Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
doch.«
Er stieß mich zurück, und bevor ich mich bewegen oder wehren konnte, legte er seinen Unterarm auf meinen Hals und beugte sich so weit zu mir herab, dass ich seinen Atem spürte. Ich krallte mich in seinen Arm, versuchte, ihn mit meinen lächerlich kurzen Nägeln zu kratzen, und strampelte mit den Beinen. Doch dann hielt jemand meine Beine fest. Während ich mich wehrte und wand, spürte ich, dass jemand meine Jeans aufknöpfte. Das musste Markus sein, obwohl ich nur Arnold sehen konnte.
Ich musste an Jim denken. Ich wünschte mir so sehr, dass er kam und uns rettete. Dass er diesen furchtbaren Mann wegzog. Ich dachte an ihn, bis ich Sirenen hörte, doch sie waren zu weit weg, wurden leiser, kamen näher und wurden wieder leiser.
Ich versuchte etwas zu sagen, konnte aber weder atmen noch sprechen. Als er den Druck an meinem Hals lockerte, schnappte ich nach Luft, hustete und keuchte.
Arnold setzte sich leutselig neben mich aufs Bett, während mir Markus die Jeans herunterzog. Ich trat nach ihm, so fest ich konnte, und zielte in die Richtung, in der ich sein Gesicht vermutete.
Das war ein Fehler. Arnold stieß mich wieder zurück, legte diesmal seine Hand um meinen Hals und drückte zu.
»Viva«, sagte er, »wenn du dich weiterhin so wehrst, muss ich dir wehtun. Verstehst du das?«
Panik stieg in mir auf. Ich riss die Augen auf und nickte. Er ließ meinen Hals los, und ich schnappte nach Luft. Dann hörte ich das unverkennbare Geräusch der Schiffsmotoren. Arnold stand plötzlich auf und verließ den Raum.
Das versetzte mir einen solchen Schock, dass ich mich halb aufsetzte. Das ganze Boot bebte und schüttelte sich. Ich hörte das Wasser am Heck sprudeln und ein Plätschern am Rumpf. Die Schlüssel steckten nach wie vor in meiner Jeanstasche. Sie mussten irgendwie die Zündung umgangen haben. Was machten sie da?
Markus saß am Bettrand und sah zur Tür.
Ich dem Augenblick hätte ich versuchen können, mich zu wehren, ihn zu würgen, ihn vielleicht mit irgendwas zu schlagen, aber nichts war in Reichweite. Meine Hände zitterten, ich hatte keinen Kampfeswillen mehr. Nur noch Angst.
Ich rutschte in eine Ecke des Bettes und zog die Knie an. Ich versuchte, mich unsichtbar zu machen.
Aus dem Wohnraum rief jemand – ich verstand jedoch nicht, was gesagt wurde. Markus ging zur Tür und sah hinaus in den Flur – redete er mit jemandem? Dann schloss er die Tür, lehnte sich dagegen und sah mich an. Er stand Wache.
Ich schob mich langsam zur Bettkante. Meine Jeans lag auf dem Boden. Ich griff hinunter und rechnete damit, dass er mich aufhalten oder sogar schlagen würde. Ich streckte den Arm aus und zog die Jeans langsam zu mir, als könnte er wie ein wildes Tier nur ruckartige Bewegungen bemerken.
Doch er sah mich immer noch nicht an. Ich schien nicht mehr für ihn zu existieren, so als müsste er nur den Raum und alles, was sich darin befand, bewachen.
Nachdem ich mich angezogen hatte, wurde ich wieder von Schluchzern geschüttelt. Ich rollte mich mit dem Rücken zur Tür in einer Ecke zusammen, mein ganzer Körper zitterte.
Ich lag immer noch zusammengerollt da, als Arnold zurückkam. »Steh auf«, sagte er.
Ich rührte mich nicht vom Fleck, aber er packte mich am Arm, grub seine Finger in mein Fleisch und zog mich über das Bett. Ich schrie vor Schmerz und Angst, weil ich fürchtete, wieder ausgezogen zu werden. Doch offenbar brauchte er mich für etwas anderes.
»Geh an Deck. Fitz will, dass du das Boot lenkst.«
Das Boot lenken?
Ich stolperte durch den Wohnraum. Das Boot schwankte wie nie zuvor. Die Flut setzte ein, aber nicht schnell genug – alle paar Minuten spürte ich ein Rucken und Schleifen, sobald der Rumpf auf das Flussbett stieß.
Zwei Körper lagen auf dem Boden. Malcolms und Dylans. Fitz stand über ihnen und hielt seine Waffe auf Dylans Kopf gerichtet.
Entsetzt legte ich die Hand vor den Mund und unterdrückte einen Schrei. Mir fehlten die Worte.
Das ganze Szenario war mir unbegreiflich. Mein Boot, mein wunderschönes Boot, war mir durch diese Leute und die Ereignisse, die hier stattfanden, fremd geworden.
Dann fiel mir etwas auf. Wenn Fitz immer noch auf Dylan zielte, bedeutete das, dass er noch am Leben war. Und genau in diesem Moment gab er einen Laut von sich. Sein Kopf war voller Blut, so als wäre er immer wieder getreten worden. Er lag unbeholfen und mit ausgestreckten Beinen halb auf dem Rücken. Sein Fuß bewegte sich. Sehr gut. Er war noch am Leben. Dann sah ich
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