Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
den Fluss ging – und ob ich eine Heizung einbauen könnte, sodass ich die Dusche auch im Winter nutzen konnte. Im Schnee duschen – das muss man sich mal vorstellen! Wie cool wäre das denn!
Sosehr ich auch versuchte, mich abzulenken, ließ mich der Gedanke an Dylan nicht los. Wo zum Teufel steckte er? Warum ging er nicht ans Telefon?
Als ich am Waschbecken die Pinsel auswusch, war es draußen im Hafen schon dunkel und ruhig. Morgen würde ich mit der Planung des Bades beginnen. Ich hatte es lange genug aufgeschoben und erst die leichteren Arbeiten erledigt. Das wäre eine neue Aufgabe, die mich voll in Anspruch nehmen würde.
Das Radio plärrte immer noch aus dem Gästezimmer. Ich sollte es abstellen, langsam wurde es zu spät für so laute Musik. Sobald ich das Radio ausgeschaltet hatte, war die Stille wieder hörbar.
Doch irgendetwas stimmte nicht.
Ein Geräusch von oben – kam es vom Deck? Nein – es kam vom Kabinendach direkt über meinem Kopf.
Ich erstarrte, lauschte angespannt. Kein Geräusch, nichts mehr – nur die Wellen, die seitlich an den Bug schlugen.
Ein Krabbeln. Vermutlich ein Vogel, dachte ich und atmete auf. Eine Möwe … Manchmal landeten sie auf den Pontons oder Booten, vor allem, wenn es windig war.
Ich ging zum Waschbecken, schrubbte es mit Bleiche und versuchte, den Geruch von Farbe zu neutralisieren. Danach wollte ich mir ein Bier genehmigen, vielleicht auch zwei. Meine Nerven lagen blank; vielleicht konnte der Alkohol sie ein wenig besänftigen. Würde von nun an jede Nacht so sein? Musste ich ab jetzt warten, bis ich müde genug war, um ins Bett und schlafen zu gehen?
Als ich gerade die dritte Flasche Bier geöffnet hatte, hörte ich draußen wieder ein Geräusch. Es kam nicht von Deck, und ein Vogel war es auch nicht, da war ich mir sicher. Irgendein Tier jaulte. Vielleicht stritt Oswald sich mit den Füchsen.
Der Alkohol verlieh mir Mut.
Ich sperrte die Tür zum Steuerhaus auf, auch das verursachte Lärm und gab mir die Zeit, denjenigen aufzuschrecken, der sich draußen rumtrieb.
Dann ging ich raus.
»Hallo?« Auf dem Ponton war niemand zu sehen. Der Hafen versank bis zum Parkplatz in Dunkelheit, eine frische Brise hatte sich vom Wasser erhoben und brachte den Geruch von Regen mit sich.
Ich machte einen Schritt an Deck, blieb einen Augenblick stehen und sah zu den Lichtern am anderen Ufer hinüber. Ich sah zum Ponton hinunter und entdeckte einen dunklen Schatten am Ende der Planken. Ich ging den Ponton entlang und verschränkte die Arme vor der Brust, um mich vor dem kalten Wind zu schützen.
Der Ponton lag in völliger Dunkelheit; obwohl ich fast neben dem Objekt stand, konnte ich nicht erkennen, was es war. Ich stieß es mit dem Fuß an, und es bewegte sich – es war weich. Ich ging in die Hocke und betastete es.
Fell, weiches Fell. Kalt. Nass. Ich stand auf und streckte meine Finger ins Licht, das von der entfernten Autobahnbrücke herüberfiel. Meine Finger waren schwarz.
»Oh mein Gott, oh mein Gott«, murmelte ich. Dann sah ich wieder über den Ponton zum Büro und dem Parkplatz hinauf. Es war niemand zu sehen.
Ich ging zur Bootsleiter zurück und schaltete das Licht im Steuerhaus an, das ich normalerweise nie benutzte, weil es im Sommer die Nachtfalter anzog. Als ich anschließend zum Ponton zurückging, sah ich, was es war. Ein schwarzes Fellbündel lag dort. Ich hatte Blut an meiner Hand.
Es war Oswald. Malcolms und Josies Kater. Irgendwer hatte ihn getötet und auf den Ponton geworfen.
Ich unterdrückte einen Schrei, atmete flach und schnell. Plötzlich fiel mir ein, dass wer auch immer den Kater umgebracht und auf den Ponton geworfen hatte, keine Zeit gehabt haben konnte, den Hafen zu verlassen, und sich vermutlich noch irgendwo in der Dunkelheit versteckte.
Ich rannte zurück, machte das Licht im Steuerhaus aus, sprang die Stufen in die Kabine hinunter, knallte die Tür hinter mir zu und schloss sie, so fest ich konnte.
Ich hörte Schritte draußen, irgendwer entfernte sich rasch, sie wurden schwächer und dann wieder lauter auf dem Parkplatzkies. Wer auch immer es war, er war genau auf der anderen Seite der Scarisbrick Jean gewesen.
In panischer Angst stand ich in der Kombüse. Wo ich mich auch hinwandte, überall sah ich nur dunkle Bullaugen. Jeder draußen auf dem Ponton konnte hineinschauen und mich sehen. Ich wusch mir am Waschbecken das Blut von den Händen, schrubbte sie mit Seife, und Tränen rannen meine Wangen herab.
Wen konnte ich
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