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Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Titel: Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: peterson
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August, wenn er lustlos darin herumrührte. Mittags gab es meist eine Art Suppe oder einen Eintopf, ähnlich dem, der ihnen am ersten Abend so gut geschmeckt hatte, und abends das Gleiche. Offenbar hielt der Koch es für ausreichend, ein Gericht pro Tag zu produzieren.
    » Es ist sicher schwierig, so viele Münder satt zu bekommen«, meinte Mutter Schumann und betrachtete in stiller Resignation den inzwischen wohlbekannten Hammeleintopf mit Kohl. » Wenigstens müssen wir nicht hungern, und wir sind alle gesund. Was will man mehr?«
    » Oh, da wüsste ich so einiges«, murmelte August Dorothea zu. » Kommst du nachher mit an Deck? Jim will uns ein neues Lied beibringen.«
    Dorothea zögerte. Wie es seine Art war, hatte August schnell mit den übrigen Mitreisenden im Bug Freundschaft geschlossen. Darunter waren allerdings auch einige Männer, die ihr nicht ganz geheuer waren. Sie hätte nicht zu sagen gewusst, was an ihnen sie irritierte. Waren es die Seitenblicke, die sie ihr zuwarfen, wenn August abgelenkt war? Die übertriebene Höflichkeit, die fast schon an Spott grenzte? Oder das unverständliche Kauderwelsch, in dem sie sich über sie zu unterhalten schienen? Es waren Waliser. Ehemalige Bergleute, hatte August ihr erzählt, die in der neu eröffneten Mine von Glen Osmond bei Adelaide arbeiten würden.
    Auch Jim gehörte zu ihnen. Und bei den Liedern, die er August und den höchst interessierten Matrosen beizubringen pflegte, handelte es sich meistens um recht schlüpfrige Texte. Absolut unpassend für eine junge Dame. Ihre Mutter wäre entsetzt gewesen, wenn sie davon gewusst hätte. Aber genau das war es, was Dorothea so faszinierte. Eine neue Welt hatte sich ihr eröffnet. So ganz anders als alles, was sie gewohnt war. Sie konnte einfach nicht widerstehen, sie zu entdecken. Und an Augusts Seite konnte ihr ja nichts geschehen.
    Außerdem hoffte sie immer noch, endlich mit dem Lockenkopf zusammenzutreffen. Jetzt waren sie eine Woche unterwegs, und sosehr sie auch nach ihm Ausschau gehalten hatte– er schien wie vom Schiffsrumpf verschluckt. Vielleicht hatte sie heute endlich Glück? Also stimmte sie zu.
    Es war ein windiger Tag. Über ihnen knatterten die Segel so laut, als wollten sie gegen die steife Brise protestieren. Dorothea band ihre Haube fester und folgte August zu dem etwas windgeschützteren Winkel des Oberdecks, an dem sich die Passagiere zu treffen pflegten. Nicht nur Jim und seine Freunde drängten sich dort bereits zusammen, sondern auch einige der Frauenzimmer, die Mr. Gibbs mit einem kaum wahrnehmbaren Naserümpfen als » die Ladys für Tasmanien« bezeichnet hatte. Augusts Bekannte waren weniger zurückhaltend gewesen und hatten ihn davon in Kenntnis gesetzt, dass es sich bei den schrill gekleideten und ziemlich selbstbewusst auftretenden Frauen um » streetwhores« handelte, wie sie sie nannten. Die Straßenmädchen hatten sich bereit erklärt, ans andere Ende der Welt verschifft zu werden, um nicht in eines der gefürchteten Londoner Arbeitshäuser gesteckt zu werden. » Will meinte, wenn sie Glück hätten, würden sie dort sogar geheiratet«, hatte August nachdenklich gesagt. » Es scheint, als wäre dort alles ganz anders, viel freier.«
    Dorothea wusste wenig über solche Dinge. Wenn es in Dresden Straßenmädchen gegeben hatte, waren sie zumindest nicht so in Erscheinung getreten, dass man sie hätte bemerken müssen. Es war einfach kein Thema gewesen. Jetzt machte sie sich erstmals Gedanken darüber, wie es sich wohl anfühlen mochte, wenn ein Mann » einem zu nahe trat«, wie es in den Romanen, die sie sich aus der privaten Leihbücherei hinter dem Marktplatz hier und da geholt hatte, geheimnisvoll umschrieben wurde. Meist in Zusammenhang mit einem schrecklichen Erlebnis der jeweiligen Heldin, die danach wochenlang mit einem Nervenfieber das Bett hüten musste.
    Diese Frauen machten nicht im Geringsten den Eindruck, unter schrecklichen Erlebnissen zu leiden. Im Gegenteil: Selten hatte Dorothea dermaßen selbstbewusste Frauen erlebt. Kein grober Scherz, den sie nicht zurückgaben. Sie hätte sie zu gerne ausgefragt. Ob sie sie auslachen würden? Bisher hatte Dorothea noch nicht den Mut aufgebracht, eine von ihnen direkt anzusprechen.
    Entsprechend scheu hielt sie jetzt auch gebührenden Abstand zu den drei Frauen mit dem schrecklich ordinär klingenden Englisch. Während August sich zu Jim durchdrängte, umklammerte sie die Reling und tat so, als ob der Anblick der unendlichen

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