Wenn das Herz im Kopf schlägt
ist, wegen Bestechlichkeit im Amt gehen musste, und die Zeitung völlig verschont blieb, hat sein Glaube an das Rechtssystem dieses Landes einen schweren Schlag erlitten.
Seither pflegt er keine Kontakte zur Presse. Sein »Kein Kommentar« war bei den Reportern bekannt und verhasst. Sie hatten in mehreren Fällen versucht, ihn als unfähig darzustellen. Gelungen war ihnen das bisher nie.
»Siegfried, ich brauche noch Leute. Der Täter handelt schnell, und wir wissen nicht, wen er noch auf seiner Liste hat. Ich brauche auf jeden Fall einen Kollegen, der in den nächsten Tagen in der Anzeigenannahme beim
Tagesblatt
sitzt und die Todesanzeigen aufnimmt. Mit dem zuständigen Redakteur ist das schon geklärt. Außerdem brauche ich Leute, die im Dorf von Tür zu Tür gehen. Der Täter hat zwei Holzpflöcke tief in die Erde geschlagen. Das muss jemand gehört haben.«
»Einverstanden. Ich kümmere mich darum. Ich kann dir auf jeden Fall die neue Kommissaranwärterin geben. Die sollte eigentlich erst zum KK 3 und dann zu euch, aber wir können es umgekehrt machen.«
Van Oss und Steeg sitzen vor ihm und kauen Brötchen. Achim schiebt ihm eine Tasse Kaffee zu. Auf der Symbolleiste seines Bildschirms winken zwei kleine holländische Fähnchen, die ihm anzeigen, dass interne E-Mails eingegangen sind. Diesen Hinweis hat Joop eingerichtet und Steeg damit schier zur Verzweiflung gebracht. Tagelang hat er versucht, die holländische Fahne zu löschen und ein anderes Symbol zu installieren. Es ist ihm nicht gelungen.
Bongartz schickt seinen vorläufigen Autopsiebericht und Lembach seine ersten Ergebnisse vom Tatort. Böhm öffnet die Mails, und alle drei starren auf den Bildschirm.
Lüders ist, weil ihm Mund und Nase verklebt waren, erstickt. Er ist, genau wie Gietmann, zunächst niedergeschlagen worden. Wieder hat der Täter einen Knüppel benutzt. Außerdem ist der linke Arm aus der Gelenkpfanne gerissen. Die Genitalien sind ihm mit einem normalen Messer entfernt worden. Von den Schnittflächen her kann es sich um dasselbe Messer handeln, mit dem Gietmanns Pulsadern aufgeschnitten wurden. In der rechten Handinnenfläche des Toten wurden Fasern gefunden. Bongartz hat sie an Lembach weitergeleitet. Eintritt des Todes zwischen einundzwanzig und zweiundzwanzig Uhr.
Joop lehnt sich im Stuhl zurück. »Diesmal stimmt das Todesdatum in der Anzeige.«
Steeg kaut auf dem letzten Bissen seines Brötchens und schluckt. »Er hatte auch weniger Zeit. Jörg Lüders hat ausgesagt, dass sein Vater jeden Montag um zwanzig Uhr zum Stammtisch ging und spätestens um Mitternacht zurück war.« Er bohrt mit dem Fingernagel Brötchenreste aus den Zähnen. »Woher weiß der das alles? Der Täter war sowohl über Gietmanns als auch über Lüders Gewohnheiten informiert. So was kriegst du nicht raus, wenn du jemanden ein paar Tage observierst.«
Joop streckt die Beine aus. »Genau! Und vergiss den Hund nicht!«
Böhm dreht sich um. »Welchen Hund?«
»Gestern Morgen hat Lüders Hund tot im Innenhof gelegen. Jörg Lüders ist davon ausgegangen, dass er versehentlich Kunstdünger oder Rattengift gefressen hat. Das eigentlich Interessante daran ist, der alte Lüders nahm den Hund oft mit zum Stammtisch.«
Böhm zieht die Augen schmal. »Ja, ich erinnere mich. Der Hund hat wie wild gekläfft, als ich bei Lüders war. Wenn ein Fremder dort war, um Gift auszulegen, muss er doch genauso reagiert haben.«
»Lüders sagt, der Hund habe immer Radau geschlagen. Auch wenn Personen kamen, die er kannte. Nur er, sein Bruder, der alte Lüders und seine Frau konnten den Hof betreten, ohne dass er anschlug.«
Joop sieht auf die Uhr. »Ich gehe mal rüber und telefoniere mit dem Krankenhaus. Ich möchte wissen, wie es Frau Lüders geht.«
»Wart ihr bei Gerhard Lüders?«
»Ja«, Steeg steht auf und kommt mit der Kaffeekanne zum Tisch. »Da war ich um fünf Uhr. Er war nicht zu Hause.«
Böhm dreht sich mit seinem Stuhl und gießt sich nach. »Der arbeitet in der Genossenschaft.« Er greift in die obere Schublade und zieht ein Telefonbuch hervor.
»Mal sehen, ob er zur Arbeit erschienen ist.«
Joop setzt sich wieder dazu. »Was macht ihr?«
Böhm fährt mit seinem Finger über die Telefonseite. »Überprüfen, ob Gerhard Lüders zur Arbeit erscheinen ist.«
»Ist er nicht. Er ist im Krankenhaus bei seiner Mutter. Es geht ihr unverändert schlecht. Der Arzt sagt, ihr Herz ist nicht stabil.«
Böhm klappt das Telefonbuch zu. »Joop, du fährst ins
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