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Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Titel: Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita R. Naumann
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    In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen, und als ich endlich einschlief, hatte ich Albträume.
    Am nächsten Morgen rief ich meine Mutter an und erzählte, was Papa mir gesagt hatte. Mama versprach, mit Gabriel in den nächsten Tag mal vorbei zu kommen.
    Zwei Tage später kamen sie. David freute sich wie verrückt und ich war auch glücklich, sie wieder in meinen Armen zu halten.
    Lange redeten wir über Mati und den Besuch im Gefängnis.
    „Vielleicht würde, wenn er seinen Sohn wiedersieht, seine Einstellung gegenüber dir ändern“, warf Gabriel ein. „Wenn er eine Therapie und Entzug gemacht hat und geheilt ist, denkt er wieder anders. Sag ihm, dass er seine Gorillas von dir wegziehen lässt, und sag ihm, dass die Morddrohungen aufhören sollen.“
    „Ja, Gabriel hat recht“, sagte Mama. „Wenn Mati seine Kopfgeldjäger zurückzieht, dann kannst du und David wieder in Ruhe leben. Ihr braucht nicht dauernd auf der Flucht sein.“
    „Drei Personen dürfen Mati besuchen. Nimm noch jemand mit, damit du dich mit David nicht so alleine fühlst“, sagte Gabriel.
    „Wenn ich nur wüsste, wo Ari ist?“, sagte ich beklommen. „Ich erreiche ihn seit Monaten nicht mehr. Es wäre gut, wenn Ari mitkommen würde. Vor seinem Bruder Ari hat Mati Respekt.“
    „Ruf doch nochmal in seiner Firma an, die wissen bestimmt, wo er steckt“, sagte Mama.
    Am nächsten Tag rief ich bei den Autowerken an. Es dauerte eine Weile, bis man mich durchstellte, dann meldete sich eine sonore Stimme:
    „Ari Tamm, was kann ich für Sie tun?“
    „Ari hier ist Luisa!“
    Eine Weile war es still am anderen Ende, dann sagte er:
    „Luisa, wo steckst du? Ich habe dich gesucht und nicht gefunden.“
    „Ich muss dich sprechen, Ari. Es geht um Mati. Er hat an meinen Vater geschrieben, dass er mich und David sehen möchte. Ich wollte, dass du uns begleitest.“
    „Ja, sehr gerne, Luisa. Ich wollte auch mit ihm sprechen. Aber du kannst nicht einfach so hinfahren, du musst für uns eine Besuchererlaubnis erwirken. Er sitzt in L., das ist ein verschärfter Strafvollzug. Versuchs einfach, Du musst es schriftlich beantragen.“
    Ari nannte mir die volle Adresse des Strafvollzuges und ich setzte mich hin und schrieb sogleich einen Antrag auf Besuchserlaubnis.
    Die Antwort kam schnell. Man nannte mir einen Termin, es war ein Samstag, sollte ich in der Zeit von 14.00 bis 15.00 Uhr in der Strafanstalt sein.
    Ich rief Ari an und nannte ihm den Termin. Dann begann ich, David auf den Besuch im Strafvollzug vorzubereiten. Ich sagte ihm, dass wir seinen Papa Mati wiedersehen würden.
    David reagierte gelassen, wahrscheinlich konnte er sich gar nicht mehr an Mati erinnern.
    Ari holte uns am frühen Morgen ab. Über Garching lag immer noch dichter Nebel, als ich David weckte und mit ihm zum Auto von Ari ging. Was war ich nur für eine ldiotin, meinen Sohn in alles mit hineinzuziehen, doch tröstete ich mich mit dem Gedanken, dass er in guten Händen war. Mati sollte ihm kein Haar krümmen. Wenn er es auf jemanden abgesehen hatte, dann auf mich. David schlief fast die gesamte Fahrt über, während ich wach war. Wir schwiegen. Niemand von uns sagte ein Wort.
    Gegen zwölf Uhr kamen wir in L. an. Es war bewölkt, und ich fror ein wenig. Ich trug ein weißes Top und zu große Shorts. Der große, graue Kasten der Strafvollzugsanstalt machten einen mächtigen Eindruck auf David.
    „Ist das eine Burg?“, fragte er.
    „Ja, so ungefähr.“
    „Wohnen da böse Räuber, Mama?“
    „Ja, kann man so nennen.“
    Da wir noch Zeit hatten, suchten wir uns ein Restaurant und gingen erst mal etwas essen.
    Während Ari und David es sich schmecken ließen, brachte ich keinen Bissen herunter.
    Jede Minute kam mir wie eine Ewigkeit vor. Die Zeit stand still.
    Endlich war es vierzehn Uhr. Wir gingen in den Besucherraum und warteten dort.
    Ich schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Ich faltete so fest die Hände, dass ich einen Krampf bekam. Gerade als ich die Augen aufschlug, hörte ich, wie die Tür aufging und ein Wachmann erschien. Wir wurden in ein anderes Zimmer geführt. Dann sah ich ihn kommen. Er nahm hinter der Glasscheibe Platz.
    Ich bekam kein Wort heraus. Ich wusste, dass ich jetzt all meinen Mut zusammennehmen musste, doch wie sollte ich das machen? Nun stand ich in meiner schimmernden Rüstung am Abgrund, doch wo war der mutige Ritter in mir geblieben? Jetzt war es an der Zeit, meinen Albträumen zu begegnen, doch dieses Mal konnte ich nicht mehr

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