Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)
Kindesunterhalt … Warum solltest du jemals wieder einem Mann vertrauen? Deshalb bin ich heilfroh, dass es den Ranger in deinem Leben gibt.«
»Jetzt übertreib nicht.« Neve trocknete die Mokkatassen ab und stellte sie zusammen mit der Thermoskanne auf ein Regal hinter Dominics ausladenden Kirschholzschreibtisch, bevor sie zu ihrem eigenen zurückkehrte.
»Erzähl mir, wieso er dich inspiriert hat.« Chris bemühte sich, ihre Aufregung zu zügeln und nahm auf dem Stuhl neben Neve Platz.
»Er ist so absolut zuverlässig.« Neve versuchte, sich die Empfindungen zu vergegenwärtigen, die sie während des Gesprächs mit Dominic entdeckt hatte. Sie dachte an Tims Stärke und verhaltene Kraft, seine unerschütterlichen Überzeugungen, und wie er sich ohne großes Aufheben um Mickey gekümmert hatte. Sie dachte an den Ausdruck in seinen Augen, als sie sich über seinen Sohn unterhalten hatten …
»Zuverlässig: Also das Gegenteil von Richard.«
Neve nickte. »Vermutlich ist das der Grund und nur eine Reaktion auf den Stress.«
Chris schüttelte den Kopf. »Nein, glaube ich nicht. Bei Stress hast du dich immer von allem zurückgezogen, Neve. Wenn Richard sich wieder einmal danebenbenommen hatte – die Trinkerei, Alyssa, seine Schulden, der Kindesunterhalt, dem du hinterherlaufen musst –, bist du zunehmend in der Versenkung verschwunden, und ich musste hilflos zusehen. Du hattest kein Interesse mehr daran, auszugehen, nicht ein-
mal mit mir. Allein der Gedanke, dass ein Mann dich inspiriert – Hut ab! Dein Ranger scheint etwas Besonderes zu sein.«
»Wieso?«
»Weil du ihn sonst mit keiner Silbe erwähnt hättest.«
»Er hat mich zum Abendessen eingeladen.«
»Na also. Wann?«
»Ich habe ihm einen Korb gegeben.« Ein Blick auf Chris’ Gesicht genügte, und Neve korrigierte: »Fürs Erste. Ich glaube, ich muss erst einmal darüber nachdenken.«
Chris schüttelte den Kopf. »Du solltest dir lieber Gedanken darüber machen, was du zu essen bestellen willst. Und jetzt reiß dich am Riemen, Mädel. Du gehst.«
»Ja, aber jetzt noch nicht. Ich …«
»Du gehst, und damit basta.« Chris war hartnäckig. »Du hast eine Bauchlandung hinter dir, eine harte. Aber das ist lange her. Es wird allerhöchste Zeit, dass du wieder aufs Pferd steigst, Neve.«
»Aufs Pferd?«
»Ins Kontakt-Karussell. Der Mann scheint doch ganz passabel zu sein. Menschenskind, hast du überhaupt eine Ahnung, wie es da draußen zugeht? Das ist eine Welt für sich, diese Websites und Profile – mit Fotos, die mindestens fünf Jahre alt sind oder wo die Hälfte geschönt ist, arme Teufel, die verzweifelt eine Partnerin suchen, in der Hoffnung, dass sie nichts von dem Schwindel merkt oder sich nichts daraus macht. Was bleibt sonst noch – Blind Dates mit den geschiedenen Brüdern von Freundinnen. Oder Spießer, die erwarten, dass du dir die Nacht mit der x-ten Wiederholung von Law & Order um die Ohren schlägst, auch wenn ihr beide die Folgen in- und auswendig kennt.«
»Wie romantisch.« Das klang wie die Geschichten, die Shane von seiner Mutter erzählt hatte.
»Neve, dieser Tim scheint keiner von diesen Typen zu sein, die auf Serien-Wiederholungen stehen. Vermutlich gehört er eher zu den Naturburschen, die nicht einmal ein Fernsehgerät besitzen. Perfekt für dich – ihr könnt euch über Vögel statt Detective Lenny Briscoe unterhalten. Warum rufst du ihn nicht an? Sag ihm, dass du dir die Sache mit dem Abendessen noch einmal überlegt hast.«
Neve saß reglos da, den Blick auf das Telefon geheftet. Sie konnte ihm ja erzählen, dass sie doch gerne mehr über Berkeley erfahren würde.
»Komm schon. Du schaffst es«, spornte Chris sie an.
Neve sah sie dankbar an; Chris hatte es stets verstanden, sie aufzumuntern und anzufeuern. Sie kannten sich seit Ewigkeiten.
»Du warst immer für mich da«, sagte sie. »Hast mit mir die schlimmsten Tiefpunkte meines Lebens durchgestanden. Danke.«
»War mir ein Vergnügen. Und jetzt möchte ich endlich ein paar Höhenflüge miterleben, einverstanden? Das ist das Mindeste, was du tun kannst, um dich zu revanchieren …«
Neve lachte und griff zum Hörer.
Tim hatte geplant, den ganzen Tag am Strand zu verbringen, um Schneezäune zu reparieren und morsche Pfosten auszuwechseln. Nach den Winterstürmen befanden sie sich in einem beklagenswerten Zustand; der Wind hatte einen Teil der Umzäunung unweit des Piers herausgerissen, der nun ein unentwirrbares Knäuel aus Stacheldraht und
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