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Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Titel: Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)
Autoren: Marita R. Naumann
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die Aufräumwut. Ich ging in Matis ehemaliges Zimmer, in denen seine Pokale und Auszeichnungen standen. Das Zeug störte mich, denn es war nur ein Staubfänger. Kurzerhand räumte ich seinen Schrank aus, staubte die Pokale und die Medaillen ab und legte alles in einen großen Karton, den ich dann in den Schrank stellen wollte.
    Mati hatte immer Wert auf gute Kleidung gelegt und mir tat es leid, die guten Sachen wegzuwerfen. Natürlich passten die Sachen ihm jetzt mit seiner Statur nicht, aber wenn er entlassen werden würde, wäre er vielleicht wieder schlanker und dann …Ich konnte den Gedanken nicht zu Ende denken.
    Ich wühlte mich also durch die ganzen Staubfänger und hatte plötzlich eine große braune Tüte in der Hand. Sie war fest zugeklebt. Ich riss die Tüte auf und erstarrte. Mehrere tausend Dollar raschelten mir entgegen. In einer versteckten Schublade fand ich noch mehr Geld. Dollar, Euro, Schweizer Franken. In einem anderen Briefumschlag fand ich verschiedene Pässe auf Matis Namen ausgestellt.
    Ich musste mich setzen und starrte vor mich hin. Dann begann ich, die Euros zu zählen. Mich traf fast der Schlag. Fünfhunderttausend Euro, etliche tausend Dollar und Schweizer Franken. Wo hatte er das Geld her? Aus Drogengeschäften? Aus den Nachtclubs? Woher?
    Ich tat alles Geld in die Tüten zurück und brachte es nach unten ins Wohnzimmer. Den ganzen Abend überlegte ich, was ich mit dem Geld anfangen sollte. Es für mich zu behalten, traute ich mir nicht. Sobald Mati aus dem Gefängnis kam, würde er das Geld suchen und wiederhaben wollen.
    Ich rief meine Mutter an. Sie sollte mit Gabriel rasch vorbeikommen.
    Beide kamen am nächsten Tag. Kurzerhand zeigte ich ihnen die Tüten mit dem Geld. Gabriel sah nachdenklich aus, als er sagte:
    „Ich werde mal versteckt bei Mati anfragen, ob er von dem Geld noch weiß. Von irgendwoher muss es ja kommen!“
    Es dauerte ein paar Wochen, bevor ich erfuhr, woher das Geld stammte. Mati hatte es dem Motorradrockerkönig Maik Angler gestohlen. Die Mitglieder der Rockerbande hatten Maik damals beschuldigt, das Geld unterschlagen zu haben. Deshalb wählten sie ihn aus ihrem Kreis raus.

    Dreiundzwanzigstes Kapitel

    Hätte jemand in der eiskalten Münchner Silvesternacht zu mir gesagt, dass ich ein Jahr später im Kreis guter Freunde gegrillten Hummer essen und - vor allem mit Freude an das vergangene Jahr zurückdenken würde, dann hätte ich nur ungläubig den Kopf geschüttelt. Hätte jemand zu mir gesagt, dass ich meine Albträume besiegen und mich meinem Feind stellen würde, statt vor ihm davonzulaufen, dass ich zu meinen Liebsten nach Hause zurückkehren und ausgerechnet ich eine Menge Geld verdienen würde, hätte ich nicht mal im Traum daran gedacht, dass diese Fantasie je Wirklichkeit werden könnte. Wer war ich eigentlich? Noch immer kämpfte ich manchmal gegen das deprimierende Gefühl an, vollkommen nutzlos zu sein und meiner Umgebung nur zur Last zu fallen. Dann war ich Luisa, die versuchte, irgendwie den nächsten Tag zu überstehen, und ausschließlich für ihren Sohn lebte. Luisa, die versuchte, so stark wie ein Löwe zu sein und ihre Angst zu überwinden. Aber ich war auch eine der angesehensten Songschreiberinnen Deutschlands.
    Unsere Songs verkauften sich wie warme Semmeln. Wir wurden mit Aufträgen und Anfragen nur so überhäuft, wurden zu Promifesten und Fernsehsendungen eingeladen, sollten für Bildreportagen und Zeitungsinterviews zur Verfügung stehen. Wo wir uns auch zeigten, klickten die Kameras und riefen die Leute nach Autogrammen.
    Meine Schulden hatte ich inzwischen nahezu komplett zurückgezahlt und dafür fast sämtliche Honorare verwendet. Oft habe ich daran gedacht, dass ich mich glücklich schätzen konnte, solch eine Gelegenheit zu haben. Was hätte ich getan, wenn ich eine arme Immigrantin gewesen wäre, die vor ihrem Mann geflüchtet war?
    Wenn ich aufgrund fehlender Sprachkenntnisse allein die Dokumente und Unterlagen nicht hätte, lesen und auch dem Gerichtsvollzieher meine Lage nicht richtig hätte erklären können? Dann wäre ich, die misshandelt worden war, zum zweiten Mal ein Opfer geworden, diesmal ein Opfer der Gleichgültigkeit der deutschen Gesellschaft. Diese Frau hätte keine Möglichkeit gehabt, Songtexte für ihre Freundin zu schreiben und auf den ersten Plätzen in den Charts zu landen.
    Ich wusste, dass von einer Million Frauen vielleicht eine die Chance gehabt hätte, die mir gegeben wurde, und so dankte ich Gott
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