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Wenn das Herz im Kopf schlägt

Wenn das Herz im Kopf schlägt

Titel: Wenn das Herz im Kopf schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechtild Borrmann
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Kameras gesehen. Die sind bestimmt vom Fernsehen. Merklen wird berühmt. Eigentlich müsste sie um zehn Uhr aufmachen, und sicher lässt sich heute was verdienen. Sie rückt die Teetasse beiseite, schiebt die verschränkten Arme auf die Tischplatte und legt den Kopf darauf.
    Draußen ist es kalt. Sie will es denen nicht gemütlich machen. Wenn diese Schnüffler den ganzen Tag in ihren Autos sitzen müssen, ziehen die schon wieder ab. Sie steht mühsam auf. Im Schankraum malt sie mit einem dicken Filzstift
Heute geschlossen
auf die Rückseite eines Briefumschlages. Den schiebt sie hinter die Scheibengardine der Eingangstür. Kaum, dass sie sich umgedreht hat, klopft jemand mit der flachen Hand gegen das Glas. Sie geht zum Fenster und schiebt den Store ein Stückchen zur Seite.
    Wieder hämmert es gegen die Tür.
    »Ich habe geschlossen!« Unverschämtes Pack. Solche will sie sowieso nicht in ihrem Lokal haben.
    »Ruth, mach auf!«
    Sie schiebt die Gardine weit zurück und sieht Günter Mahler und Egon Jansen auf der Treppe stehen.
    »Kommt hinten herum, durch die Küche!« Sie geht hinter die Theke, hört, wie die Küchentür ins Schloss fällt.
    »Wieso hast du geschlossen?« Mahler gibt ihr seine schwielige Hand. Die Schreinerei hat er schon lange seinem Sohn übergeben, aber er ist immer dort anzutreffen. Der kann nicht ohne Arbeit, der fällt irgendwann an der Hobelbank tot um, hatte Gietmann gesagt.
    Jansen hat keine Kinder, ist aber auch erst sechzig Jahre alt. Das Bestattungsunternehmen und die Friedhofsgärtnerei gehören ihm. Er ist ein kleiner, fast zierlicher Mann. Er hat den toten Gietmann in die Stadt transportiert und jetzt wahrscheinlich auch Lüders.
    Mahler wirft die Tageszeitung auf den Tresen. »Gib uns erst mal einen Korn und dann lies das!«
    Ruth Holter nimmt zwei geeiste Gläser aus dem Gefrierschrank und schenkt ein. Mahler blättert die Seite mit den Todesanzeigen auf und dreht ihr die Zeitung zu. Sie zieht das Blatt näher zu sich, vertieft sich für einen Augenblick und nickt. »Das dachte ich mir.«
    »Was soll das heißen?« Jansen flüstert.
    Sie geht zur Zapfanlage, schraubt den Bierhahn an, füllt ein Glas mit dem »Nachtwächter« und gießt es in den Ausguss. »Wollt ihr ein Bier?«
    Jansen beugt sich über den Tresen. »Ja! Aber wieso hast du dir das gedacht?«
    »Weil da jemand Rache nimmt, Egon.«
    Mahler zieht seine Popelinjacke aus und rutscht auf einen Barhocker. Seine Stimme überschlägt sich.
    »Du bist verrückt, Ruth! Wer sollte das tun? Davon weiß niemand!«
    Sie zapft zwei Biere an. »Offensichtlich doch, oder willst du mir erzählen, dass das alles Zufall ist?« Sie wendet sich an Jansen. »Hast du Lüders Leiche diese Nacht gefahren?«
    Jansen nickt.
    »Wie hat er ausgesehen?«
    »Der hat dem die Eier abgeschnitten.«
    Ein Bierglas fällt krachend auf das Rost der Zapfanlage. Ruth sammelt die Scherben ein und wirft sie in den Mülleimer. Sie bleibt vor den beiden Männern stehen, stemmt die Hände auf die Arbeitsfläche und schüttelt den Kopf. »Mein Gott, warum denn das? Ist vielleicht ein Perverser, aber der weiß Bescheid. Der weiß genau, wer dort war. So genau, dass man meinen könnte, er sei dabei gewesen.« Sie lässt den Blick zwischen den beiden hin und her wandern.
    »Du bist ja verrückt.« Jansen flüstert wieder.
    Sie geht zurück zu ihren Bieren.
    Jansen flüstert. Das hat er schon immer getan. Vielleicht bringt sein Beruf das mit sich, aber er hat auch was Heimliches, Verstecktes. Außerdem hat er sich damals am schwersten getan. Er wollte unbedingt einen Krankenwagen rufen, und bis heute war nicht raus, wer damals die Polizei informiert hat. Jansen hat das immer bestritten, aber wer weiß?
    Sie stellt den schweigenden Männern die Biere hin.
    »Ich habe Angst!« Egon Jansen greift nach seinem Bier. »Ich frage mich, ob es nicht besser ist, zur Polizei zu gehen.«
    Mahler schüttelt entschieden den Kopf. »Kommt nicht in Frage!«
    Ruth lehnt sich an das Rückbüffet und stößt die Hände in die Hüften. »Mich verrückt nennen, dabei denkt ihr genau das Gleiche.«
    »Ja, aber wer? Wer, Ruth? Ich denke seit Gietmann dran. Nächtelang denke ich darüber nach. Es gibt niemanden!« Jansen fällt in sich zusammen.
    Hoffentlich fängt der jetzt nicht das Heulen an. Ihr Verdacht gegen Jansen verflüchtigt sich. Er hätte nicht das Zeug dazu. Oder doch? Der Jansen ist ein tiefes Wasser, vertue dich da mal nicht, Ruth, hatte ihr Karl – Gott hab ihn selig –

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