem schwarzem Band zusammengebunden. Hier wirkt es schmaler und zusammengeschoben. Lüders muss versucht haben, sich loszureißen.
    Böhm schiebt die Brille hoch und fährt sich mit beiden Händen durchs Gesicht.
    Wer bist du? Wie viele hast du noch auf deiner Liste? Du hast doch eine Liste, oder? Gietmann und Lüders, beide wolltest du haben. Wen noch? Du hast es verdammt eilig, nicht wahr? Es war keine Stümperei. Gietmann sollte langsam verbluten, nicht wahr? Und was hat Lüders getan? Warum hast du ihm die Geschlechtsteile

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