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Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Titel: Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hudson
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holte tief Luft, um Mut zu schöpfen, und folgte ihm.
    Langsam und vorsichtig ging ich den grasbewachsenen Abhang hinunter. Eli wartete am Fuß der Böschung auf mich, die Beine breit, die Arme vor der Brust verschränkt. Ich blieb etliche Meter vor ihm stehen und baute mich in der gleichen Pose auf.
    » Und?«, fragte ich.
    Grinsend ignorierte Eli meine Frage. » Was ist mit der Temperatur, Amelia?«
    » Hä?«
    Ich verzog misstrauisch das Gesicht. Auch wenn es mich interessierte, was Eli zu sagen hatte, wollte ich auf keine seiner Tricks hereinfallen. Also kam ich mir ziemlich töricht vor – mal ganz zu schweigen von verunsichert –, als sich unsere Umgebung auf einmal veränderte. Ohne weitere Warnung verschmolz alles zu einem satten Anthrazitgrau, und kalte Luft peitschte über meine Haut.
    Ich sah mich um und keuchte auf. Wieder hatten sich die Bäume und der Fluss in Kohle und Teer verwandelt. Eli hatte uns erneut an den Ort gebracht, den er mir gestern gezeigt hatte – die dunkle Welt des Jenseits, in der ich angeblich laut meiner Bestimmung bis in alle Ewigkeit gefangen sein würde. Obwohl ein ganzer Tag vergangen war, sah der Ort kein bisschen angenehmer aus.
    Meine Stimme klang ängstlich und zitterte, als ich protestierte: » Ich dachte, du hast gesagt, wir würden uns bloß unterhalten?«
    » Entspann dich, Amelia«, sagte Eli. » Ich halte mein Versprechen. Ich möchte es bloß dort halten, wo ich mich am wohlsten fühle.«
    Ich spähte an ihm vorbei. Weder der schwarze Abgrund unter der Brücke noch die seltsamen, sich bewegenden Gestalten waren bisher erschienen. Ich schlang die Arme um mich und versuchte, die Kälte von mir abzuhalten. » Okay, na schön. Aber mach’s schnell und lass mich gehen. Der Ort hier ist mir nicht geheuer.«
    » Tja«, sagte er, » warum fangen wir dann nicht mit diesem Ort an? Möchtest du wissen, wo wir uns eigentlich befinden?«
    Ich nickte zögernd.
    » Dies ist Teil des Lebens nach dem Tod, wie ich schon sagte.«
    » Das ist nicht wirklich beruhigend«, murmelte ich und ließ den Blick durch das düstere Grau schweifen.
    Eli schüttelte den Kopf. » Es ist nicht so schlimm, wie du glaubst, Amelia. Ehrlich.«
    Eli sah mir tief in die Augen, hob eine Hand und schnippte mit den Fingern. Auf der Stelle wurde es heller in der Unterwelt, als habe Elis Schnippen eine Art übernatürlichen Lichtschalter betätigt.
    Mir stand der Mund weit offen.
    Das bisschen Licht enthüllte eine ganze Landschaft um mich herum. Zugegeben, sie wies immer noch verschiedene Grautöne auf. Doch die Landschaft selbst, nicht ihre Farbe, fesselte meine Aufmerksamkeit.
    Auf den ersten Blick ähnelte die Unterwelt sehr dem Flussufer, das wir eben verlassen hatten. Die undeutlichen anthrazitfarbenen Formen, die ich gestern gesehen hatte, nahmen vertrautere Gestalt an – die langen Gräser, gewaltigen Bäume und Büschel widerspenstiger Wiesenblumen drängten sich immer noch um uns. Jede einzelne graue Pflanze unterschied sich jedoch in kleinen, aber bedeutsamen Einzelheiten von denjenigen der Welt der Lebenden.
    Hier krümmten sich die Äste der Bäume zu unheilvollen Formen wie Klauen und Haken. Die Wiesenblumen und Gräser umklammerten einander und sahen aus, als befänden sie sich mitten in einem wütenden Kampf. Und obwohl es Hinweise an den Pflanzen gab, dass in dieser Welt auch Spätsommer herrschte, glänzte und glitzerte auf jeder Oberfläche eine dünne Frostschicht.
    Die Unterwelt sah, sobald sie einmal erhellt war, im Grunde wie ein unheimliches Märchenland aus. Wie ein doppelt belichtetes Negativ der Welt der Lebenden – kalt, dunkel, furchterregend. Und außerdem unglaublich schön.
    » Ist es hier immer so?«, hauchte ich.
    » Nein«, antwortete Eli mit leiser, respektvoller Stimme. » Es ist immer grau und kalt. Aber ich kann die Landschaft erhellen oder verdunkeln, wenn ich möchte.«
    » Bist du der Herrscher dieser Welt oder so was?«
    Eli lachte laut und brach damit den Bann, in den dieser Ort mich gezogen hatte. » Fragst du mich, ob ich ein Gott bin, Amelia?«
    » Das ist nicht so ganz das Wesen, das ich meinte«, murmelte ich so leise, dass Eli mich nicht hören konnte.
    » Nein, ich bin keine der höheren Mächte hier«, sagte er. » Auch wenn ich sehr wohl für sie arbeite.«
    Ich wandte den Blick von den fantastischen Bäumen ab und sah Eli in die Augen. » Sie? Erklär mir das.«
    Eli musterte mich eindringlich. » Tja«, sagte er, » ich sollte wohl mit meiner

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